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zusammentritt, vorgelegt und hier unverändert an-
genommen werden. In finanzieller Beziehung hat
der schwedische Reichstag einige Rechte, die über
die üblichen Rechte der Parlamente in Monarchien
hinausgehen. Er besitzt z. B. das Besteuerungs-
recht allein ohne die Zustimmung des Königs; er
normiert alljährlich die Bevillningar, d. h. die
außerordentlichen Einnahmen aus Zöllen und
Akzisen, aus der Post, aus Stempelpapierabgaben,
aus direkten Steuern (auf Branntwein, Punsch,
Rübenzucker, Malz und vom Einkommen) und
sonstiges, was der Reichstag als „Bevillning“
übernimmt, um in Verbindung mit den ordent-
lichen Einnahmen und den Überschüssen der Reichs-
bank das Gleichgewicht im Staatshaushalt her-
zustellen. Ihm allein bzw. dem von ihm ernannten
Reichsschuldenkontor untersteht die Verwaltung
der Staatsschulden; ebenso bleibt die Reichsbank
unter der Garantie des Reichstags und wird von
sieben Kommissären geleitet, von denen einer vom
König, die übrigen vom Reichstag ernannt wer-
den. Jeder ordentliche Reichstag hat 12 Revisoren
und 6 Ersatzmänner (je zur Hälfte aus jeder
Kammer) zu wählen, die die Leitung und Ver-
waltung des Staatsfinanz-Departements, der
Reichsbank und des Reichsschuldenkontors zu
prüfen haben. In Budget= und Steuerfragen
wird, wenn kein übereinstimmender Beschluß der
2 getrennten Kammern zusammengekommen ist,
Schweden.
in einer gemeinsamen Sitzung des Reichstags ab-
gestimmt. — Der Reichstag übt teils mittelbar
1000
lichen Justizkanzler. Er hat das Recht, von allen
Protokollen und Akten aller Gerichte, Amtskolle-
gien und öffentlichen Verwaltungszweigen Kennt-
nis zu nehmen, dem Reichstag alljährlich einen
Bericht über seine Tätigkeit zu erstatten und darin
über den Zustand der Rechtspflege Mitteilung zu
machen, auf etwa vorhandene Mängel hinzuweisen
und Besserungsvorschläge einzureichen. Die Wahl
des Justizbevollmächtigten geschieht in der Weise,
daß jede Kammer 24 Mitglieder bestimmt, die zu-
sammen in geheimer Wahl den Justizbevollmäch-
tigten und zugleich einen Stellvertreter aus den
Mitgliedern des Parlaments oder auch aus andern
Richtern wählen. Mitglieder des höchsten Ge-
richtshofs kann der Reichstag ohne Anklage und
Urteil entfernen durch ein Votum des sog. Opi-
nionsausschusses, der in jedem dritten Jahr von
dem ordentlichen Reichstag gewählt werden soll
(von jeder Kammer 24 Mitglieder) und der zu
beurteilen hat, wiefern sämtliche Mitglieder des
höchsten Gerichtshofs verdient haben im Amt zu
bleiben, oder ob einigen von ihnen die Ausübung
der richterlichen Befugnis entzogen werden soll
(eine derartige Ausvotierung ist aber außerordent-
lich selten). Der Reichstag hat ferner über die
Ausführung der ein Grundgesetz bildenden Ver-
ordnung über die Preßfreiheit zu wachen und zu
diesem Zweck in jedem dritten Jahr ein Komitee
zu ernennen, das aus dem Justizbevollmächtigten
als Obmann und 6 Mitgliedern besteht.
Die Erste Kammer des Reichstags besteht
teils unmittelbar eine weitgehende Kontrolle aus 150 Mitgliedern, deren Mandatsdauer (seit
über die Staatsleitung aus. So hat der 1909) 6 Jahre beträgt; ihre Wahl erfolgt durch
konstitutionelle Ausschuß des Reichstags das Recht die Landstinge, in den Städten, die außerhalb
und die Pflicht, die Protokolle zu verlangen, die des Landstingskreises stehen, durch die Stadtbevoll-
im Staatsrat geführt worden sind, mit Ausnahme mächtigten. Jeder Bezirk (härad) des Landstings
derjenigen, welche diplomatische oder Kommando= und jede derartige Stadt bildet einen besondern
sachen betreffen; der Etatausschuß hat die Staats= Wahlkreis, der für je ½/850 der Gesamtbevölke-
rechnungen zu prüfen, nachdem sie von den Revi= rung des Lands 1 Abgeordneten wählt (auch wenn
soren des Reichstags durchgesehen worden sind; das ½/150 nicht erreicht wird). Hat ein Wahl-
jeder Ausschuß kann, wenn er von einem Beamten kreis zwei oder mehrere Abgeordnete zu wählen,
oder einem Amtskollegium Auskunft haben will,
sich durch seinen Vorsitzenden an den dafür vom
König bestimmten Staatsrat mit dem Ersuchen
wenden, bei dem König einen Befehl an den Be-
amten usw., die gewünschten Aufschlüsse zu er-
teilen, zu erwirken; die Prüfung des Konstitutions-
ausschusses erstreckt sich auf alle in den Staats-
protokollen verzeichneten Regierungshandlungen.
Mittelbar übt der Reichstag eine wirksame Kon-
trolle über die Beamten durch den von jedem or-
dentlichen Reichstag auf ein Jahr gewählten
Justizbevollmächtigten aus (eine Schweden eigen-
tümliche Einrichtung). Dieser gilt in allen Teilen
dem königlichen Justizkanzler gleich; er hat darauf
zu achten, daß die Richter und andern Beamten
die Gesetze befolgen, und die Beamten wegen un-
gesetzlicher Handlungen oder Amtsversäumnisse ge-
richtlich zu belangen. Seine Kompetenz erstreckt
sich auch auf die Belangung der Mitglieder des
höchsten Gerichtshofs, jedoch nicht auf den könig-
so geschieht die Wahl nach dem Proportionalver=
fahren; in den Landstingen erfolgt die Wahl in den
ordentlichen Sessionen (im Notfall auch in einer
außerordentlichen), in den Städten in der Septem-
bersession der Gemeindevertretungen. Wählbar zur
Ersten Kammer sind alle 35 Jahre alten männlichen
Schweden, die Immobilien im Steuerwert von
mindestens 50 000 Reichstalern (Kronen) besitzen
oder in den drei Jahren vor der Wahl besessen
haben, sowie diejenigen, die an den Staat Steuern
von einem Mindesteinkommen von 3000 Reichs-
talern jährlich entrichten oder in den letzten drei
Jahren vor der Wahl entrichtet haben. — Die
Zahl der Mitglieder der Zweiten Kammerbe-
trägt 230, die auf drei Jahre gewählt werden.
Jede der Provinzen sowie die Hauptstadt bilden
einen oder mehrere Wahlkreise; die Städte, die
dem Landsting unterstehen und /80 der Ge-
samtbevölkerung zählen, bilden einen Wahlkreis
für sich; solche, die über 3/280 der Einwohner