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Kragujevac und Zajeear), in denen im Frieden
als permanente Kaders unterhalten werden: 20
Regimenter Infanterie, 5 Reg. Feldartillerie, 1
Reg. Gebirgsartillerie, 1 Reg. Haubitzen, 1 Reg.
Festungsartillerie, 1 Belagerungsartilleriepark, 1
Division Kavallerie (4 Reg.), 1 Königliche Kon-
voi. 2 Bataillone Genie, 1 Pionierhalbbataillon,
5 Trainkompagnien sowie Sanitäts= und Hand-
werkertruppen. Die Friedensstärke betrug im Bud-
getjahr 1907: 35 605 Offiziere und Mann und
1838 Mann Gendarmerie, die Gesamtkriegsstärke
an 352900 Mann. — Das Landeswappen
bildet ein weißer, doppelköpfiger, gekrönter Adler
(auf rotem Grund), der auf der Brust ein silbernes
Kreuz in rotem Feld mit vier Halbmonden in den
Ecken (das Wappen des früheren Fürstentums
Serbien) trägt. Die Nationalflagge ist rot, blau
und weiß mit vier goldenen Sternen im obersten
roten und mit dem Wappen im blauen Wappen-
felde. Serbien hat vier Orden: den Weißen Adler-
orden und den Santa-Saba-Orden, beide 1883
gestiftet, den St Lazarusorden (nur vom König
getragen) und den Karageorgewitsch-Stern (1904
von Peter I. gestiftet); die vom König Milan ge-
stifteten Takowo= und Miloschorden werden nicht
mehr verliehen.
IV. Kirche. Anterricht. Die Religion des
serbischen Staats ist die orientalisch-orthodoxe;
alle vom Staat anerkannten Kulte sind frei und
unter den Schutz des Staats gestellt, soweit ihre
Ausübung nicht der öffentlichen Ordnung und der
Moral widerspricht. Jeder Versuch, jemand der
Staatskirche abwendig zu machen, ist verboten.
Das Aussichtsrecht über alle Konfessionen übt der
Kultusminister aus, der auch die Korrespondenz
der geistlichen Behörden aller Konfessionen mit
auswärtigen geistlichen Behörden überwacht; kein
Akt auswärtiger geistlicher Autoritäten, Konzilien
und Synoden darf ohne Autorisation des Kul-
tusministers durch eine geistliche Behörde in Ser-
bien publiziert oder ausgeführt werden. — Die
innere Leitung der orthodoxen Kirche liegt bei
der sich alljährlich versammelnden Synode, die aus
den 5 Bischöfen des Landes unter dem Vorsitz des
Erzbischofs von Belgrad, des Metropoliten, be-
steht; die Synode erläßt alle Verordnungen, die
sich auf die Leitung der Kirche und Geistlichkeit
beziehen, sie wählt die Bischöfe und verleiht die
kirchlichen Würden eines Archimandriten usw., sie
ist kirchliche Gerichtsbehörde und wirkt mit bei der
Abfassung von neuen Gesetzen und Verordnungen,
die sich auf die Kirche und den Klerus beziehen.
1907 gabes 750 Kirchen und Kapellen, 54 Klöster,
1042 Geistliche und 98 Mönche. — Die Lage
der katholischen Kirche in Serbien ist trotz
der durch den Berliner Kongreß völkerrechtlich
garantierten Religionsfreiheit eine gedrückte, da
der Seelsorge lange Zeit von seiten der Regierung
und noch immer von seiten der orthodoxen Geist-
lichkeit Hindernisse in den Weg gelegt werden. Die
Verhandlungen wegen Abschlusses eines Konkor-
Serbien.
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dats, die 1887 gepflogen wurden, waren ohne
Ergebnis; 1890 willigte Rom in die Errichtung
eines eignen Bistums für Serbien in Belgrad,
doch ist dieses bisher auf dem Papier geblieben.
Für die Katholiken, die zum größten Teil aus
Osterreich-Ungarn stammen, bestehen nur 3 Seel-
sorgeposten: in Belgrad an der österreichisch-un-
garischen Gesandtschaftskapelle, in Nisch und Kra-
gujevac, deren Kosten wie die für die wenigen ka-
tholischen Schulen zum größten Teil von der öster-
reichisch-ungarischen Regierung getragen werden.
Der Volksschul unterricht ist obligatorisch
und in den öffentlichen Volksschulen unentgeltlich;
doch konnten von der Bevölkerung 1900 nur 17%
lesen und schreiben. 1907 gab es 1292 Elementar-=
schulen, 20 Mittelschulen, 1 theologisches Semi-
nar, 4 Lehrerseminare, 4 Spezial-, 3 höhere
Mädchenschulen, 1 Kriegsakademie und 1 Uni-
versität (Belgrad); von andern Instituten sind zu
nennen die Königlich Serbische Akademie, die
Geographische Gesellschaft (1910 gegründet), die
Nationalbibliothek und das Nationalmuseum usw.
Im ganzen Land erscheinen an 65 Zeitungen und
Zeitschriften.
V. Wirtschaftliche Verhällnisse. Serbien
ist ein reiner Ackerbau= und Viehzuchtsstaat. Der
Anbau des Landes steht noch auf ziemlich nie-
driger Stufe und wird großenteils sehr primitid
betrieben (von einem Drittel der Bauern noch mit
Hacke und Haue); Düngung und Fruchtwechsel
sind fast unbekannt. Die Versuche, Verbesserungen
einzuführen, sind bei der Bedürfnislosigkeit des
Volks und dessen Mißtrauen gegen Fremdes von
geringem Erfolg. Großgrundbesitz ist kaum vor-
handen. Mit den Südslawen teilt Serbien eine
eigentümliche Form der Bewirtschaftung, die Sa-
druga (Hauskommunion). Die Sadruga ist vom
Gesetz anerkannt, nimmt aber seit den 1860er und
1870er Jahren ab; nach Gopeevié gab es 1886
noch 118 738 solche Sadrugas mit 1.7 Mill.
Personen (von 2 Mill. der Gesamtbevölkerung).
Die Sadruga ist eine freiwillige Vereinigung von
mehreren Verwandten von väterlicher Seite, die
unter der Autorität des Stareschina (Altesten), des
Vaters oder Großvaters, von dem sie alle ab-
stammen, zusammenleben; die Grundstücke, die
Arbeiten und das Einkommen, alles ist in der
Sadruga gemeinschaftlich. Der Stareschina leitet
und verwaltet die Gemeinschaft, deren Mitglieder
jedes seine bestimmten Aufgaben und Pflichten
hat. Die Hauptnährfrucht des zu /8 angebauten
Landes ist Mais, ferner Weizen, Gerste, Hafer,
Hanf, Flachs, Tabak. Bedeutend ist die Kultur
von Pflaumenbäumen, deren Früchte teils ge-
trocknet zur Ausfuhr kommen, teils im Land zu
Sliwowitz (dem Nationalgetränk) und Mus ver-
arbeitet werden. Der Weinbau hat in den letzten
Jahren durch die Reblaus gelitten. Der Bestand
der Wälder (an 3/0 der Gesamtfläche; ½ Staats-,
über 8 Gemeindewald) an Eichen und Buchen
ermöglicht die starke serbische Schweinezucht (1906