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der Verfassung eigne Verwaltungen haben, nicht
beteiligt. Das Ubereinkommen zwischen Württem-
berg und dem Deutschen Reich vom Jahr 1901,
wonach vom 1. April 1902 an einheitliche Post-
wertzeichen für das Gebiet beider Verwaltungen
eingeführt wurden, ließ die verfassungsmäßige
Selbständigkeit Württembergs unberührt.
Das finanzielle Verhältnis der Bundesstaaten
zum Reich ergibt sich aus der Höhe der üÜber-
weisungen einerseits, derjenigen der Matrikular=
beiträge anderseits und ist für die Einzelstaaten
um so günstiger, je mehr die Matrikularbeiträge
durch die Überweisungen überstiegen werden. Dies
ist aber zurzeit in das Umgekehrte übergegangen,
indem die Überweisungen niedriger geworden sind
als die Matrikularbeiträge. Nimmt man hinzu,
daß noch in einigen andern, unbedeutenderen
Positionen Verrechnungen stattfinden müssen, so
erklärt es sich, daß es einer sehr umstänvlichen
Berechnung bedarf, um die Beteiligung der ein-
zelnen Staaten an den Einnahmen und Ausgaben
des Reichshaushaltsetats und demgemäß an den
Matrikularbeiträgen festzustellen, durch welche der
Minderbetrag der Einnahmen gegenüber den Aus-
gaben zu decken ist. Nach Berücksichtigung der
vorstehend der Hauptsache nach angegebenen Ver-
schiedenheiten wird die Höhe der Matrikular-
beiträge schließlich nach der Kopfzahl der orts-
anwesenden Bevölkerung in Gemäßheit des Ergeb-
nisses der letzten Volkszählung berechnet. (Näheres
s. d. Art. Reichsfinanzwesen.)
An die Darstellung des Reichshaushaltsetats
möge nun diejenige des preußischen Etats
angereiht werden. In diesem stehen die Ein-
nahmen zuerst, die Ausgaben folgen, umgekehrt
wie im Reichshaushaltsetat. Der preußische Etat
ist ein Bruttoetat. Deshalb erscheint der Spe-
zialetat der Eisenbahnen unter den Einnahmen
mit allen Einnahmekapiteln und -titeln und dann
unter den Ausgabekapiteln und -titeln mit den
gesamten Ausgaben. Die Gesamtsummen der Aus-
gaben eines Bruttoetats enthalten Zahlen von
ganz verschiedenartiger Bedeutung: Eisenbahn-
betriebskosten, welche nötig sind, um gewerbliche
Tberschüsse zu erzielen, neben Beamtenbesoldungen
für die Landesverwaltung; in den Einnahmen
Steuerbeträge, von denen nur die Erhebungs-
kosten in Abzug zu bringen sind, um die reine
Einnahme zu finden, und Betriebseinnahmen,
von welchen der größere Teil wieder durch die
Betriebskosten aufgezehrt wird. Der Nettoetat
gibt die Zahlen in ihrer Bedeutung für die all-
gemeine Finanzwirtschaft einfacher und übersicht-
licher. Der Bruttoetat bringt dagegen wieder
den Grundsatz klarer zum Ausdruck, daß alle Ein-
nahmen des Staats ohne vorherigen Abzug der
Ausgaben nachgewiesen werden müssen, daß auch
alle Ausgaben im zu veröffentlichenden Hauptetat
ersichtlich gemacht werden: nicht ohne Bedeutung
für Bewilligungsrecht und Kontrolle. Tatsächlich
werden indessen auch da, wo Nettobudgets sind,
Staatshaushalt.
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die Ausgaben im einzelnen in Anlagen zu den
Etats nachgewiesen und zur Grundlage von Be-
willigung und Rechnungskontrolle gemacht.
Die Einnahmen des preußischen Etats sind in
drei Gruppen geteilt. A. Einzelne Einnahme-
zweige, nämlich I. Ministerium für Landwirt-
schaft usw.: Domänen, Forsten und Erlös aus
Ablösungen von Gefällen und aus Grundstück-
verkäufen. Hierbei ist zu bemerken, daß von den
Einkünften aus Domänen und Forsten vorweg in
Abzug gebracht ist die dem Kronfideikommißfonds
durch Gesetz vom 17. Jan. 1840 auf dieselben
angewiesene Rente, welche also nicht als Staats-
ausgabe im Etat Aufnahme findet; wohl aber ist
dies der Fall für die späteren Erhöhungen, welche
als Zuschuß zu dieser Rente bei den Ausgaben
nachgewiesen werden. II. Finanzministerium:
direkte Steuern, indirekte Steuern, Lotterie, See-
handlung (Nettoetat), Münzverwaltung. III. Mi-
nisterium für Handel und Gewerbe mit den Ein-
nahmen aus Bergwerken, Hütten- und Salinen-
wesen. IV. Ministerium für öffentliche Arbeiten
mit den Einnahmen des Eisenbahnbetriebs. B. Do-
tationen und allgemeine Finanzverwaltung, bei
ersteren Einnahmen nebensächlicher Art, bei letzterer
als Hauptposten die Einnahmen aus dem Reich.
C. Staatsverwaltungseinnahmen, an welchen zehn
Ressorts beteiligt sind; die Hauptposten finden sich
im Justizministerium, nämlich die Gerichtskosten,
und beim Ministerium des Innern die Einnahmen
aus den Beträgen, welche die Kommunen für die
Polizeiverwaltung zu leisten haben.
Dieselbe Gruppeneinteilung A., B, C findet sich
auch bei den dauernden Ausgaben: bei allen Be-
trieben die entsprechenden Betriebskosten, beim
Finanzministerium unter Gruppe A die Kosten
für die Steuererhebung, unter Gruppe C die
Kosten für Oberpräsidenten, Regierungspräsi-
denten, Pensionen für Zivilbeamte und anderes,
sodann der Dispositionsfonds zu Gnadenbewil-
ligungen aller Art. Bei Gruppe B sind unter
„Dotationen“ enthalten der vorerwähnte Zuschuß
zur Rente des Kronfideikommißfonds, ferner als
bedeutendstes Ausgabekapitel die Kosten für die
öffentliche Schuldverzinsung, Tilgung, auch außer-
ordentliche Tilgungen. Unter „Allgemeine Finanz-
verwaltung“ finden sich die Ausgaben für das
Reich (Matrikularbeiträge), ferner ein Titel von
Bedeutung zur Gewährung von Provinzialfonds
für Zwecke der Selbstverwaltung. Die Gruppe C
enthält die Staatsverwaltungsausgaben im engeren
Sinn bei den verschiedenen Ressorts. Zu erwähnen
sind: die Bauverwaltung beim Ministerium der
öffentlichen Arbeiten, die Kosten der Gerichte beim
Justizministerium, der Polizeiverwaltung bei dem
Ministerium des Innern und die großen, steigen-
den Ausgabetitel für das Unterrichtswesen bei dem
Ministerium der geistlichen, Unterrichts= und
Medizinalangelegenheiten. Auch das Kriegsmini-
sterium ist beteiligt durch die Verwaltung des
Zeughauses (Ruhmeshalle) in Berlin, das Mini-