Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

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der Ordnung aufheben. Daß und wie Sismondi 
zu letzterem gleich bei Beginn der sich bildenden 
Wirtschaftswissenschaft kam, bleibt für diese eine 
hoch bedeutsame Lehre. 
Literatur. Außer den erwähnten Arbeiten 
schrieb S. noch 1830 für Lardner's Cabinet Cyclo- 
paedia einen Abriß seiner „Italienischen Repu- 
bliken“ unter dem Titel: ltalian Republics, or 
the Origin, Progress and Fall of Italian Freedom 
(2 Bde, Par. 1832 u. 1841); übersetzt ins Franzö- 
si#sche: Histoire de la renaissance de la liberté en 
Italie (ebd. 1832). Die Kritik dieses Werks von 
Alessandro Manzoni, übersetzt von Delacouture: 
Defense de la morale catholique contre I’Hi- 
stoire des républiques italiennes de M. S. (ebd. 
1835), ist heute noch überaus beachtenswert. In 
Lardner's Cabinet Cyclopacdia erschien auch 
die Histoire de la chute de ’empire romain 
et du déclin de la civilisation de I’an 250 à 
l’an 1000 (2 Bde, Par. 1835; deutsch 1836). 
Die Etudes sur les sciences sociales (ebd. 1836 
bis 1838; deutsch 1837) bringen im II. u. III. Bd 
Etudes sur I’'économie politique. Über die lange 
Reihe der kleineren Schriften findet sich nach S.= 
eigner Liste in der Biographie universelle XXXIN 
423 (Michaud) das Nötige. Zur Beurteilung 
seines Lebens u. seiner Arbeiten sind von Wichtig- 
keit: S., Fragments de son journal et correspon- 
dance (Genf 1857), mit einer biographisch wert- 
vollen Einleitung von Frl. Montgolfier, dann die 
Lettres inédites à Madame d’Albani (Par. 1863) 
nebst biographischer Notiz von A. René-Taillan= 
dier, ferner de Lomenies Galerie des contempo- 
rains illustres (Bd VII), Mignets Notice histo- 
rique in den Mémoires de acad. des sciences 
morales etc. VI (Par. 1850) 1/29, Bossis Necro- 
logia (Flor. 1842), das Werk von Jubinal, Na- 
poléon et S. (Par. 1865) u. der von Villari u. 
Monod hrsg. Briefwechsel S.s mit seiner Mutter 
aus dem Jahr 1815 (ebd. 1877). Zur Würdigung 
seiner sozialpolitischen Stellung vgl. Louis Blancs 
Organisation du travail (Par. 1839 u. ö.; deutsch 
von Prayer 1899) u. Le Socialisme, droit au 
travail (ebd. 1850), ferner Périn, Principes d'éco- 
nomie politique (ebd. 1901) u. Doctrines écono- 
miques (ebd. 1885) u. die Spezialarbeiten von L. 
Elster, §. de S. Ein Beitrag zur Gesch, der Volks- 
wirtschaftslehre, in Jahrbücher für Nationalökon. 
u. Statistik, Neue Folge XIV (1887) 321/382; C. 
Spahn, Der sozialpolitische Standpunkt S.s 
(1886) u. A. Aftalion, L'euyre économique de 
S. (Par. 1899). (Weinand, rev. Ettlinger.] 
Sittengesetz s. Sittliche Ordnung. 
Sittenpolizei. Unter Sittenpolizei imall- 
gemeinen ist das zum Schutz der öffentlichen 
Sittlichkeit und zur Aufrechterhaltung der guten 
Sitte im Volk eingerichtete polizeiliche Aufsichts- 
wesen zu verstehen. Der Staat hat ein Interesse 
daran, einen guten Sittlichkeitszustand im Volk 
zu unterhalten, deshalb nach Möglichkeit alles 
Sittengesetz — Sittenpolizei. 
  
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sondern namentlich auch zur Verhinderung der 
Trunksucht, zur Regelung der öffentlichen Ver- 
gnügungen, des Gast= und Schankwirtschafts- 
betriebs, der Theater= und Schauspielerunter- 
nehmungen, der Tanzbelustigungen, des Lotterie- 
und Glücksspielwesens, zur Verhinderung der 
Tierquälerei, der Verübung groben Unfugs usw. 
Auch die Kontrolle der Fabrikbeschäftigung, ins- 
besondere der Frauen= und Kinderarbeit, der Ein- 
richtung der Fabrikräume, der Arbeiterwohnungen 
und der Massenquartiere gehört hierher. Denn es 
läßt sich nicht leugnen, daß alle diese Einrichtungen 
und Gegenstände für die öffentliche Sitte von be- 
sonderer Bedeutung sind, und daß durch sie der 
allgemeine Sittlichkeitszustand im Volk wesentlich 
beeinflußt wird. 
In diesem weiteren Sinn wird aber die Be- 
zeichnung Sittenpolizei gewöhnlich nicht ver- 
standen. Sittenpolizei im eigentlichen und ge- 
wöhnlichen Sinn bedeutet vielmehr die Tätigkeit 
der Polizei zur Bekämpfung der Prostitution. 
Auch der moderne Staat hält an dem Grundsatz 
der christlichen Moral fest, daß jede Befriedigung 
des Geschlechtstriebs außerhalb der Ehe sündhaft 
und unerlaubt ist, aber er hält sich für machtlos, 
das weit verbreitete Ubel durch Verbot und Strafe 
zu verhindern. Der außereheliche Geschlechtsver- 
kehr an sich ist daher straffrei und nur dann, wenn 
er sich durch das Hinzutreten anderer Momente 
zu einem besondern Vergehen qualifiziert (val. 
§§ 172, 173, 177, 179, 182 Str. G. B.), tritt 
Strafe ein. Im übrigen hat der Staat sich darauf 
beschränkt, Bestimmungen zu treffen, durch welche 
wenigstens die Prostitution, worunter der 
von einer Frauensperson gewerbsmäßig be- 
triebene außereheliche Geschlechtsverkehr zu ver- 
stehen ist, nach Möglichkeit eingedämmt werden 
soll. Nach § 361, Nr 6 soll jede Frauensperson 
bestraft werden, welche wegen gewerbsmäßiger 
Unzucht einer polizeilichen Aufsicht unterstellt ist, 
wenn sie den in dieser Hinsicht zur Sicherung der 
Gesundheit, der öffentlichen Ordnung und des 
öffentlichen Anstands erlassenen polizeilichen Vor- 
schriften zuwider handelt, oder welche, ohne einer 
solchen Aufsicht unterstellt zu sein, gewerbsmäßig 
Unzucht treibt. Die hier erwähnten Vorschriften 
beziehen sich auf das Wohnungswesen der Pro- 
stituierten, auf ihr Benehmen und Verhalten auf 
der Straße, ihre Teilnahme an öffentlichen Be- 
lustigungen und namentlich auf die ärztlichen 
Untersuchungen, denen sich die Prostituierte zum 
Schutz gegen die Ansteckungsgefahr regelmäßig 
zu unterwerfen hat. Man bezeichnet dieses ganze 
System der die Kontrolle und Einschränkung des 
Dirnenwesens bezweckenden Maßnahmen kurzweg 
zu verhindern, was geeignet ist, diesen Zustand als Reglementierung der Prostitution. Das 
zu gefährden und Zigellosigkeit einreißen zu Recht des Staats zum Erlaß solcher Vorschriften 
gründet sich auf die großen Schäden, die der 
Prostitution in moralischer und sanitärer Hin- 
lassen. Das Gebiet der Sittenpolizei ist daher 
sehr weitgehend. Es umfaßt die gesamte Tätigkeit 
der Polizei nicht nur zur Verhinderung oder Ein- 
schränkung der geschlechtlichen Ausschweifungen, 
sicht für den Einzelnen wie für die Gesamtheit 
anhaften.
	        
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