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köping (45 416), Helsingborg (32 432) und Gefle
(31595). Etwa 22 % der Bevölkerung wohnt
in den Städten.
III. Verfassung und Verwaltung. Die
Verfassung des Königreichs Schweden ist kon-
stitutionell-monarchisch und beruht auf vier Grund-
gesetzen: der Verfassung (Regierungsform) vom
6. Juni 1809, der Reichstagsordnung vom
22. Juni 1866 (abgeändert 10. Febr. 1909),
der Sukzessionsordnung vom 26. Sept. 1810 und
der Verordnung über die Freiheit der Presse vom
16. Juli 1812. Das Königtum ist nach dem
Recht der Erstgeburt in der männlichen Linie des
Hauses Bernadotte erblich mit Ausschluß der
Frauen und ihrer Deszendenz. Die Person des
Königs ist heilig und unverantwortlich; er muß
immer der evangelisch-lutherischen Lehre angehören.
Der Herrscher hat den Titel: König von Schweden,
der Goten und Wenden, Majestät. Der Thron-
erbe führt den Titel Kronprinz; er verliert sein
Erbrecht, wenn er ohne Zustimmung des Königs
oder die Tochter eines Privatmanns heiratet oder
ohne Einwilligung des Königs und Reichstags
regierender Fürst in einem fremden Land wird.
Vor Antritt der Regierung hat der neue König
einen Eid auf die Verfassung abzulegen. Der
König und der vermutliche Thronfolger werden
mit 18 Jahren volljährig. Bei Minderjährigkeit
des Thronberechtigten hat der Reichstag 1, 3 oder
5 Vormünder zu bestimmen, die die Regierung
bis zur Volljährigkeit des Königs führen. Ist der
König zeitweise wegen Krankheit oder sonstwie an
der Führung der Regierung verhindert oder be-
gibt er sich in ein fremdes Land, so tritt der
Thronfolger oder der nächste Erbberechtigte als
Nat mit fast allen Rechten des Königs an seine
elle.
Der König hat die volle ausführende Gewalt,
doch so, daß er bei allen wichtigeren Regierungs-
handlungen an die Mitwirkung des Staatsrats
(s. unten) gebunden ist. Er hat das Recht, Ver-
träge und Bündnisse mit fremden Mächten zu
schließen, Krieg zu erklären und Frieden zu
schließen; er hat das Oberkommando über die
Land= und Seestreitkräfte (bei dessen Ausübung
er nicht an die Mitwirkung des Staatsrats ge-
bunden ist), das Recht zu begnadigen usw.; er
ernennt (im Staatsrat) die Beamten, verleiht
Fremden das schwedische Bürgerrecht, den Adel,
Orden und Ehrentitel; er hat das Recht, den
Staatsrat und gewisse Klassen von Beamten, die
eine Vertrauensstellung einnehmen (z. B. die
Chefs der Regierungsbehörden, den Justizkanzler,
die Provinzlandeshauptleute, die höheren Mili-
tärs, die diplomatischen Vertreter usw.) nach
seinem Belieben abzusetzen; die übrigen und die
richterlichen Beamten können nur auf Grund der
bestehenden Instruktionen oder eines gerichtlichen
Urteils abgesetzt und nicht gegen ihren Wunf
versetzt werden. Das Gesetzgebungsrecht teilt der
König mit der Volksvertretung, gegenüber deren
Schweden.
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gesetzgeberischen Beschlüssen er ein absolutes Veto
hat (mit Ausnahme der Steuergesetzgebung). Dem
König ausschließlich steht ferner das sog. ökono-
mische Gesetzgebungsrecht zu, kraft dessen er auf
volkswirtschaftlichem Gebiet (Reglung von Berg-
bau, Forstwesen, Fabriktätigkeit, Handel und
Gewerbe, Fischerei, Gesundheitswesen usw.) viele
Vorschriften geben kann und gegeben hat, die sehr
tief in die Bewegungsfreiheit der Bürger ein-
greifen können.
Bei allen wichtigeren Entschließungen ist der
König gebunden, den Staatsrat insgesamt
oder wenigstens, außer dem Bericht erstattenden
Staatsrat, noch 3 andere Mitglieder zu hören.
Der Staatsrat besteht aus 11 Mitgliedern, von
denen der König einen zum Staatsminister er-
nennt; 8 der Mitglieder des Staatsrats stehen an
der Spitze der 8 Regierungs-(Ministerial-)Depar-
tements; 3 sind keinem besondern Departement
vorgesetzt und heißen daher konsultative Staats-
räte. Die Ernennung der Staatsräte durch den
König erfolgt im Staatsrat selbst. Die Mit-
glieder müssen geborne Schweden sein und sich zur
Staatsreligion bekennen; keines darf zugleich einem
andern Amt vorstehen und dessen Einkünfte be-
ziehen. Vater und Sohn oder Brüder dürfen
nicht zu gleicher Zeit im Staatsrat Sitz haben.
Über alle Verhandlungen im Staatsrat ist ein
Protokoll zu führen; die Staatsräte haben die
Verpflichtung, unter ihrer Verantwortlichkeit ihre
Meinung auszusprechen, die in das Protokoll
aufzunehmen ist, die Entscheidung bleibt jedoch
ausschließlich beim König. Handelt dieser offenbar
gegen die Verfassung, so haben die Staatsräte die
Pflicht, energische Vorstellungen zu machen und
gegebenenfalls ihr Amt niederzulegen. Die könig-
lichen Beschlüsse bedürfen zu ihrer Gültigkeit der
Gegenzeichnung durch den betreffenden Departe-
mentschef; nur die in rein militärischen Kom-
mandosachen bedürfen keiner Gegenzeichnung (die
Entscheidung über diese soll der König in Gegen-
wartdesjenigen Dep tschefs treffen, zu dessen
Bereich sie gehören). Die Staatsräte haben das
Recht, an den Beratungen des Reichstags jederzeit
teilzunehmen; sie stehen in einem gewissen Ab-
hängigkeitsverhältnis zu diesem, doch ist es in
Schweden nicht als politische Notwendigkeit an-
erkannt, daß ein Kabinett zurücktritt, wenn es in
einer der beiden Kammern nicht die ausreichende
Unterstützung findet, falls es nur das Vertrauen
des Herrschers weiter genießt. Die konstitutionelle
Kontrolle über den Staatsrat wird durch den
Reichstag bzw. durch dessen konstitutionellen Aus-
schuß ausgeübt; hat dieser festgestellt, daß ein
Staatsrat gesetzwidrig gehandelt hat, so soll der
Ausschuß ihn durch den Justizbevollmächtigten
des Reichstags vor dem Reichsgericht in Anklage-
zustand versetzen oder durch den Reichstag die
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MBeDGl
ch Amtsenthebung beim König beantragen lassen.
Die oberste Staatsverwaltung liegt bei der
königlichen Kanzlei, welche in acht ministerielle