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d. Artt. Absolutismus; Konstitutionalismus; Ga-
rantien, staatsrechtliche; Staat, der moderne).
2. Die vorstehende Erörterung vertritt die An-
sicht, daß der Staat selbst und als solcher das
Subjekt der Staatsgewalt ist, und sie richtet sich
gegen die Meinung, welche bis in die Neuzeit
hinein Vertreter gefunden hat und welche die
Staatsgewalt ausdrücklich mit dem Träger der-
selben identifiziert. Staatsgewalt bedeutet alsdann
Gewalt über den Staat, d. h. über „Land und
Leute“. Nebenbei bemerkt, ist der Sprachgebrauch
häufig schwankend, sodaß auch solche, die einer
derartigen Gleichsetzung grundsätzlich abgeneigt
sind, nicht selten von Staatsgewalt sprechen, wo
sie den Träger derselben im Sinn haben. Hält
man aber daran fest, daß beides nicht identisch ist
und die Staatsgewalt ursprünglich dem Staat
als solchem eignet, so folgt daraus doch nicht, daß
dieselbe ihrem Träger vom Staat übertragen
wurde oder übertragen werden mußte. Denn wo
ein Staat ist, da besitzt er auch schon jenes oberste
Organ, durch welches allein das Gemeinschafts-
leben sich betätigen kann, welches daher, ohne daß
es einer solchen Übertragung bedurft hätte, im
Namen des Staats und für den Staat die Ge-
walt ausübt.
Im Gegensatz hierzu behauptet die Lehre von
der sog. Volkssouveränität, daß der rechtliche Besitz
der Staatsgewalt immer bei dem gesamten Volk
sei und die Leiter des Staats ihre Funktionen
lediglich im Auftrag des Volks ausübten, welches
die ihnen übertragene Gewalt jederzeit zurückzu-
nehmen befugt sei. Eine tatsächliche Unterlage
besitzt die Anschauung im demokratischen Staat,
wo die Volksversammlung das oberste Organ des
staatlichen Lebens ist, welches die von ihr eingesetz-
ten Beamten mit den einzelnen Funktionen des-
selben betraut. Aber zunächst ist auch hier die
Volksversammlung nicht das ganze Volk, sondern
immer nur eine größere oder kleinere Minderheit;
denn Frauen und Jugendliche pflegen ausgeschlossen
zu sein, abgesehen davon, daß nicht alle zur Teil-
nahme Berechtigten das Recht auch jederzeit aus-
üben. Und sodann darf, was eine gewisse Analogie
in der demokratischen Verfassung besitzt, nicht kurzer-
hand zu einem Wesensbestandteil des Staats über-
haupt gemacht werden. Das eben war der Fehler
Rousseaus, welcher der Lehre von der Volkssouve=
ränität die Formulierung gab, in der sie in der
modernen Welt in die weitesten Kreise eindrang
und seitdem dazu dienen mußte, Revolutionen und
Staatsumwälzungen zu rechtfertigen. Ihre Wur-
zeln gehen jedoch viel weiter zurück. Im Mittel-
alter wurde ganz allgemein die Ansicht vertreten,
Gott habe die Gewalt ursprünglich dem Volk
verliehen, dieses aber übertrage dieselbe gleichsam
naturnotwendig oder kraft eines göttlichen Gesetzes
auf den Fürsten oder überhaupt auf die Obrigkeit,
und die Meinung geht ausdrücklich dahin, daß
der Fürst nur durch Übertragung von seiten des
Volks die höchste Gewalt besitzen könne. Jedoch
Staatsgewalt.
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liegt der Unterschied auf der Hand, welcher die
Lehre in dieser Gestalt von der späteren, Rousseau-
schen trennt. Das Volk besitzt die Gewalt nicht
als eignen Besitz, sondern infolge göttlicher Mit-
teilung, und es überträgt dieselbe nicht nach eigner
Willkür, sondern getrieben durch das Gesetz Gottes.
Es war deshalb vollkommen unbegründet, wenn
Ranke diese Lehre, welche von Bellarmin, Suarez
und andern gelehrten Jesuiten vertreten wird, mit
der revolutionären gleichsetzte und diese als eine
dem Jesuitenorden eigentümliche bezeichnete. Bis
in die neueste Zeit ist seine Behauptung nach-
gesprochen worden. Tatsächlich wurde die Lehre
von der Volkssouveränität in dieser Gestalt nicht
von den Jesuiten erfunden, und ihre Absicht geht
keineswegs dahin, das Volk von jeder höheren
Autorität loszulösen und die staatliche Obrigkeit
seiner Willkür auszuliefern. Allerdings aber stritt
man schon seit dem 12. Jahrh. darüber, ohne zu
einer Einigung gelangen zu können, ob das Volk
befugt sei, die dem Fürsten übertragene Gewalt
auch wieder zurückzunehmen, oder ob es sich durch
den Akt der Übertragung ein für allemal derselben
entäußert habe. In den religiösen Kämpfen des
16. und 17. Jahrh. proklamierte die protestantische
wie die katholische Opposition das Recht der Zurück-
nahme, während die Vertreter des absoluten König-
tums in dem einen wie in dem andern Lager das-
selbe in Abrede stellten.
Daß nun die Lehre auch in dieser Gestalt irrig
ist, braucht nach dem, was in d. Art. Staat aus-
geführt ist, keiner eingehenden Begründung mehr,
und es verdient die schärfste Zurückweisung, wenn
einzelne Autoren noch neuerdings den Versuch ge-
macht haben, dieselbe als die „katholische Lehre“
hinzustellen (so J. Costa-Rossetti, Pbilosophia
moralis, 2. Ausg., 579 f und H. R. QOuilliet,
De civilis potestatis origine theoria catholica,
1893; vgl. dagegen Cathrein S. J., Moralphilo=
sophie II, 2. Abt., 2.B., 8 6). Staatliche Obrigkeit
wird nicht durch einen solchen Akt der Ubertragung
aufgerichtet, sondern sie erwächst naturgemäß mit
dem Staat, ob derselbe nun allmählich aus der
Familie hervorging oder durch Krieg und Gewalt-
tat begründet wurde. Und die Pflicht, dieselbe
anzuerkennen und sich ihren Anordnungen zu
unterwerfen, stammt für die Bürger nicht daher,
daß sie der Obrigkeit die Gewalt übertragen haben,
sondern aus der sittlichen Ordnung, in welche der
Staat als ein höherer, der Willkür der einzelnen
entzogener Zweck einbeschlossen ist. Aber es läßt
sich auch zeigen, woher das Mittelalter seinerseits
die Lehre übernahm. Ihre Quelle ist das römische.
Recht. Von Augustus bis Diokletian war die
Fiktion aufrecht erhalten worden, als seien Volk
und Senat noch immer die Träger der höchsten
Gewalt. Juristen aus der Zeit Hadrians stellen
den Satz auf, daß die Gesetze nur gelten, weil sie
durch den Willen des Volks angenommen seien,
und noch unter Kaiser Severus gründet Ulpian die
Kraft der kaiserlichen Konstitutionen darauf, daß