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1909); H. v. Sicherer, P. u. Eheschließung in
Deutschland (1879). Die Kommentare zum P.8gef.
von Käubler (1901), Sartorius (1902), Stölzel
(1904). Für die standesamtliche Praxis geeignet:
Kruse-Wohlers, Das Standesamt (61902); Weiße-
Erichsen, Die Führung der Standesregister ((1904);
Weiße, Standesamtl. Archiv (1904); L. Schmitz
u. A. Wichmann, Die Eheschließung im internat.
Verkehr (2 Bde, 1905). Für österr. Recht: Seidl,
Matrikenführung (31897); Manlik, Anleitung zur
Matrikenführung (1905); Grießl, Kirchliche Vor-
schriften u. österr. Gesetze u. Verordn. in Matriken-
angelegenheiten (1891). A. Knecht.]
Peru. I. Geschichte. Die unter dem milden
Despotismus des Inkareichs geschaffene indianische
Kultur wurde im Jahrzehnt der Conquista, die
hier unter den Pizarros am rohesten vor sich ging,
größtenteils vernichtet. Das 1543 gegründete
Vizekönigreich Peru mit der Hauptstadt Lima
umfaßte das ganze spanische Südamerika; erst
1739 wurde der nordöstliche Teil, das Vizekönig-=
reich Neugranada, 1742 Chile, 1776 das Vize-
königreich Rio de la Plata abgetrennt. Die Ein-
gebornen blieben meist frei und im Besitz ihres
Landes, da das Enkomiendensystem sich nur in
der Nähe der ältesten spanischen Ansiedlungen ver-
breitete. Die Aufgabe, sie zu bekehren, zu kulti-
vieren und seßhaft zu machen, fiel hauptsächlich
den Franziskanern und Augustinern, später den
Jesuiten zu. Die Eingebornenpolitik war sehr
wohlwollend; zu einflußreichen Stellungen kamen
jedoch weder Indianer noch Kreolen, sondern nur
Spanier. Desto engherziger war die Wirtschafts-
politik. Ihr Hauptziel war die Ausbeutung der
Gold= und Silberschätze (den reichsten Ertrag
gaben die Silberminen von Potosi), wovon die
kastilische Krone, als deren Domäne die Kolonien
behandelt wurden, einen doppelten Zehnten erhob.
Der ganze Handel nach Europa wurde streng
kontrolliert und ging durch die Casa de contra-
tacion in Sevilla, seit 1715 in Cädiz. In Kriegs-
zeiten wurden die Schiffe zu Flotten vereinigt,
ausgerüstet und von Kriegsschiffen geleitet, aber
namentlich auf der Rückkehr („Silberflotten“") oft
überfallen. Der Handel der Kolonien unter sich
war auf die in der Regel jährlich zweimalige Messe
in Puerto Belo auf der Landenge von Panama
beschränkt. Erst 1774 wurde der Handel unter
den Kolonien, 1778 der mit dem Mutterland
freigegeben.
Während des südamerikanischen Freiheitskriegs
war Peru lange die feste Burg der spanischen
Herrschaft. Sie wurde erst gestürzt durch das Ein-
greifen zuerst San Martins von Argentinien her, der
28. Juli 1821 in Lima die Unabhängigkeit ausrief,
dann Bolivars vom Norden her, dessen General
Suoere 9. Dez. 1824 die Entscheidungsschlacht bei
Ayacucho gewann. Oberperu löste sich 1825 als
eigner Freistaat Bolivia los; eine Wiedervereini-
gung mit Peru (1836/39) wurde von Chile ver-
hindert. — Die neue, vom Dichter Olmedo ent-
worfene Verfassung der Republik Peru war der
Perun.
100
französischen von 1794 nachgebildet, wie Pern
überhaupt jetzt ganz in Abhängigkeit von fran-
zösischem Geist kam. Statt der Freiheit hatte man
jedoch vorerst einen Wechsel von Militärdespotie
und Anarchie. Die Revolutionen trugen stets
mehr einen persönlichen, selbstsüchtigen als poli-
tischen oder sozialen Charakter. Eine bessere Zeit
brachte die zweimalige Herrschaft des Mestizen
RNamon Castilla (1845/51 u. 1855/62). Er
führte die Kodifikation der Gesetze durch (bürger-
liches Recht nach dem Muster des Code civil 1852,
Strafgesetz 1862), hob 1855 die Sklaverei auf
und gab 1856 eine neue Verfassung (1860 ge-
ändert, Katholizismus Staatsreligion, demokra-
tisches Wahlrecht). — Seit 1868, unter Balta,
Pierola und Prado, begann wieder die Mißwirt-
schaft und die Plünderung der Staatskasse. Im
Vertrauen auf die Unerschöpflichkeit der staatlichen
Guanolager wurde der Kredit mißbraucht und
große Unternehmungen, hauptsächlich durch den
Nordamerikaner Meiggs, begonnen, die mit großen
Enttäuschungen endeten. Nachdem bereits die
Guanolager hatten verpfändet werden müssen,
wurde der Staat vollends ruiniert durch den Krieg
mit Chile (1879/83), den Peru unnötigerweise
als Bundesgenosse Bolivias begann und allein
durchführen mußte. Im Frieden von Ancön
28. Juni 1883 mußte Peru die Provinz Tara-
paca für immer abtreten, die Provinzen Arica und
Tacna mit der Aussicht auf Wiedereinlösung um
25 Mill. Franken, wenn in zehn Jahren eine Volks-
abstimmung für Wiedervereinigung mit Peru ent-
schiede; die Ausführung dieser Bestimmung wurde
aber von Chile verhindert. Die Folge des Kriegs
war der Staatsbankrott (1889) und ein Abkom-
men mit den auswärtigen Gläubigern, denen für
800 Mill. Franken Schulden die Bahnen und ein
Teil der Staatsgüter auf 66 Jahre verpachtet
werden mußten. Erst seit 1895, mit dem endgül-
tigen Sturz der politischen Macht des Militärs,
sind wieder ruhige Zustände eingekehrt. Armee
(mit französischen Instruktoren) und Verkehrswesen
machten große Fortschritte, auch Bodenkultur,
Schulen und Finanzen haben sich gebessert, letztere
durch die Kontrolle des Parlaments, das früher
ganz ohne Einfluß gewesen war. Im Kakaobau
und den Kautschukwäldern des Ostens haben sich
neue Einnahmequellen eröffnet. Die Vollendung
des Panamakanals wird die Entwicklung Perus
beschleunigen. An der Regierung ist seit 1899 die
gegen die Diktatur der Generale gegründete zivi-
listische Partei (gegenwärtiger Präsident Leguia
1908/12); daneben gibt es noch eine mit ihr
verbündete konstitutionelle und eine liberal-demo-
kratische.
II. Fläche und Wevölkterung. Der Flächen-
inhalt des Landes, dessen Grenzen im Osten gegen
Brasilien und Bolivia 1910 genau festgelegt wur-
den, beträgt nach amtlicher Aufstellung 1769800,
nach Gothaer planimetrischer Ausmessung nur
1 1370000 qkm. Das Land zerfällt in drei phy-