Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

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Eingebornen, der Missionen und der Forschungs- 
reisenden, Beschränkung der Einfuhr von Feuer- 
waffen. Zur Durchführung dieser Maßregeln 
wurde ein internationales Bureau zu Sansibar 
errichtet und dem Kongostaat zur Aufbringung 
der Mittel Einfuhrzölle bis zur Höhe von 10% 
des Werts gestattet. Trotz aller dieser Maßregeln 
bleiben immer noch Lücken, durch die die Sklaven- 
händler noch viel mehr als die Mädchenhändler 
in Europa entwischen können. Frankreich gestattete 
nur ein beschränktes Durchsuchungsrecht (ebenso 
die Vereinigten Staaten). Der Menschenhandel 
vollzieht sich in den Formen von freien Dienst- 
verträgen. Neger, chinesische und indische Kulis, 
polynesische Kanaken werden immer noch verhan- 
delt, wenn auch nicht mehr wie im früheren Um- 
fang. Eine lebenslängliche Verdingung 
gehört in den meisten Staaten nicht zur Unmög- 
lichkeit. Für das Deutsche Reich hat das B.G. B. 
§ 624 die Möglichkeit damit beseitigt, daß es den 
Verpflichteten ein Kündigungsrecht nach 5 Jahren 
einräumte, sobald ein Dienstverhältnis auf mehr 
als 5 Jahre geschlossen wird. Ein eignes Gesetz 
von 1895 (28. Juli) stellt den Sklavenraub und 
den Sklavenhandel unter strenge Strafen. 
Gesetzlich hat die Sklaverei in allen gebildeten 
Staaten aufgehört, aber faktisch unterscheiden sich 
viele Zustände wenig von den alten. Beson-- 
ders in Nordamerika stehen die Schwarzen und 
Gelben durchaus nicht auf gleicher Stufe mit den 
Weißen. Ja es ist geradezu ein gewisser Rück- 
schlag eingetreten gegen die früher humane Be- 
geisterung für die Neger. Freilich stimmt das zu- 
sammen mit denelenden Arbeiterverhältnissen. Doch 
dürfen sich auch die Engländer und Deutschen 
nicht allzusehr in die Brust werfen; sie haben in 
ihren Kolonien genug gesündigt. 
Literatur. Wallon, Histoire de Pesclavage 
dans T’antiquité (3 Bde, Par. 21879); P. Allard, 
Esclaves chrétiens (ebd. 1895, /1900); Ingram, 
History of Slavery and Freedom (Lond. 1895; 
deutsch von Katscher 1895); H. J. Nieboer, Sla- 
very as an Industrial System (ebd. 1900); Le- 
tourneau, L'évolution de T’esclavage dans les 
diverses races hum. (Par. 1896); Ebeling, Die 
S. von den altesten Zeiten bis auf die Gegenwart 
(3. Tauf., 1889); Langer, Die S. in Europa wäh- 
rend der letzten Jahrhunderte des Mittelalters, in 
Wissenschaftl. Beilage zum Programm des Gym- 
nasiums zu Bautzen (Ostern 1891); Margraf, Kirche 
u. S. (1865); Biot, De ’abolition de Pesclavage 
ancien en Orient (Par. 1840); Steinmann, Skla- 
venlos u. alte Kirche (1910); Du Rois, Suppres- 
sion of African Slave-trade 1638/1870 (Lond. 
1896); Kaysel, Gesetzgebung der Kulturstaaten zur 
Unterdrückung des afrikan. Sklavenhandels (1895). 
[Grupp.] 
Smith, Adam (1723/90), der hervor- 
ragende schottische Moralphilosoph, ist eine der 
meistgenannten Figuren in der Geschichte der 
Nationalökonomie. Trotzdem ist sein wissenschaft- 
liches Charakterbild sowohl wie die Erkenntnis 
seiner Bedeutung für die Entwicklung der Sozio- 
Smith. 
  
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logie und nicht minder der volkswirtschaftlichen 
Verhältnisse in der konventionellen Schätzung durch 
mancherlei Vorurteile entstellt. Noch immer wird 
er von den einen als der Vater des Manchester- 
tums und des radikalen Freihandels, von den 
andern als Vorläufer und Pionier des Marxis- 
mus in Anspruch genommen, obwohl das letzte 
Jahrzehnt gesichertes Material zu seiner objektiven 
Beurteilung in genügender Fülle beigebracht hat. 
Unbestritten aber ist, daß er als der eigentliche 
Begründer der modernen nationalökonomischen 
Wissenschaft zu gelten hat, die er einerseits zum 
erstenmal ziemlich genau von den andern Diszi- 
plinen abgegrenzt, und der er anderseits so sehr 
den Stempel seines Geistes aufgedrückt hat, daß 
er sie mit gleichem Einfluß auf Theorie und 
Praxis fast ein Jahrhundert beherrscht hat. Vor 
und nach Smith, so teilt sich — es mag dahin- 
gestellt bleiben, ob verdient oder unverdient — die 
Nationalökonomie ein. 
1. Lebenslauf. Adam Smith stammt aus 
zwar sozial gehobenen, aber materiell nicht gerade 
glänzend situierten Bürgerkreisen. Sein Vater 
gehörte als Advokat zur Körperschaft der Writers 
of the Signet in Edinburgh und brachte es bis 
zum Judge Advocate (etwa Generalauditeur) 
für Schottland. Das hinderte ihn aber nicht, die 
Stelle eines Privatsekretärs des Earl of London, 
Ministers für Schottland, anzunehmen, der ihm 
dann 1713 den Posten des Zollkontrolleurs in 
der kleinen Hafenstadt Kirkcaldy am Nordufer des 
Firth of Forth verschaffte. Als einziges Kind 
der zweiten Ehe seines Vaters mit Margarete 
Douglas aus Strathendry wurde unser Adam 
Smith am 5. Juni 1723, einige Monate nach 
dem Tod des Vaters, in Kirkcaldy geboren. Die 
Mutter, welcher er eine innige Liebe entgegen- 
brachte, und mit der er bis zu ihrem im Alter von 
90 Jahren erfolgten Tod zusammenlebte — er 
selber war nie verheiratet —, ließ dem Knaben eine 
sehr sorgfältige Erziehung zuteil werden. Den 
ersten Unterricht genoß er auf der Lateinschule 
seiner Vaterstadt, dann kam er, erst 14 Jahre alt, 
an die Universität Glasgow, wo eben das finstere 
und starre Puritanertum zurückgedrängt wurde. 
Francis Hutcheson, der irische Moralphilosoph, 
ein liebenswürdiger Vertreter der Gefühlsmoral 
mit dem Prinzip des angebornen moral sense, 
war der Stern, der den jungen Smith vor allem 
anzog; und es ist kein Zweifel, daß dieser Lehrer 
für die Grundrichtung seiner Ideen in erster Linie 
bestimmend gewesen ist. Im Jahr 1740 erhielt 
er aus der Snellstiftung ein Stipendium zum 
Studium an der englischen Universität Oxford, 
wo er als Mitglied des Balliolkollegs, vielfach 
kränkelnd, sechs Jahre hindurch hauptsächlich hu- 
manistische Studien (Literatur, Mathematik, auch 
etwas Naturwissenschaft und Theologie, haupt- 
sächlich aber Philosophie) trieb. In die Heimat 
zurückgekehrt, suchte er, da er sich zum Kirchen- 
dienst nicht entschließen konnte, längere Zeit ver-
	        
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