Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

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und 9. Nov. 1856 Zivilstandsregister, aber unter 
Beibehaltung der kirchlichen Eheschließungsform. 
Neben der Gruppe jener europäischen Staaten, 
welche das französische Zivilstandsregistersystem 
unverändert oder mit mehr oder weniger Modi- 
fikationen übernommen haben, stehen solche Länder, 
in denen noch das alte System der Kirchenbücher 
herrschend ist. Zwar sind die letzteren nach staat- 
lichen Normen eingerichtet, aber sie werden von 
kirchlichen Organen geführt. „Die kirchlichen 
Funktionäre erscheinen in dieser ihrer Eigenschaft 
zugleich als Staatsorgane, die Kirchenbücher sind 
ebensowohl kirchliche als staatliche Standesregister. 
Die Geistlichen sind bald auch mit der Führung 
der Standesregister für die Angehörigen der nicht 
anerkannten christlichen Konfessionen oder nicht- 
christlichen Religionsgemeinden betraut, bald sind 
zu diesem Zweck aushilfsweise verschiedene staat- 
liche Organe bestellt“ (Ferd. Schmid a. unten 
a. O.). Während dieses System bis zum Ende 
des 19. Jahrh. in den meisten deutschen Staaten 
eingebürgert war, findet es sich heute nur noch in 
Osterreich, Rußland, Schweden, Norwegen, Däne- 
mark, Portugal und Serbien. In Österreich 
begann die staatliche Einwirkung auf die Kirchen- 
bücher unter Maria Theresia (Verordn. vom 6.Okt. 
1770, 2. März 1771, Patent vom 10. März 
1773). Besonders geregelt wurden die Standes- 
register der Juden (Verordn. vom 27. Jan. 1766 
und 25. Nov. 1779). Die Grundlage des heute 
noch geltenden Rechts betr. die österreichischen 
Standesregister, genannt Matriken, aber schuf das 
Patent Josephs II. vom 20. Febr. 1784. Durch 
dasselbe wurde das Recht und die Pflicht zur 
Führung der Standesregister der Pfarrgeistlichkeit 
der römisch-katholischen und der griechisch-orien- 
talischen Kirche zugewiesen. Das Hofdekret vom 
26. Nov. 1829 verlieh die gleiche öffentlich-recht- 
liche Befugnis auch den evangelischen Pfarrern, 
aber unter gewisser Aussicht der katholischen; 
letztere wurde dann in dem Ministerialerlaß vom 
30. Jan. 1849 fallen gelassen, während sie be- 
züglich der israelitischen Matriken noch bis zum 
Gesetz vom 10. Juli 1868 fortbestand. In den 
Jahren 1877 und 1880 ward den Geistlichen der 
altkatholischen Kirche und den Herrenhutern das 
Recht öffentlicher Registerführung zuerkannt. Die 
Matriken, die in Geburts-, Trauungs= und Sterbe- 
bücher zerfallen, werden sohin von den Geistlichen 
der anerkannten Kirchen= und Religionsgesell- 
schaften, soweit es sich um Mitglieder der letzteren 
handelt, unter staatlicher Aufsicht geführt. Be- 
züglich jener Personen indessen, die keiner gesetz- 
lich anerkannten Religionsgesellschaft angehören, 
und jener, die eine Notzivilehe eingehen, ist nach 
dem Gesetz vom 25. Mai 1868 und vom 9. April 
1870 die politische Bezirksbehörde, die Bezirks- 
hauptmannschaft oder der Magistrat einer Statu- 
targemeinde zur Matrikenführung kompetent. 
In Rußland bobliegt die Führung der 
Standesregister den Pfarrgeistlichen und andern 
Staatslexikon. IV. 3. u. 4. Aufl. 
Personenstand. 
  
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Kultusvorständen, und zwar den orthodoxen seit 
1702 und 1724 und namentlich seit der ge- 
naueren Reglung vom Jahr 1838, den evan- 
gelischen seit 1764, den katholischen seit 1826, 
den mohammedanischen Mullas seit 1828 und 
den israelitischen seit 1835. In Schweden 
(Kirchengesetz von 1686) und in Norwegen 
(Kirchenritual von 1685, kgl. Resolution 1877) 
steht den Geistlichen der herrschenden lutherischen 
Kirche die Registrierung aller Geburten, Heiraten, 
Sterbefälle und der Wohnungsveränderungen von 
Pfarrei zu Pfarrei zu. Doch ist in Schweden in 
neuerer Zeit den Vorständen einiger anderer reli- 
giöser Gemeinden, darunter auch römisch-katholi- 
schen, das Recht der Registerführung für ihre Mit- 
glieder gewährt worden. Dänemark hält im 
Prinzip an der kirchlichen Registerführung fest, 
gibt aber seit der durch das Grundgesetz vom 
5. Juni 1849 eingeführten Religionsfreiheit den 
Geistlichen aller anerkannten christlichen Religions- 
genossenschaften, so auch den katholischen und den 
israelitischen Kultusvorständen das Recht hierzu. 
In Portugal weist das Dekret vom 3. April 
1862 die Führung der Standesregister für die 
Katholiken den Pfarrgeistlichen zu. Für die Akatho- 
liken sind laut Dekret vom 28. Nov. 1878 die 
Distriktsverwaltungsbehörden zuständig. In Ser- 
bien, dessen kirchliche Verfassung auf dem Gesetz 
vom 27. April 1890 mit den durch Ukas vom 
1. Juni 1894 gemachten Abänderungen beruht, 
haben die Pfarrer die Geburts-, Trauungs= und 
Sterbematrikeln nach den bestehenden kirchlich- 
staatlichen Vorschriften ordentlich zu führen und 
monatlich Auszüge aus denselben an die betref- 
fende Behörde zwecks Staatsstatistik einzusenden. 
b) Von außereuropäischen Staaten seien 
hier die Vereinigten Staaten von Amerika an- 
geführt, in welchen die Gemeindeorgane die Stan- 
desregister führen, und zwar entweder durch den 
Gemeindesekretär oder durch die Sanitätsbehörde, 
in den größten Städten durch eigne Standes- 
ämter. Die Geistlichen und alle andern in ge- 
wissen Fällen zur Trauung kompetenten Personen 
und Behörden haben von den Eheschließungen den 
Standesbeamten Kenntnis behufs Eintragung in 
die Zivilregister zu geben. 
Quellen u. Literatur. Reichsgesetz über die 
Beurkundung des P.s u. die Eheschließung vom 
6. Febr. 1875 in der vom 1. Jan. 1900 an gel- 
tenden Fassung, mit Vollzugsvorschriften hrsg. 
von Reger-Dames (“1908); Handwörterbuch der 
Staatswissenschaften VI (21901) Art. „Standes- 
register"“, von Ferd. Schmid; Wörterbuch des 
deutschen Verwaltungsrechts, hrsg. von Stengel, II 
(1890) Art. „Standesregister“ von H. v. Sicherer; 
Realenzyklopädie für prot. Theologie u. Kirche X 
(31901) Art. „Kirchenbücher“ von E. Jacobs; 
L. Stein, Die Verwaltungslehre II (1866) 229 ffj; 
Sägmüller, Entstehung u. Entwicklung der Kirchen- 
bücher im kath. Deutschl. bis zur Mitte des 18. Jahrh., 
in Theol. Quartalschr., 81. Jahrg. (1899), 206/258; 
Hinschius, Das Reichsgesetz über die Beurkundung 
des P.8 u. die Eheschließung vom 6. Febr. 1875 
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