127
am 22. Mai 1868 organisiert und der Leitung
eines Feldpropstes, der zugleich Titularbischof
(Armeebischof) sein sollte, unterstellt. Die genaueren
staatlichen Bestimmungen enthält die katholische
militärkirchliche Dienstordnung vom 17. Okt.
1902. Die dem Feldpropst unterstehenden Mi-
litärpfarrer, die in dem Breve trotz ihrer Amo-
vibilität als Pfarrer bezeichnet wurden, haben
innerhalb ihres Bezirks Jurisdiktion über alle ge-
setzlich zur preußischen Armee bzw. zu den Schutz-
truppen oder zur deutschen Marine gehörigen
Gläubigen, also auch über die Frauen und Kinder
der Heeresangehörigen. Man unterscheidet Militär-
oberpfarrer, Marineoberpfarrer mit Quasidechan-
tenbefugnis und Didvisionspfarrer, Garnison-
pfarrer, Marinepfarrer. Eigne Militärpfarrstellen
bestehen außer in Preußen im Königreich Sachsen
und in den Großherzogtümern Baden und Hes-
sen. In Bayern und Württemberg sowie in den
übrigen Bundesstaaten wird die Militärseelsorge
von Dihzesangeistlichen teils hauptamtlich teils
nebenamtlich versehen (vgl. Krose, Kirchl. Hand-
buch II/19091 455 f). Auch in Osterreich gibt es
bereits im 16. Jahrh. erstmals eingerichtete eigne
Militärseelsorge, die dem Apostolischen Feldvika-
riat in Wien unterstellt ist (vgl. Bielik, Geschichte
der k. k. Militärseelsorge [19091). In Italien
und Frankreich besteht die exemte Militärseelsorge
nicht bzw. nicht mehr.
3. Der Pfarrbezirk ist gewöhnlich räumlich fest
umgrenzt, jedoch kann die Zugehörigkeit zu einer
Pfarrei auch durch persönliche Verhältnisse be-
stimmt sein, wie bei den Hof-, Militär= und Ge-
fängnispfarreien. Uber die Größe eines Pfarr-
bezirks besteht die Bestimmung, daß er wenigstens
zehn selbständige Familien mit eignen Besitzungen
umfassen soll (C. 3, c. 10, q. 3); nach einer An-
ordnung Pius' VI. (Quot aliguantum 10. März
1791) soll eine Pfarrei nicht über 6000 Seelen
zählen. Ist die Grenze streitig, so kann in 30
Jahren Verjährung eintreten (C. 6, c. 16, q. 3),
während gegen die klar feststehende Grenze eine
Verjährung keine rechtliche Geltung haben kann
(c. 4, X. 3, 29). Die Errichtung einer Pfarrei
und die Festlegung ihrer Grenzen ist Sache des
Bischofs unter Zustimmung des Kapitels (c. 3,
X. 3, 48; Conc. Trid. sess. XXIV, c. 13).
Außer der justa causa, die zur Errichtung eines
jeden Kirchenamts nötig ist, muß die Dotation
für den Unterhalt des Benefiziaten sowie für die
Bestreitung der Kosten der Instandhaltung der
Kirche und des Kultus vorhanden sein (c. 9, D. 1;
c. 8, X. 3, 40; c. 3, X. 3, 48; Conc. Trid. sess.
XXI deref. c. 4). Auch müssen alle jene gehört
werden, welche ein Interesse daran haben, damit
deren eventuelle Rechte nicht verletzt werden. Die
Errichtung einer Pfarrei kann vollzogen werden
entweder durch eine Neugründung schlechthin oder
durch Verlegung in eine andere Kirche oder durch
Umwandlung eines niederen Benefiziums, etwa
eines Rektorats, in eine Pfarrei oder durch Tei-
Pfarrer.
128
lung einer Pfarrei in mehrere Pfarreien. Wäh-
rend das Dekretalenrecht, dem das Konzil von
Trient folgt, eine Teilung von Pfarreien nur
wegen zu großer Entfernung oder zu beschwerlichen
Wegs gestattet (c. 3, X. 3, 48), ist sie nach heu-
tiger Doktrin und Praxis auch angängig wegen
des zu starken Anwachsens der Seelenzahl, für
welche das ältere Recht nur eine Vermehrung der
Hilfsgeistlichen kannte. Die Dotation der neuen
Pfarrei wird aufgebracht aus freiwillig hierzu ge-
gebenen Legaten (vgl. Acta S. Sedis III 354;
IV264) oder aus überschüssigen Einkünften der
seitherigen Pfarrei (vgl. c. 3, X. 3, 48; Trid.
sess. XXI de ref. c. 4) oder aus Steuern der
neuen Parochianen (vgl. Trid. a. a. O.). Wird
die neue Pfarrei aus den Einkünften der Mutter-
kirche dotiert, so bekommt deren Pfarrer, nicht
etwa deren Patron, das Präsentationsrecht. Auch
vor der Teilung einer Pfarrei sollen die Inter-
essenten gehört werden. Der Bischof kann, falls
wichtige Gründe vorliegen, selbst gegen den Willen
des Pfarrers und der sonstigen Interessenten einen
Teil der Pfarrei abzweigen und eine Tochter-
pfarrei errichten (c. 3, X. 3, 48; Trid. sess. XXI
de ref. c. 4).
Die Errichtung einer Pfarrei ist an sich eine
rein kirchliche Angelegenheit. Tatsächlich wirkt je-
doch die Staatsregierung fast überall bei Pfarr-
errichtungen mit. Sägmüller schreibt: „Weil aber
die Kirchenämter auch von Bedeutung sind für
das öffentliche Wohl, weil sodann der Staat viel-
fach zum Ersatz für eingezogenes Kirchengut die
notwendige Dotation gewährt oder die juristische
Persönlichkeit verleiht, so hat der Heilige Stuhl
stets auf die Mitwirkung der Staaten bei Er-
richtung von beneficia maiora gehalten, die Bi-
schöfe zum Teil auch ausdrücklich für Errichtung
von beneficia minora auf dieselbe angewiesen,
oder er toleriert wenigstens die betreffenden Landes-
gesetze“ (Lehrbuch des kath. Kirchenrechts (219091
268 f). So bestimmt das bayrische Konkordat
vom 15. Juni 1817, den Bischöfen stehe das Recht
zu, Pfarreien zu errichten, zu teilen, zusammen-
zulegen, collatis cum Regia Maiestate, prae-
sertim pro convenienti redituum assignatione
Cconsiliis. Das Religionsedikt vom 26. Mai 1818
aber rechnet zu den Gegenständen gemischter Natur,
bei denen von der Kirchengewalt ohne Mitwirkung
der weltlichen Obrigkeit keine einseitigen Anord-
nungen getroffen werden dürfen, auch die Ein-
teilung der Pfarrsprengel (§ 76). Auch in Baden
muß die Regierung gehört werden, da das Ver-
mögen, welches den kirchlichen Bedürfnissen, sei
es des ganzen Landes oder gewisser Distrikte oder
einzelner Orte, gewidmet ist, nach dem Gesetz vom
9. Okt. 1860 unter gemeinsamer Leitung der
Kirche und des Staats verwaltet wird. Das Gesetz
vom 26. Juli 1888, welches die Besteuerung für
örtliche kirchliche Bedürfnisse regelle, bestimmte
in § 11, daß Anderungen in dem Bestand der
Kirchengemeinden (durch Neubildung, Auflösung,