Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

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wenig kann er es indirekt tun durch Verweigerung 
der zu ihrer Durchführung erforderlichen Aus- 
gaben.“ Manhat demnach zu unterscheiden zwischen 
solchen Ausgaben, welche zur Durchführung der 
Gesetze notwendig sind, und solchen, welche 
dazu nicht erforderlich sind. 
Die praktische Durchführung dieses Satzes hat 
ihre Schwierigkeiten. Zinsen von Anleihen u. dgl. 
sind unbedingt der ersteren Art zuzuschreiben, 
Unterstützung einer Entdeckungsreise und vieles 
andere ebenso zweifellos der zweiten; dazwischen 
aber ist ein großes Vermittlungsgebiet, auf welchem 
die Zuteilung schwierig ist. Über die Art und 
Weise der Durchführung z. B. einer Behörden- 
organisation, deren Notwendigkeit an sich un- 
bestritten ist, deren gesetzliche Grundlagen vor- 
handen sind, kann man verschiedener Ansicht sein, 
somit auch über den Umfang der nötigen Mittel. 
Es hilft da auch nicht die Unterscheidung in not- 
wendige und nur nützliche Ausgaben, weil man 
über diesen Charakter im Zweifel sein kann. La- 
band sucht die Lösung in der bindenden Kraft 
der Landtagsbeschlüsse. Vom einseitig politischen 
Gesichtspunkt aus soll der Landtag der jeweiligen 
Volksstimmung Ausdruck geben, kein Landtag ist 
daher gebunden durch Beschlüsse des Landtags 
früherer Jahre. Faßt man aber, nach Laband, 
die staatsrechtliche Seite mit ins Auge, so wird 
man, dessen Ansicht zufolge, zu dem Grundsatz 
gelangen, daß die einmal zustande gekommene 
Einigung zwischen Regierung und Landtag nicht 
durch einseitigen Dissens, sondern nur durch ander- 
weite Willenseinigung wieder aufgehoben werden 
kann. So wird auch jeder Etat zwar immer nur 
für ein Jahr erlassen, seine finanzielle Bedeutung 
und Funktion ist auf das betreffende Etatsjahr 
beschränkt; materiell aber erstrecken sich zahlreiche 
Maßregeln und Einrichtungen auf längere Zeit- 
räume und erscheinen nur stückweis in den Budgets 
mehrerer Jahre. Es heißt nicht in der Verfassung 
„für jedes Jahr bewilligt“, sondern „für jedes 
Jahr veranschlagt“. Man muß unterscheiden zwi- 
schen den einzelnen Positionen und der Zusammen- 
stellung zum Etat. Dieser im ganzen, als Finanz- 
plan, ist nur für einen bestimmten Zeitabschnitt 
gültig, von den einzelnen Positionen ist aber ein 
Teil von dauerndem Charakter (z. B. Kosten für 
Gerichtshöfe und andere Behörden), ein anderer 
erscheint von unbestimmter Dauer (z. B. Kosten 
für Katastrierung und Landesvermessung), ein 
anderer wird zwar jährlich bewilligt, der Zweck 
erreicht aber seinen Abschluß nicht in dem einen 
Jahr (große Bauten). In allen diesen Fällen 
müsse, sagt Laband, eine Kontinuität anerkannt 
werden, welche nicht einseitig durchbrochen werden 
dürfe. Manche Ausgaben sind nur einmalige, die 
Befriedigung des Bedürfnisses wird in dem einen 
Jahr erreicht: hier besteht freie Verfügung des 
Landtags. Indem man nun die einzelnen Posi- 
tionen nach diesen Gesichtspunkten prüft, kommt 
man, nach Laband, zu dem Schluß, daß der Etat 
Staatshaushalt. 
  
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des nächstvergangenen Jahrs gewissermaßen als 
Normaletat behandelt wird, indem man den 
Grundsatz festhält, „daß die Bewilligung einer 
Ausgabe, welche ihrer Natur nach eine dauernde 
ist und von Regierung und Landtag als solche 
gemeint war, als sie zuerst erfolgte, von einem 
späteren Landtag nicht einseitig ohne zwingenden 
Grund widerrufen werden kann“. · 
Von besonderer Bedeutung ist nun die Beant- 
wortung der Frage, welche staatsrechtlichen Folgen 
das Nichtzustandekommen des Budgets hat. 
Die preußische Verfassung hat keine Vorschrift für 
diesen Fall, welcher nicht nur möglich, sondern 
auch tatsächlich schon eingetreten ist. Laband ver- 
tritt die Ansicht, daß hier die Verfassung eine 
Lücke enthält. Eine Lücke in der Verfassungs- 
urkunde dürfe aber nicht verwechselt werden mit 
einer Lücke in der Staatsverfassung, in der Rechts- 
ordnung; die Lücke in der Verfassungsurkunde 
muß ausgefüllt werden aus den allgemeinen Rechts- 
prinzipien. Von seiner oben kurz wiedergegebenen 
Anschauung über das Wesen des Budgets kommt 
Laband zu dem Ergebnis, daß das Nichtzustande- 
kommen des Etatsgesetzes keineswegs einen Arrest 
auf alle Staatsgelder legte. Das Ministerium 
bleibt jedoch für alle einzelnen Ausgaben verant- 
wortlich, es muß dem Landtag den Nachweis 
führen, „daß sie an sich und in der bestimmten 
Höhe durch Gesetze oder das Staatswohl erfordert 
worden sind“. Es tritt für die Regierung eine 
ähnliche Rechtslage ein, wie bei Etatsüberschrei- 
tungen und außeretatmäßigen Ausgaben. Es 
wird, nach Laband, dem Ministerialbeschluß vom 
16. Dez. 1850 beigetreten, nach welchem ange- 
nommen wurde: 1) Diejenigen Ausgaben, welche 
aus dem letzten durch Gesetz festgestellten Staats- 
haushaltsetat unverändert in den neuen Etats- 
entwurf übergegangen sind, können ohne besondern 
Nachweis ihrer Notwendigkeit sofort zahlbar ge- 
macht werden. 2) Alle übrigen ... Ausgaben ... 
dürfen nur dann angewiesen werden, wenn ent- 
weder eine rechtliche Verpflichtung zur Zahlung 
besteht oder die Ausgabe nach dem Ermessen des 
Verwaltungschefs ohne Gefahr für den geregelten 
Gang der Verwaltung oder für andere wichtige 
Staatsinteressen nicht ausgesetzt werden kann. Die 
ganze Darstellung schließt mit den oben angeführ- 
ten Worten des Ministerpräsidenten v. Bismarck, 
welche als zutreffend erklärt werden. 
Daß die Volksvertretung in ihrer Mehrheit zu 
keiner Zeit den Anschauungen beigetreten ist, welche 
vorstehend mitgeteilt sind, geht aus der kurzen 
Darstellung des Konflikls hervor und findet seine 
Bestätigung in der weiteren Geschichte des Par- 
laments. Indessen auch in der Literatur haben 
dieselben Widerspruch gefunden. Es wird zweck- 
entsprechend sein, hier die Ausführungen Rönnes 
kurz anzuführen. Art. 99 der Verfassung „gesteht 
der Volksvertretung ein uneingeschränktes Recht 
der Teilnahme an der Feftstellung des jährlichen 
Staatshaushalts zu“. Das Staatshaushaltsgesetz
	        
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