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von allen deutschen Landen begannen die Kirchen-
bücher in Oldenburg, Hannover, zu allerletzt in
Westfalen und Hildesheim. Vom deutschen Nor-
den aus fanden sie Aufnahme in den skandinavi-
schen Königreichen. In Schweden wurden seit
dem Jahr 1686 in den evangelischen Kirchen all-
gemein die sog. Ministerialbücher eingeführt, be-
stehend aus sechs Teilen: Geburts= und Taufbuch,
Sterbe= und Beerdigungsbuch, Ehebuch, Buch der
Hausverhöre, Buch der Übersiedlungen und Buch
des Weg= oder Auszugs aus der Gemeinde. Bis
zum Beginn des 18. Jahrh. hatten sich sowohl die
katholischen als auch die protestantischen Kirchen-
bücher besonders in Deutschland zu ganz verläs-
sigen Urkunden mit gewissem öffentlichen Charakter
entwickelt. Was Wunder, daß sich die Staaten
für diese interessierten und sie ihren Zwecken dienst-
bar zu machen suchten! Ist doch für das öffent-
liche Leben die genaue Kenntnis der Geburt, Ab-
stammung, Ehe sowie des Tods einer Person von
größter Wichtigkeit. Das Bedürfnis der sich immer
mehr entwickelnden Kleinstaaten gab um die Mitte
des 18. Jahrh. die Anregung, die Rechtstheorie
von der Staatsomnipotenz begründete das Recht
zur Einmischung der Staaten in die Führung der
Standesregister. Damit war eine Wendung in
der Entwicklung der Kirchenbücher gegeben. Nach-
dem schon gegen Ende des 17. Jahrh. von Eng-
land aus die Kirchenbücher als Quellen für Be-
völkerungskunde, Volkswirtschaft und Statistik auch
auf dem europäischen Kontinent eine Wertschätzung
erfahren hatten, schärfte Kaiser Joseph II. durch
Patent vom 20. Febr. 1784 den Geistlichen die
sorgfältige Führung der Tauf-, Trauungs= und
Sterberegister im Interesse der öffentlichen Ver-
waltung ein und machte die Aufsicht darüber den
Bischöfen und den Kreisbehörden zur gleich strengen
Pflicht. Das Beispiel Osterreichs fand in andern
katholischen Staaten Nachahmung. Mancherorts
wurde sogar auch der Inhalt der Kirchenbücher
staatlicherseits vorgeschrieben. Nicht überall ging
es ohne kirchlichen Widerstand ab. Leichter ge-
staltete sich die staatliche Beeinflussung in prote-
stantischen Ländern, weil hier die landesherrliche
Gewalt in kirchlichen Angelegenheiten verfassungs-
mäßig sehr weitgehend und allgemein anerkannt
war. Die Gestalt und die Führung der Kirchen-
bücher wurde in diesen bald ganz von den An-
ordnungen der Landesherrschaft abhängig (ogl.
Verordn. Friedrichs II. von Preußen vom 2. Okt.
1758, Erlaß vom 2. Jan. 1766, Preuß. Landr.
II, Tit. 11, §§ 481/504, Allg. Preuß. Landr.
vom 1. Juni 1794, 88 501/504, kursächs. Erlaß
vom 18. Febr. 1799). Was durch die staatliche
Kirchenhoheit begonnen, ward durch die französische
Revolution in der ihr eigentümlichen radikalen und
kirchen= wie religionsfeindlichen Weise vollendet.
Mit Gesetz vom 20. Sept. 1792 wurde die Be-
urkundung der Geburten, Eheschließungen und
Sterbefälle bürgerlichen Behörden übertragen.
Zugleich wurde allen andern Amtern und Personen
Personenstand.
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verboten, solche Akte aufzunehmen. Nur eine nähere
Ausführung dessen ist das Gesetz vom 28. Plu-
viose des Jahres VIII (18. Febr. 1800), wodurch
die Beurkundung des Personenstands (actes de
L’état civil) dem Maire und dessen Adjunkten
übertragen wurde, und ebenso Art. 34 ff des Code
civil. „Die gänzliche Loslösung der Personen-=
standsführung von der Kirche und ihre Verbin-
dung mit den weltlichen Gemeindeverbänden er-
scheint zwar, sagt ganz richtig Jacobs (a. unten
a. O.), in ihrem Abschluß als eine Frucht der
französischen Revolution; sie läßt sich aber auch
als der konsequente Abschluß der Entwicklung er-
kennen, welche durch die Maßnahmen des fran-
zösischen Königtums begründet und gezeitigt wurde“
(ogl. die Ordonnanzen Franz' I. vom Jahr 1539,
Ludwigs XIV. vom Jahr 1667 und Ludwigs XV.
vom Jahr 1736). Dem Zivilstandsgesetz ging
das Gesetz über die fakultative Zivilehe voraus
(28. Nov. 1787) und folgte die Einführung der
obligatorischen Zivilehe unmittelbar nach. Da
das französische Recht auch in den damals unter
Napoleons Herrschaft gestandenen kinksrheinischen
deutschen Gebieten Rheinland, Rheinpfalz und
Elsaß-Lothringen und in einigen rechtsrheinischen
Territorien eingeführt wurde, bestand in Deutsch-
land lange Zeit ein doppeltes System der Standes-
register, das der zivilen und das der kirchlichen.
Die Ungleichheit wurde noch vermehrt, als die
Zivilstandsregister durch Ges. vom 19. Nov. 1850
in Frankfurt a. M., durch Ges. vom 17. Nov.
1865 in Hamburg, durch Ges. vom 21. Dez.
1869 in Baden und durch Ges. vom 9. März
1874 in Preußen rezipiert wurden. Ein einheit-
liches Recht für das gesamte Deutsche Reich schuf
das Reichsgesetz über die Beurkundung des Per-
sonenstands und die Eheschließung vom 6. Febr.
1875 mit Geltung vom 1. Jan. 1876.
III. Das geltende Recht. 1. Im Deutschen
Reich. „Die Beurkundung der Geburten, Hei-
raten und Sterbefälle erfolgt ausschließlich durch die
vom Staat bestellten Standesbeamten mittels Ein-
tragung in die dazu bestimmten Register.“ In
diesen Worten des § 1 des Reichsgesetzes vom
6. Febr. 1875 ist der obligatorische Charakter der
Zivilstandsregister und die Ausschließlichkeit der-
selben, sowohl gegenüber andern staatlichen Be-
hörden als namentlich gegenüber den Organen
der Kirchengesellschaften zum Ausdruckgebracht. Die
seit 1. Jan. 1876 in den kirchlichen Matrikeln
registrierten Geburten, Eheschließungen und Sterbe-
fälle haben daher nicht mehr die Eigenschaft öffent-
licher Urkunden. Wohl aber ist den Kirchenbüchern
die Eigenschaft öffentlicher Register hinsichtlich der
durch sie beurkundeten kirchlichen Akte (z. B. Taufe,
Firmung, kirchliche Trauung, Beerdigung) ver-
blieben. Der Gegensatz zu den kirchlichen Organen
tritt auch deutlich in der Bestimmung des § 3
Abs. III hervor, wonach Geistlichen und andern
Religionsdienern das Amt eines Standesbeamten
oder die Stellvertretung eines solchen nicht über-