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waltung zugesteht. Kanada und Australien sind
Vereinigungen selbständiger Kolonien; das gleiche
gilt von den südafrikanischen Kolonien.
Staatenverbindungen sind die Realunion, der
Staatenbund, der Bundesstaat. Die festeste unter
diesen Verbindungsformen ist der Bundesstaat.
Die Realunion ist die dauernde Schutz-
gemeinschaft mehrerer selbständiger Staaten unter
demselben Herrscher, welche nicht auf der Über-
einstimmung der Erbfolgeordnungen der Einzel-
staaten, sondern auf einer die Staaten gemeinsam
verpflichtenden Vereinbarung beruht. Die Ver-
bindung kann mit oder ohne Rücksicht auf ein be-
stimmtes Herrscherhaus eingegangen sein; not-
wendig ist ihr, daß ein und dieselbe Persönlichkeit
Träger der Staatsgewalt ist. Die Stellung des
Herrschers ist eine Doppelstellung: er ist der Herr-
scher eines jeden der in der Union vereinigten
selbständigen Staaten. Durch den Begründungs-
akt der Realunion können ihre Aufgaben über den
gemeinsamen Schutz hinaus auf andere staatliche
Funktionen ausgedehnt werden. Die wichtigste
Realunion der Gegenwart ist Osterreich-Ungarn,
das von 1849 bis 1867 ein Einheitsstaat war,
durch den Ausgleich von 1867 zum Bund zweier
Staaten geworden ist. Das Herrscherhaus ist
durch die Thronfolgeordnung gemeinsam. Ge-
meinsam sind ferner die Verwaltung der aus-
wärtigen Angelegenheiten, das Ministerium des
Außern, die diplomatische Vertretung und die
Konsuln; ferner das Heer als organisierte Streit-
macht und die Flotte, und als ökonomische Vor-
aussetzung einer gemeinsamen Verwaltung das
Finanzwesen für die gemeinschaftlich zu bestrei-
tenden Auslagen. Nach außen treten beide Staaten
nie gesondert, sondern nur als Gesamtmacht auf;
im Innern sind sie selbständig, was zur Folge hat,
daß Ungarn seinen eignen Zolltarif gegen Oster-
reich und eigne Handelsverträge hat. Selbst die
sog. gemeinsamen Angelegenheiten werden nicht
von einer den beiden Staaten übergeordneten selb-
ständigen Gewalt, sondern nur durch Vertreter der
einzelnen Länder, die Delegationen, verwaltet. Es
gibt kein gemeinsames österreichisch-ungarisches
Staatsbürgerrecht; es gibt nur österreichische und
ungarische Gesetze, selbst die Delegationsbeschlüsse
werden nicht einheitlich, sondern in der Form in-
haltlich übereinstimmender Doppelgesetze veröffent-
licht. In der juristischen Literatur Osterreichs wird
sowohl die Ansicht vertreten, die Monarchie sei ein
Einheitsstaat, wie auch die, sie sei ein Bundes-
staat. Unter den in der Union verbundenen
Staaten ist ein Krieg unmöglich. Geendigt wird
die Realunion durch Verwandlung der Einzel-
staaten in einen Einheitsstaat sowie durch die
Trennung der Thronfolge in den Einzelstaaten.
Staatenbund und Bundesstaat sind
auf Staatsverträge beruhende dauernde Ver-
einigungen mehrerer selbständiger Staaten mit
fester Organisation zum Zweck gemeinsamer Er-
ledigung bestimmter gemeinschaftlicher Angelegen-
Staatenverbindungen.
1400
heiten. Die Möglichkeit der Unterscheidung zwi-
schen Staatenbund und Bundesstaat ist von
Calhoun für die amerikanische Union, von Seydel
für das Deutsche Reich geleugnet worden, weil
die Existenz einer dem Bundesstaat eignen Bun-
desgewalt sich mit dem Begriff der Staats-
souveränität nicht vereinigen lasse, die unteilbar,
unbeschränkt und ausschließlich sei. Die Unter-
scheidung rührt von de Tocqueville her, der sie
der nordamerikanischen Konföderation entnahm.
Sie ist theoretisch durch Waitz in dessen Ab-
handlung über den Bundesstaat 1853 dahin aus-
gebildet worden, daß im Unterschied von dem
Staatenbund der Bundesstaat von den Einzel-
staaten in der Art seiner Wirksamkeit, in den
Mitteln zur Erfüllung seiner Aufgaben und in
seiner Organisation unabhängig sein müsse. Bun-
desstaat und Einzelstaaten sollten ihre Hoheits-
rechte als eigne haben. Diese Auffassung hat
Seydel 1872 damit bekämpft, daß die Souveräni-
tät den Einzelstaaten allein zustehen könne. Bereits
vor den Theoretikern hatten praktische Staats-
männer von Staatenbund und Bundesstaat ge-
sprochen. Schon in der ersten Sitzung des deutschen
Bundestags am 5. Nov. 1816 war von dem öster-
reichischen Präsidialgesandten der Deutsche Bund
als Staatenbund im Gegensatz zum Bundesstaat
bezeichnet worden, und Friedrich Wilhelm IV.
von Preußen hat in seiner Proklamation vom
18. März 1848 die Umgestaltung des deutschen
Staatenbunds in einen Bundesstaat gefordert.
Dabei wurde unter einem Staatenbund das ver-
tragsmäßige, wesentlich gegen das Ausland wirk-
same Verhältnis mehrerer getrennt und souverän
bleibenden Staaten zur Verwirklichung genau be-
zeichneter Zwecke verstanden, die ohne Zustimmung
aller am Staatenbund beteiligten Mitglieder
nicht ausdehnbar sind; dementsprechend betrachtet
Arndt in Birkmeyers Enzyklopädie der Rechts-
wissenschaften den Staatenbund als ein Rechts-
verhältnis, nicht als ein Rechtssubjekt, seine Or-
ganisation als eine vertragsmähßige, nicht als eine
korporative. Er sollte nur Mitglieder und als
Mitglieder nur die Einzelstaaten, aber keine Unter-
tanen, kein Bundesheer, sondern nur Kontingents-
truppen, kein eignes Vermögen, sondern nur So-
zietätsvermögen haben. Der Bundesstaat dagegen
sollte ein selbständiger Staat sein; er sollte eine
von den Einzelstaaten losgelöste, selbständige
Rechtspersönlichkeit darstellen mit eignen Organen
(Kaiser, Parlament), mit eignen Einrichtungen
(Flotte, Heer, Finanzen, Gerichte), mit einer die
Untertanen wie die Einzelstaaten unmittelbar ver-
pflichtenden Gesetzgebung, eignem Vermögen,
eigner Bundesgewalt über der Staatsgewalt. Der
Seydelsche Angriff gegen den Bundesstaatsbegriff
hatte einen andern Erfolg wie den gewollten. Wie
Arndt schieden auch Meyer, Hänel und Laband
aus dem Begriff der Einzelstaaten das Erfordernis
der Souveränität aus, indem sie diese dem Bun-
desstaat beilegten. Andere Staatsrechtslehrer