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dahin zum Apostolischen Vikariat der Nordischen
Missionen gehört hatten, wieder Duldung und
erkannte 1783 den neuernannten Apostolischen
Vikar für Schweden als Leiter der katholischen
Gemeinden Schwedens an. Die Verfassung von
1809 gewährte zwar Religionsfreiheit, doch erst
1873 fielen die meisten der Ausnahmebestim-
mungen gegen die Katholiken; heute sind diese
bürgerlich und staatsrechtlich den Lutheranern
gleichgestellt, doch können sie nicht Mitglieder des
Staatsrats werden und müssen auch zum Unter-
halt der Staatskirche beisteuern; Mönchs= und
Nonnenorden oder Klöster dürfen im Land nicht
errichtet werden. 1910 zählt das Apostolische
Vikariat Schweden etwa 3000/4000 Katholiken
und 11 Priester auf 6 Stationen, von denen
4 Krankenschwestern haben.
Auf dem Gebiet des Unterrichts wesens steht
Schweden keinem zivilisierten Land nach. Die
Organisation des Volksschulwesens ist in An-
betracht der großen Ausdehnung des Lands bei
geringer Dichtigkeit und großer Zerstreuung der
Bevölkerung bewundernswert. Seit 1842 herrscht
Schulzwang für alle Kinder vom 7. bis zum voll-
endeten 14. Lebensjahr, insofern sie nicht in an-
dern staatlichen oder anerkannten privaten Schulen
oder unter gewissen Bedingungen im Elternhaus
unterrichtet werden. Jede städtische Gemeinde und
jede Landpfarrei ist verpflichtet, mindestens eine
feste Volksschule mit einem geprüften Lehrer zu
unterhalten (1908 an 14 300), und die wandern-
den Schulen, d. h. die zeitweilig von ein und der-
selben Lehrkraft an verschiedenen Stellen eines
dünn bevölkerten Bezirks für einige Monate ab-
gehaltenen Schulen sind heute eine Seltenheit ge-
worden. Die Volksschule hat zwei Stufen, wozu
noch Fortbildungskurse kommen. Der Unterricht
hat konfessionellen Charakter und ist unentgeltlich
(in die Kosten teilen sich Staat und Gemeinde).
Die nächste Aufsicht über die Volksschulen übt
eine von der Gemeinde gewählte Behörde von
mehreren Gemeindemitgliedern, der Schulrat,
aus; die Oberaufsicht führen die geistlichen Be-
hörden sowie die vom Staat angestellten Volks-
schulinspektoren. Der mittlere Unterricht wird fast
ganzunentgeltlich erteilt; nach der Reform von 1905
gibt es 3 Typen von Vollanstalten, in denen die
6 unteren Klassen die „Realschule“, die 4 oberen,
die Fortsetzung der 5. Realschulklasse, das „Gym-
nasium“ heißen; dieses zerfällt in 2 Linien, die
„reale“ (ohne Latein) und die „lateinische“ (mit
Latein und eventuell Griechisch); doch ist an vielen
Anstalten nur die eine der beiden Linien vertreten.
Der Besuch der neunjährigen Vollschule schließt
mit dem Maturitätsexamen, das allein zum Be-
such der Universität usw. berechtigt; 1908 be-
standen 77 derartige Mittelschulen. Für den
höheren Mädchenunterricht sorgt der Staat durch
das höhere Lehrerinnenseminar und die damit ver-
bundene Normalschule für Mädchen in Stockholm,
durch Zulassung von Mädchen an die genannten
Schweden.
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Realschulen gewisser Orte und durch die Unter-
stützung von privaten Mädchenschulen. Die Ober-
aufsicht über alle höheren Schulen führt seit 1905
die pädagogische Oberdirektion. Für die Hoch-
schulbildung sind vorhanden 2 staatliche Univer-
sitäten in Upsala und Lund, die privaten Hoch-
schulen in Stockholm und Göteborg, das Poly-
technikum zu Stockholm, das höhere technische
Institut zu Göteborg, das medikochirurgische
Institut und die Kriegsakademie in der Haupt-
stadt, die landwirtschaftliche Akademie zu Alnarp.
Von Fach= und Spezialschulen sind zu nennen
15 Lehrerseminare, 10 Navigationsschulen, 2
höhere und 7 elementare technische Schulen, die
31 Volkshochschulen, in denen von akademisch
gebildeten Lehrkräften erwachsenen Personen bei-
der Geschlechter ein vorzugsweise praktischer Unter-
richt über die wichtigsten Fragen des öffentlichen
und wirtschaftlichen Lebens geboten wird, und die
Anstalten für Handfertigkeitsunterricht (Slöjch),
der besonders im Slöjdseminar zu Nääs bei Göte-
borg eine weltberühmte Stätte gefunden hat.
Unter den gelehrten Gesellschaften nimmt die
Akademie der Wissenschaften die erste Stelle ein.
V. Wirtschaftliche Perhältnisse. Die Bo-
dennutzung wird in Schweden durch das
Klima und die physische Beschaffenheit des Landes
stark eingeschränkt: von der Gesamtfläche sind an
361/ % unproduktiv, 3½% Wiesen und Weiden,
8 1/2% Ackerland, an 51 ½/2% Wald. Ausgedehn-
ten Ackerbau hat nur Südschweden. Die Land-
wirtschaft beruht noch heute wie ehedem auf dem
Kleingrundbesitz. 1907 hatten von 356 916 land-
wirtschaftlichen Betrieben 90 450 bis zu 2 ha,
225649 2 bis 20 ha, 33 482 20 bis 100 ha
und 3260 mehr als 100 ha. Angebaut werden
besonders Hafer (1908: 25,65 Mill. hI), Roggen
(9,18), Gerste (5,47). Weizen (2,38), Mischkorn
(5,16), Kartoffeln (27,49), Flachs, Hanf und (in
Schonen) Zuckerrüben. Die Viehzucht wird sehr
intensiv betrieben (Anfang 1908 gab es 566 280
Pferde, 2 629 000 Rinder, 1 021 800 Schafe,
878900 Schweine) und liefert bedeutende Mengen
von Butter für die Ausfuhr. — Von den Wäl-
dern ist rund ½ Staatswald; die Ausnutzung
des Waldbestands durch Sägmühlen, Holzstoff-
und Papierfabriken, durch die Streichholzindustrie,
Möbelschreinerei usw. ist einer der wichtigsten
Zweige der schwedischen Volkswirtschaft und eine
Hauptauelle des Nationalreichtums. Der Berg-
bau liefert vor allem Eisenerz (Dannemora, Gel-
livare, Svappavara, Kirunavara, der Taberg
u#sw.; 1908: 4713 160 t), ferner Kupfererze
(Falun, Atvidaberg; 21 371t), Silber= (Sve-
ningdal in Norrland) und Bleierze (zusammen
2058 t), Zinkerze (40 077 t). Schwefelpyrit
(295694) und Manganerze (4616 t), die Stein-
brüche besonders Granit und Syenit. Der Mangel
an Kohlen (Gewinnung 1908: 305 206 t, haupt-
sächlich in Südschweden) verlangsamt den Auf-
schwung der schwedischen Industrie; in gewissem