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Staatsbürgerrecht s. Staatsangehörig-
keit.
Staatsdienst s. Amt, Beamte.
Staatseigentum. Der Staat bedarf zur
Erfüllung der ihm zufallenden Aufgaben „Kapi-
talien und Grundstücke“ (Wagner). Das Vermögen
des Staats kann man einteilen in „Finanzver-
mögen“ und in „Verwaltungsvermögen“ (La-
band); als Staatsgut (patrimonium populi s.
civitatis) wird „im Gegensatz zu den in niemandes
Eigentum befindlichen Sachen (res communis
omnium hominum) und denjenigen Sachen,
welche als öffentliche dem gemeinen Gebrauch über-
lassen sind, dasjenige Vermögen bezeichnet, hin-
sichtlich dessen der Staat selbst der Eigentümer ist
und welches, ohne zu den außer dem Verkehr be-
findlichen Sachen zu gehören, für den Staat ver-
waltet wird und dessen etwaige Erträgnisse zu den
Zwecken des Staats verwendet werden“ (Rönne).
„Die natürlichste Quelle der öffentlichen Einkünfte
bildet . der Ertrag des Staatsvermögens.“
„Ein gewisses Vermögen hat und bedarf jeder
Staat in den Gegenständen, die nicht durch ihren
Ertrag, sondern unmittelbar durch ihren Gebrauch
den Zwecken des Staats dienen, wie die öffent-
lichen Gebäude, Anstalten, Sammlungen.“ „Ver-
schieden davon ist das Vermögen, welches nur
mittelbar durch die daraus zu ziehenden Einkünfte
den Zwecken des Staats dient. Dieses sind die
Domänen" (Walter, Naturrecht). Diese letzte Be-
griffsbestimmung dürfte dahin zu ergänzen sein,
daß zu dem Staatseigentum, welches durch Ein-
künfte den Staatszwecken nützt, auch der gesamte
Staatsbesitz gehört, welcher gewerblichen Betrieben
des Staats als Grundlage dient.
Wenn die Notwendigkeit eines Staatseigen-
tums aus dem Wesen des Staats gefolgert wer-
den kann, so sind doch sowohl Umfang und Art
des Staatseigentums im allgemeinen als das
Verhältnis des aus diesen hervorgehenden Ein-
kommens des Staats zu andern Einnahmequellen
und das Verhältnis der verschiedenen Arten des
Staatseigentums untereinander verschieden unter
den Staaten, verschieden bei demselben Staat
nach den Zeiten, als Folge der tatsächlichen Ent-
wicklung im Staat, der politischen und wirtschaft-
lichen Anschauungen, welche zur Geltung kommen,
und des finanziellen Bedürfnisses, dessen Befrie-
digung zu erstreben ist. Es bedarf nur des Hin-
weises auf die tägliche allgemeine Erfahrung, auf
das, was vor aller Augen vor sich geht, um an-
zuerkennen, daß für den Staat ein mit der fort-
schreitenden Entwicklung, mit der Erweiterung der
Staatsaufgaben, mit der Vermehrung des Be-
amtenpersonals und der Staatsanstalten, mit der
Ausbildung des Landesverteidigungswesens stetig
wachsender Bedarf an Gebäuden und anderem
unbeweglichem Besitz hervortritt. Wenn auch die
Bedürfrisse hierbei teilweise durch Ermietung von
Räumlichkeiten u. dgl. befriedigt werden könnten
und tatsächlich in beschränkterem Umfang auch be-
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Staatsbürgerrecht — Staatsgebiet.
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friedigt werden, so ist doch der Erwerb zum Eigen-
tum des Staats in überwiegender Mehrzahl der
Fälle unvermeidlich; Geschäftsgebäude aller Art,
Kasernen usw. sind hier als Beispiele zu erwähnen.
Bei diesem Staatseigentum kann man zwar
nicht von werbendem Kapital sprechen, wohl aber,
verständige Verwaltung vorausgesetzt, kann man
bei allen solchen Veranstaltungen von einem
Nutzungswert sprechen, von einer Ersparnis laufen-
der Ausgaben, welche notwendig werden würden,
wenn der Staat nicht als Eigentümer, sondern
als Mieter sich die Benutzung verschaffen würde.
Bei gewissem Staatseigentum tritt allerdings diese
Erwägung nicht ein, z. B. bei dem zu Befestigungen
verwandten Terrain. Aber auch hierbei kann man
nicht absolut von einem toten Kapital sprechen,
da dessen Wert erfahrungsmäßig in dem Augen-
blick lebendig wird, wo man den Besitz zu andern
Zwecken verwendet oder den Geldwert dafür durch
Verkauf erwirbt. Zu derselben Hauptklasse von
Vermögen des Staats gehört ferner das gewaltige
Inventar der heutigen Staaten auf dem Gebiet
der Heeresverwaltung, der Marineverwaltung,
dessen Wert darin besteht, daß es für die Armee,
für die Marine erforderlich ist, damit sie ihre Auf-
gabe zur Sicherheit des Landes lösen können. Hier
wird man wohl im großen und ganzen annehmen,
daß das Kapital veraltet, sich verzehrt und stets
der Ergänzung und Erneuerung bedarf (man
denke z. B. an die Kriegsschiffe).
Gemeinschaftlich ist der ganzen, auch als „Ver-
waltungsvermögen“ bezeichneten Klasse, daß sie
unmittelbar dem staatlichen Zweck dient, für
welchen sie bestimmt ist, während die zweite Haupt-
klasse, als „Finanzvermögen“ bezeichnet, nur
mittelbar den Staatszwecken dient, indem die Ein-
künfte daraus die Gelder liefern zur Erfüllung
der Staatsaufgaben. Hierher gehören: Staats-
eisenbahnen, Post= und Telegraphenwesen, Berg-
und Hüttenwerke, Staatsmonopole, überhaupt alle
Staatsindustrie, Domänen und Forsten; ferner
alle in der Staatskasse angesammelten Fonds. Es
bedarf kaum der Erwähnung, daß bei einem Teil
der angeführten Vermögensbestandteile nicht aus-
schließlich finanzielle Gesichtspunkte für Erwerb
oder Beibehaltung maßgebend zu sein pflegen;
hier aber kommen nur diese in Betracht. Wie nun
die Entwicklung des Staatseigentums nach ver-
schiedenen Zeiten und Staaten sich darstellt, ist bei
der Besprechung der einzelnen Staatsvermögens-
objekte nachzulesen, auf welche hier verwiesen wer-
den möge, insbesondere: Fiskus, Domänen, Re-
galien, Monopol, Post. Eisenbahnen, Bergwesen.
Die Literatur ist bei den einschlägigen be-
sondern Artikeln zu ersehen. Alle Werke über das
Staatsrecht der einzelnen Staaten behandeln die
Frage unter den Abschnitten „Staatsvermögen“
(Rönne), „Reichsvermögen“ (Laband), „Staats-
gut“ (Seydel), „Fiskus“. Lv. Huene.]
Staatsgebiet. Staatsgebiet ist der Teil
der Erde, über welchen sich die ausschließliche Herr-