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lagen und Voraussetzungen richtig sei. Je weiter
entfernt von dem Abschluß des Voranschlags die
Zeit liegt, für deren Ausgaben und Einnahmen
er bestimmt ist, desto schwieriger wird es, das
Richtige zu treffen; es muß also das Bestreben
sein, den Zeitpunkt der Feststellung des Etats
möglichst nahe heranzulegen an den Beginn des
Etatsjahrs. Anderseits sollten auch die Arbeiten
so gefördert werden, daß der Abschluß jedenfalls
vor Beginn des Etatsjahrs erfolgen kann. Eine
diesen Betrachtungen naheliegende ist die betreffs
der Gültigkeitsdauer des Etats. Man wird nicht
unrecht tun, zu behaupten, daß die richtige Ab-
grenzung in der Dauer je eines Jahrs gefunden
ist, während tatsächlich in einzelnen Staaten Bud-
gets mit mehrjähriger Gültigkeit sich vorfinden,
denen man eine gewisse Vereinfachung des Ge-
schäftsgangs und Verminderung der Arbeit zum
Vorteil rechnen darf.
Die Veranschlagung geschieht naturgemäß auf
sehr verschiedenen Grundlagen, und je nach der
Sicherheit und Zuverlässigkeit derselben sind die
zur Einstellung gebrachten Zahlen den späteren
tatsächlichen Ausgaben und Einnahmen ent-
sprechend. Der Etat einer Behörde mit einer be-
stimmten feststehenden Anzahl von Beamten, letztere
wieder mit gesetzlich normierten Gehältern, kann mit
größerer Genauigkeit veranschlagt werden als die
Ausgaben zu einem staatlichen Betrieb. Die Ein-
nahmen aus einer kontingentierten Steuer (wie
z. B. die frühere Klassensteuer in Preußen) sind
sicherer als die Einkommensteuer, letztere wiederum
genauer als Einnahmen aus Zöllen. Man ist also
in den dem Betrag nach wohl heute meistens über-
wiegenden Summen der Einnahmen und Aus-
sonst kann nur die nachträgliche Genehmigung
gaben auf Schätzungen angewiesen. Eine we-
sentliche Aufgabe der Finanzverwaltung ist es,
hierbei ein für allemal von denselben festen und
möglichst zutreffenden Grundsätzen auszugehen,
z. B. von Durchschnittserträgen immer derselben
Anzahl von Vorjahren, eventuell unter Mitberück-
sichtigung des laufenden Jahrs und der steigenden
Bevölkerungsziffer. Man wird nur so der ver-
hängnisvollen Versuchung entgehen, je nach Be-
darf die Einnahmen hoch, die Ausgaben niedrig
anzusetzen, oder auch umgekehrt, also entweder licht
oder dunkel zu färben.
Die nach sorgfältiger Prüfung gefundenen
Summen sollten nun so gegriffen sein, daß die
Einnahmen in der betreffenden Finanzperiode
erhoben, die Ausgaben verwendet werden. Das
letztere kann nun bei einer Anzahl von Ausgaben
der Natur der Sache nach kaum zur Verwirklichung
kommen; man hat daher bei solchen Gegenständen
in den Etats durch besondern Vermerk ausgedrückt,
daß die Summen, welche nicht aufgezehrt werden,
in die nächstfolgenden Perioden übertragen werden
können. Dies trifft namentlich bei Bauausgaben
zu; mitunter wird wohl bei Ausgabepositionen,
die gleichartigen Zwecken zu dienen haben, vor-
gesehen, daß die eine ihre etwaigen Mehrausgaben
Staatshaushalt.
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aus etwaigen Überschüssen der andern, jedoch
innerhalb derselben Finanzperiode, decken kann
(gegenseitige Deckungsfähigkeit). Auch kann die
Übertragbarkeit mit der gegenseitigen Deckung zu-
sammentreffen, z. B. bei Bewilligungen von meh-
reren gleichzeitig in den Etat eingestellten Schiffen
derselben Klasse. Aber auch bei andern Positionen,
wie solche sich in Kapiteln und weiter in Titeln
sich in den Etats aufgeführt finden, wird es häufig
unmöglich, genau dem Anschlag gemäß zu wirt-
schaften. Es kommen Mindereinnahmen, Mehr-
ausgaben, Mehreinnahmen und Minderausgaben
nicht sehr selten vor. Man bezeichnet die Mehr-
ausgaben der einzelnen Titel als Etatsüberschrei-
tungen, die Minderausgaben als Ersparnisse, die
Minderausgaben bei übertragungsfähigen Titeln
als „verbliebene Reste“.
Während für die Etatsüberschreitungen die Vor-
aussetzung vorhanden sein muß, daß der Titel an
und für sich im Etat vorhanden war, nur in seinem
Betrag erhöht werden mußte, nennt man außer-
etatsmäßige Ausgaben solche, welche überhaupt
nicht im Etat vorgesehen waren oder unrichtiger-
weise aus den Mitteln des vorliegenden Etats
bestritten worden sind. Im absoluten Staat, wo#
die Behörden, welchen die Feststellung des Etats
zusteht, immer in Funktion sind, ließen sich solche
Abweichungen im Ausgabeetat fast ganz ver-
meiden, da eine nachträgliche Anderung der Be-
träge stets vor der Leistung vorgenommen werden
könnte. Anders steht dies, wie hier vorgreifend
bemerkt sein möge, bei der Mitwirkung einer nur
zeitweise versammelten Volksvertretung; nur so-
lange diese vereinigt ist, können durch sog. Nach-
tragsetats Ergänzungen herbeigeführt werden;
eintreten, in Fällen wichtiger Art in der Form
der Indemnitätserklärung, d. h. daß man wegen
der vorgekommenen Unregelmäßigkeit niemand zur
Verantwortung ziehen wolle.
Das Gesamtergebnis aller Titel des Etats
in Einnahmen und Ausgaben ist entweder ein
vollständiger Ausgleich oder ein Mehrbetrag an
Ausgaben über die Einnahmen; dies ergibt dann
einen „Fehlbetrag“, Defizit. Oder es ergibt sich
ein Mehr auf der Einnahmeseite, dann ist dies
ein Überschuß. Für ersteres muß Deckung gesucht
werden; letzterer kann entweder zur Entlastung
der auf die Feststellung des Uberschusses folgenden
Periode Verwendung finden oder aber, wo Schul-
den vorhanden sind, richtiger zu deren Deckung;
denn Schulden, abgesehen von solchen, die zu be-
stimmten produktiven Anlagen gemacht sind, er-
scheinen als Folge von Mißverhältnis zwischen
Einnahmen und Ausgaben. Die Feststellung des
Ergebnisses einer Etatsperiode erfolgt durch die
Rechnung, durch welche zugleich die Ausführung
der Kontrolle (X) ermöglicht wird.
Bei dieser Darstellung ist davon ausgegangen,
daß es bei Aufstellung des Staatshaushalts ge-
lungen ist, die Gesamtheit der Ausgaben durch