Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

1439 
Staatsbürgerrecht s. Staatsangehörig- 
keit. 
Staatsdienst s. Amt, Beamte. 
Staatseigentum. Der Staat bedarf zur 
Erfüllung der ihm zufallenden Aufgaben „Kapi- 
talien und Grundstücke“ (Wagner). Das Vermögen 
des Staats kann man einteilen in „Finanzver- 
mögen“ und in „Verwaltungsvermögen“ (La- 
band); als Staatsgut (patrimonium populi s. 
civitatis) wird „im Gegensatz zu den in niemandes 
Eigentum befindlichen Sachen (res communis 
omnium hominum) und denjenigen Sachen, 
welche als öffentliche dem gemeinen Gebrauch über- 
lassen sind, dasjenige Vermögen bezeichnet, hin- 
sichtlich dessen der Staat selbst der Eigentümer ist 
und welches, ohne zu den außer dem Verkehr be- 
findlichen Sachen zu gehören, für den Staat ver- 
waltet wird und dessen etwaige Erträgnisse zu den 
Zwecken des Staats verwendet werden“ (Rönne). 
„Die natürlichste Quelle der öffentlichen Einkünfte 
bildet . der Ertrag des Staatsvermögens.“ 
„Ein gewisses Vermögen hat und bedarf jeder 
Staat in den Gegenständen, die nicht durch ihren 
Ertrag, sondern unmittelbar durch ihren Gebrauch 
den Zwecken des Staats dienen, wie die öffent- 
lichen Gebäude, Anstalten, Sammlungen.“ „Ver- 
schieden davon ist das Vermögen, welches nur 
mittelbar durch die daraus zu ziehenden Einkünfte 
den Zwecken des Staats dient. Dieses sind die 
Domänen" (Walter, Naturrecht). Diese letzte Be- 
griffsbestimmung dürfte dahin zu ergänzen sein, 
daß zu dem Staatseigentum, welches durch Ein- 
künfte den Staatszwecken nützt, auch der gesamte 
Staatsbesitz gehört, welcher gewerblichen Betrieben 
des Staats als Grundlage dient. 
Wenn die Notwendigkeit eines Staatseigen- 
tums aus dem Wesen des Staats gefolgert wer- 
den kann, so sind doch sowohl Umfang und Art 
des Staatseigentums im allgemeinen als das 
Verhältnis des aus diesen hervorgehenden Ein- 
kommens des Staats zu andern Einnahmequellen 
und das Verhältnis der verschiedenen Arten des 
Staatseigentums untereinander verschieden unter 
den Staaten, verschieden bei demselben Staat 
nach den Zeiten, als Folge der tatsächlichen Ent- 
wicklung im Staat, der politischen und wirtschaft- 
lichen Anschauungen, welche zur Geltung kommen, 
und des finanziellen Bedürfnisses, dessen Befrie- 
digung zu erstreben ist. Es bedarf nur des Hin- 
weises auf die tägliche allgemeine Erfahrung, auf 
das, was vor aller Augen vor sich geht, um an- 
zuerkennen, daß für den Staat ein mit der fort- 
schreitenden Entwicklung, mit der Erweiterung der 
Staatsaufgaben, mit der Vermehrung des Be- 
amtenpersonals und der Staatsanstalten, mit der 
Ausbildung des Landesverteidigungswesens stetig 
wachsender Bedarf an Gebäuden und anderem 
unbeweglichem Besitz hervortritt. Wenn auch die 
Bedürfrisse hierbei teilweise durch Ermietung von 
Räumlichkeiten u. dgl. befriedigt werden könnten 
und tatsächlich in beschränkterem Umfang auch be- 
2 
Staatsbürgerrecht — Staatsgebiet. 
1440 
friedigt werden, so ist doch der Erwerb zum Eigen- 
tum des Staats in überwiegender Mehrzahl der 
Fälle unvermeidlich; Geschäftsgebäude aller Art, 
Kasernen usw. sind hier als Beispiele zu erwähnen. 
Bei diesem Staatseigentum kann man zwar 
nicht von werbendem Kapital sprechen, wohl aber, 
verständige Verwaltung vorausgesetzt, kann man 
bei allen solchen Veranstaltungen von einem 
Nutzungswert sprechen, von einer Ersparnis laufen- 
der Ausgaben, welche notwendig werden würden, 
wenn der Staat nicht als Eigentümer, sondern 
als Mieter sich die Benutzung verschaffen würde. 
Bei gewissem Staatseigentum tritt allerdings diese 
Erwägung nicht ein, z. B. bei dem zu Befestigungen 
verwandten Terrain. Aber auch hierbei kann man 
nicht absolut von einem toten Kapital sprechen, 
da dessen Wert erfahrungsmäßig in dem Augen- 
blick lebendig wird, wo man den Besitz zu andern 
Zwecken verwendet oder den Geldwert dafür durch 
Verkauf erwirbt. Zu derselben Hauptklasse von 
Vermögen des Staats gehört ferner das gewaltige 
Inventar der heutigen Staaten auf dem Gebiet 
der Heeresverwaltung, der Marineverwaltung, 
dessen Wert darin besteht, daß es für die Armee, 
für die Marine erforderlich ist, damit sie ihre Auf- 
gabe zur Sicherheit des Landes lösen können. Hier 
wird man wohl im großen und ganzen annehmen, 
daß das Kapital veraltet, sich verzehrt und stets 
der Ergänzung und Erneuerung bedarf (man 
denke z. B. an die Kriegsschiffe). 
Gemeinschaftlich ist der ganzen, auch als „Ver- 
waltungsvermögen“ bezeichneten Klasse, daß sie 
unmittelbar dem staatlichen Zweck dient, für 
welchen sie bestimmt ist, während die zweite Haupt- 
klasse, als „Finanzvermögen“ bezeichnet, nur 
mittelbar den Staatszwecken dient, indem die Ein- 
künfte daraus die Gelder liefern zur Erfüllung 
der Staatsaufgaben. Hierher gehören: Staats- 
eisenbahnen, Post= und Telegraphenwesen, Berg- 
und Hüttenwerke, Staatsmonopole, überhaupt alle 
Staatsindustrie, Domänen und Forsten; ferner 
alle in der Staatskasse angesammelten Fonds. Es 
bedarf kaum der Erwähnung, daß bei einem Teil 
der angeführten Vermögensbestandteile nicht aus- 
schließlich finanzielle Gesichtspunkte für Erwerb 
oder Beibehaltung maßgebend zu sein pflegen; 
hier aber kommen nur diese in Betracht. Wie nun 
die Entwicklung des Staatseigentums nach ver- 
schiedenen Zeiten und Staaten sich darstellt, ist bei 
der Besprechung der einzelnen Staatsvermögens- 
objekte nachzulesen, auf welche hier verwiesen wer- 
den möge, insbesondere: Fiskus, Domänen, Re- 
galien, Monopol, Post. Eisenbahnen, Bergwesen. 
Die Literatur ist bei den einschlägigen be- 
sondern Artikeln zu ersehen. Alle Werke über das 
Staatsrecht der einzelnen Staaten behandeln die 
Frage unter den Abschnitten „Staatsvermögen“ 
(Rönne), „Reichsvermögen“ (Laband), „Staats- 
gut“ (Seydel), „Fiskus“. Lv. Huene.] 
Staatsgebiet. Staatsgebiet ist der Teil 
der Erde, über welchen sich die ausschließliche Herr- 
  
 
	        
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