Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

997 
Departements zerfällt; an der Spitze eines jeden 
steht ein Staatsrat, der die dem Departement zu- 
gehörigen Sachen vorbereitet und dem König zur 
Entscheidung vorträgt. Die Departements sind 
folgende: für auswärtige Angelegenheiten, diplo- 
matische und Konsulatssachen, für Justiz, Krieg, 
Marine, für Inneres, Finanzen, Kirchenwesen und 
für Landwirtschaft. Von den Regierungsdeparte- 
ments ressortieren zum Zweck der Verwaltung der 
einzelnen Administrationszweige verschiedene Zen- 
tralbehörden und Direktionen: das Staatskontor, 
das Kommerzkollegium, die Domänendirektion, 
die Münze, die Generalzolldirektion, die General= 
postdirektion, das statistische Zentralbureau, das 
Kammergericht, die landwirtschaftliche Akademie, 
das Reichsarchiv usw. Für die allgemeine zivile 
Lokalverwaltung ist das Land in 25 Provinzen 
oder Läns eingeteilt, deren eine die Hauptstadt 
bildet; in dieser stehen an der Spitze der Ver- 
waltung ein Ober= und ein Unterstatthalter: in 
den übrigen 24 Läns, die aus Stadt- und Land- 
distrikten zusammengesetzt sind, steht an der Spitze 
der Verwaltung ein Landeshauptmann (Lands- 
höfding), dem zur Verwaltung der einzelnen Vog- 
teien (Fögderin; 118), Untervogteien (Länsmans- 
distrikte; 518) und Bezirke (Härad) Kronvögte 
und Untervögte unterstellt sind. Die einzelnen Ge- 
meinden, die auf dem Land meist mit den Grenzen 
des Kirchspiels zusammenfallen, während jede 
Stadt eine Gemeinde für sich bildet, haben nach 
den Gesetzen 1862 und 1909 eine weitgehende 
Selbstverwaltung. Jedes Län bildet einen eignen 
Landstingsdistrikt, der nicht nur die Kirchspiel- 
gemeinden, sondern auch die Städte umfaßt 
(außer wenn diese 25 000 und mehr Einwohner 
zählen); der Län Kalmar ist in 2 Landstingsdistrikte 
geteilt. In jedem dieser Distrikte besteht als Or- 
gan der Selbstverwaltung eine gewählte Versamm- 
lung, das Landsting ß in dieses entsendet jede Stadt 
mit 2500 Einw. 1, jede mit 2500/5000 Einw. 2, 
die mit 5000/10 000 Einw. 3 Abgeordnete usw.; 
jeder Landbezirk mit 5000 Einw. und dar- 
unter 1, mit 5000/10 000 Einw. 2 Abgeord- 
nete usw. Die Abgeordneten, deren Zahl zwischen 
22 und 91 schwankt, werden auf 3 Jahre ge- 
wählt, in den Städten-von den Gemeindevertre- 
tungen, in den Landgemeinden von der Kommunal-- 
stämma. Die Wähler sind nachihren Einkommens- 
und Vermögensverhältnissen in 40 Stufen ein- 
geteilt. Außer der Wahl der Mitglieder der Ersten 
Kammer des Reichstags kommt den Landstingen 
die Entscheidung über alle innern Provinzial- 
angelegenheiten des geistigen und wirtschaftlichen 
Lebens (Verkehrswege, Volksschulwesen, Landwirt- 
schaft, Gesundheitspflege usw.) zu. Die Vorsitzen- 
den der Landstinge werden vom König ernannt; 
ihre Beschlüsse bedürfen teils der Genehmigung 
des Landeshauptmanns teils der des Königs. In 
den kleineren Gemeinden kommt die Entschei- 
dung den sämtlichen stimmberechtigten Mitgliedern 
zu, deren Versammlungen auf dem Land Kommu- 
Schweden. 
  
998 
nalstämma, in den Städten Almän Radstuga 
(Allgemeiner Rat) heißen. Die Durchführung der 
Beschlüsse ist in den Landgemeinden dem sog. 
Kommunalnämd, in den Städten teils dem Magi- 
strat teils speziellen von der Gemeinde ernannten 
Autoritäten übertragen. Der „Kommunalstamm“ 
kann indessen seine Befugnisse einer repräsentativen 
Versammlung, den Kommunalbevollmächtigten, 
übertragen. In den Städten mit über 3000 Ein- 
wohnern tritt an Stelle des Allgemeinen Rats eine 
repräsentative Versammlung von 20/60 „Stadt- 
bevollmächtigten“. In den Städten mit ½1/180 
der Gesamtbevölkerung des Landes beträgt die 
Zahl dieser Bevollmächtigten 40/60, in Stock- 
holm 100 (Vorsitzender ist hier der Oberstatt- 
halter). Die Bürgermeister der Städte werden 
vom König aus 3 Kandidaten ernannt, die von 
den in der Stadt domizilierten stimmberechtigten 
Männern vorgeschlagen werden; das gleiche gilt 
für die Ernennung der Räte und des Sekretärs 
bei der Stadtverwaltung von Stockholm. Das 
Wahlrecht zur Gemeinde ist an einen Zensus ge- 
bunden; auch die Frauen haben aktives und pas- 
sives Stimmrecht. 
Die Volksvertretung, der Reichstag, zerfällt 
in 2 Kammern, die in allen Fragen die gleiche 
Befugnis und Autorität haben. Der Reichstag 
versammelt sich in jedem Jahr am 15. Jan. oder, 
wenn dieser Tag ein Feiertag ist, am darauffol- 
genden Tag zu einer ordentlichen Session in der 
Hauptstadt; der König kann ihn auch zu einer 
außerordentlichen Session einberufen. Hat der 
Reichstag noch nicht vier Monate getagt, so kann 
er nur auf eignes Ansuchen hin geschlossen wer- 
den, außer wenn der König ihn auflöst und eine 
Neuwahl für alle beiden oder eine der 2 Kammern 
anordnet. Der neue Reichstag versammelt sich 
dann innerhalb 3 Monaten, und er kann nicht eher 
aufgelöst werden, als bis er 4 Monate hindurch 
getagt hat; einen außerordentlichen Reichstag kann 
der König jederzeit auflösen. Die Präsidenten 
(Talman) und Vizepräsidenten beider Kammern 
werden vom König ernannt; ihre Ernennung gilt 
bis zum Schluß der Kammer. Zu Beginn einer 
jeden ordentlichen Session werden 6 ständige 
Komitees gebildet (für Verfassung, Finanzen, für 
außerordentliche Staatseinnahmen, die sog. Bevill- 
ningar, für die Reichsbank, für Gesetzgebung und 
für Landwirtschaft), durch deren Vermittlung der 
Reichstag einen großen Teil seiner Befugnis aus- 
übt; die Wahl zu diesen Ausschüssen erfolgt nach 
dem Proportionalwahlverfahren und für jede 
Kammer zu gleichen Teilen. Die legislative Ge- 
walt teilt der Reichstag mit dem König; bei Ge- 
setzen über kirchliche Verhältnisse ist auch die Zu- 
stimmung der Landeskirchenversammlung notwen- 
dig. Verfassungsänderungen werden wie die 
übrigen Gesetze behandelt, müssen aber nach der 
ersten Annahme durch den Reichstag nochmals der 
ersten ordentlichen Session des Parlaments, der 
nach einer allgemeinen Neuwahl der Kammern 
327
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.