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tung des Unterrichtswesens. Es muß Fürsorge
getroffen werden, daß an jeder Stelle rechtzeitig
die für die Ausgaben erforderlichen Summen zur
Verfügung stehen, daß nicht anderseits Uberschuß-
beträge müßig sich an anderer Stelle ansammeln.
Zu diesem Zweck ist eine Zentralisation des Kassen-
wesens wohl in allen Staaten durchgeführt. Die
Kassen der einzelnen Verwaltungen und Betriebe,
die Kassen der einzelnen Bezirke (Regierungs-
bezirke, Kreise usw.) stehen teils unmittelbar mit
der Zentralkasse des Staats in regelmäßiger Ver-
bindung durch Übersendung von Kassenabschlüssen,
Bestandsnachweisungen, teils stehen sie unter
größeren sog. Hauptkassen, und erst diese vermitteln
die Beziehung zur Zentralstelle. In Preußen
z. B. ist eine Generalstaatskasse; direkt mit ihr
stehen in Beziehung die Generalkassen einzelner
Zweige (General-Militärkasse, Staatsschulden-
tilgungskasse usw.), ferner die Regierungshaupt-
kassen, unter denen wiederum die Kreiskassen
stehen. Die Kassenverwaltung sucht ihre Sicher-
heit in genau vorgeschriebenem, mannigfacher Re-
vision unterworfenem Geschäftsgang, durch stetes
Zusammenwirken mehrerer Beamten bei einer
Kasse, so daß keiner ohne mindestens einen zweiten
die Bestände in Gewahrsam hat, durch persönliche
Haftbarmachung der Beamten, was durch Hinter-
legung von Kautionen sicher zu stellen ist, und
endlich durch Unterbringung der Gelder in äußer-
lich möglichst gegen Entwendungen geschützten Be-
hältnissen und Räumen.
X. Kontrolle der Einnahmen und Aus-
gaben. Von ganz besonderer Bedeutung sind die
Kontrollen auf dem Gebiet des Finanzwesens.
Kein Staatswesen kann derselben entbehren, ohne
Rücksicht darauf, ob die Verfassung eine monarchi-
sche oder republikanische, absolute oder konstitutio-
nelle ist. Bei allen konstitutionellen Verfassungen
aber tritt zu den eben erwähnten Kontrollen noch
die parlamentarische Kontrolle als wichtiger Fak-
tor hinzu, welche sowohl im Umfang der Ver-
waltung überhaupt, ganz besonders indessen bei
der Finanzverwaltung von Bedeutung ist, wäh-
rend die Rechtskontrolle, der Rechtsschutz, in die
Hände der Justizverwaltung gelegt ist und dort
durch unabhängige Gerichte geübt werden soll, da-
durch also der Kontrolle einer politischen Körper-
schaft entzogen erscheint.
Unter dem Einfluß der Erfahrungen, welche
das Verfassungsleben in England gebracht hat,
haben auch die Verfassungen der deutschen Staaten
den Landesvertretungen eine kontrollierende Mit-
wirkung eingeräumt. Während die vollziehende
Gewalt, das Verordnungsrecht zur Ausführung
der Gesetze, nur Recht der Krone ist, keine Volks-
vertretung aber das Recht hat, unmittelbar in
einzelne Verwaltungsakte der Staatsregierung
einzugreifen, so folgt doch aus den verfassungs-
mäßigen Befugnissen, daß die Parlamente in Be-
zug auf alle Zweige der Verwaltung einen
kontrollierenden Einfluß auszuüben in der Lage
Staatshaushalt.
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sind, wenn ihnen auch keine Machtmittel zur Seite
stehen, ihre Anschauungen unmittelbar zur Gel-
tung zu bringen. Nehmen wir als Beispiel die
preußische Verfassung. Die Behandlung der Peti-
tionen, welche überhaupt nur dann zur Verhand-
lung als geeignet erachtet werden, wenn alle
zuständigen staatlichen Instanzen ihre Verwal-
tungskontrolle ausgeübt haben, ohne daß die
Petenten ihr Recht anerkannt finden, die Inter-
pellationen, welche ohne jede Ausnahme sich auf
alle Zweige der Verwaltung erstrecken können,
das Recht der Kammern, Adressen an den König
zu richten (8 81), in welchen sie unzweifelhaft
auch das Recht haben, Beschwerden über die Aus-
übung der Regierungsrechte vorzutragen, die ganz
allgemein gehaltene Befugnis, Kommissionen zur
Untersuchung von Tatsachen zu ihrer Infor-
mation zu ernennen (§ 82), — alle diese Rechte
gewähren einen gewissen Einfluß auch auf die
eigentliche Verwaltung, welchem sich unter nor-
malen Verhältnissen bei aller prinzipiellen Auf-
rechterhaltung der ausschließlichen exekutiven Ge-
walt keine Regierung wird ganz entziehen können.
Weit bedeutsamer und unmittelbar eingreifend ist
indessen Mitwirkung und Kontrolle gegenüber der
Finanzverwaltung.
Faktoren der Gesetzgebung, welche einen ent-
scheidenden Einfluß auf die Bildung des Staats-
haushalts nach Einnahmen und Ausgaben aus-
üben, müssen auch beteiligt sein bei der Aufsicht
darüber, ob die Finanzverwaltung dem Gesetz ge-
mäß vorgegangen ist. Die sachgemäße Grundlage
für das Parlament bildet der Abschluß der Rech-
nungslegung an die berufene oberste Kontroll-
behörde des Staats und deren Revision.
Für das Deutsche Reich besteht der „Rech-
nungshof des Deutschen Reichs"“ nicht als eine
selbständige Behörde, sondern es wurde die preu-
ßische Oberrechnungskammer unter der erwähnten
Bezeichmung zunächst für den Norddeutschen Bund
und später für das Deutsche Reich als oberste
Revisionsbehörde in der Art herangezogen, daß
eine Vermehrung der Mitglieder durch Einrich-
tung einer besondern Abteilung, deren Berufung
durch das Reich erfolgt, eingetreten ist. Für die
Revision durch den Rechnungshof findet das Ge-
setz für die preußische Oberrechnungskammer vom
27. März 1872 (Preuß. Gesetzsammlung 278)
Anwendung, wie dies zuletzt durch Reichsgesetz
vom 8. Febr. 1886 (Reichsgesetzbuch 27) festge-
gesetzt ist.
Die Einrichtungen und Befugnisse der preu-
ßbischen Oberrechnungskammer beruhten
auf einer königlichen Instruktion vom 18. Dez.
1824, während ihr Ursprung auf die 1717 durch
Friedrich Wilhelm I. gebildete General-Rech-
nungskammer zurückzuführen ist. Das Hinzutreten
der parlamentarischen Kontrolle machte weitere ge-
setzliche Bestimmungen notwendig. Art. 104 der
preußischen Verfassungsurkunde vom 31. Jan.
1850 bestimmte demgemäß, daß durch ein beson-