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geordneten, in den „Verhandlungen des preuß. Ab-
geordnetenhauses“ II (1866), Drucksache Nr 20
(eine sehr wertvolle, kritische Zusammenstellung der
in der Konfliktszeit hervorgetretenen Anschauungen);
Laband, Das Budgetrecht nach den Bestimmungen
der preußischen Verfassungsurkunde unter Be-
rücksichtigung der Verfassung des Norddeutschen
Bunds (1871); Schwarz u. Strutz, Der S. u.
die Finanzen Preußens (3 Bde, 1900/04); Gneist,
Budget und Gesetz nach dem konstitutionellen
Staatsrecht Englands (1866); derf., Gesetz u.
Budget (1879); Fricker, Natur der Steuerbewil-
ligung u. des Finanzgesetzes, in Zeitschrift für die
gesamte Staatswissenschaft, Jahrg. 1861; ders.,
Gesetz u. Budget, in ders. Zeitschrift (1894); Schäffle,
Theorie der Deckung des Staatsbedarfs, in ders.
Zeitschrift, Jahrg. 1883/84; Ulbrich, Österreich.
Staatsrecht (1909); Art. „S.“ im österr. Staats-
wörterbuch von Mischler u. Ulbrich IV (21909);
Ferd. Schmid, Studien über die Reform des österr.
Finanzverwaltungsverfahrens (1908); Mandello,
Geschichte des ungar. S.s 1867/93 (1895); Gneist,
Das engl. Verfassungs= u. Verwaltungsrecht (2 Bde,
31883,84); Hatschek, Engl. Staatsrecht (1905);
Redlich, Recht u. Technik des engl. Parlamentaris=
mus (1905; bes. S. 663 ff); Leroy-Beaulieu, Traité
de la science des finances (/1899; reichhaltiges
Material über verschiedene Staaten, bes. über Frank-
reich); Stourm, Le budget, son bistoire et son
mécanisme (Par. 51906); G. Leneveu, Histoire
de la spécialité budgétaire en France (ebd. 1906);
H. Matton, Précis de droit budgétaire belge
(Brüssel 1908); Mase-Dari, Sul bilancio dello
stato (Turin 1899); G. Rossi, II bilancio finan-
ziario (Rom 1901); Agger, The Budget in the
American Common-wealth (1907); E. Loubet,
La politique budgétaire en Europe; Ses ten-
dances actuelles; Allemagne, France. Grande
Bretagne, Empire ottoman, Russie (Par. 1910):
Schmoller, Skizze einer Finanzgeschichte von Frank-
Staatskirchentum.
reich, Osterreich, England u. Preußen (1909);
O. Schwarz, Die Finanzsysteme der Großmächte
(2 Bdchen, 1909, Sammlung Göschen). — Aus-
führl. Besprechungen über den S. der verschiedenen
Staaten erscheinen fast in jedem Band des Schanz-
schen „Finanzarchivs“.
[v. Huene, rev. R. Müller-Fulda.])
Staatskirchentum. (Begriff des Staats-
kirchentums; Geschichte des Staatskirchentums;
Grundsätzliches für die Gegenwart.)
I. Begriff des Staatskirchentums. Von
Staatskirchentum ist überall da die Rede, wo im
Zusammenhang mit einer gewissen privilegierten
Stellung der Kirche die Staatsgewalt weitgehende
Befugnisse auf kirchlichem Gebiet beansprucht und
ausübt. Die extremste Form ist die, bei der die
Kirche einfach als Staatsanstalt erscheint und von
Organen geleitet wird, die ihre Autorisierung,
wenn nicht grundsätzlich, so doch faktisch, vom
Staat empfangen. In letzter Konsequenz bedeutet
diese Form des Staatskirchentums die Negation
jeder Eigenberechtigung und jedes Eigenberufs
der Kirche.
Von diesem extremen und grundsätzlichen Staats-
kürchentum sind zu unterscheiden einzelne staats-
kirchliche Elemente und Beziehungen, die in jeder
1500
irgendwie gearteten Verbindung von Staat und
Kirche sich ergeben und die nach Umfang, nach
der Art der sachlichen und theoretischen Begrün-
dung sowie nach ihrer Tragweite für die Freiheit
und Selbständigkeit der Kirche die größten Ver-
schiedenheiten und Gegensätze aufweisen. Von einer
einheitlichen Charakteristik dieser staatskirchlichen
Beziehungen kann nicht die Rede sein. Doch
werden sie gewöhnlich mit dem Ausdruck „Staats-
kirchentum“ belegt, wenn und soweit damit eine
gewisse Bevormundung der Kirche oder doch
eine Beschränkung ihrer Selbständigkeit bezeichnet
werden soll. Eine bestimmte geschichtliche Form
staatskirchlicher Bildungen pflegt man wohl auch
katholischerseits als Landeskirchentum zu be-
zeichnen, nämlich jene staatskirchlichen Beziehungen,
die sich seit Ausgang des Mittelalters in manchen
deutschen Territorien oder Ländern im Zusammen-
hang mit der Ausbildung der Landeshoheit ent-
wickelt hatten. Für die Gegenwart aber und ge-
wöhnlich beschränkt sich der Ausdruck Landeskirche
auf protestantisch-kirchliche Bildungen; man be-
greift darunter die in sich selbständige und nach
außen abgeschlossene protestantische Kirche eines
Landes (Staats), deren Verfassung nach prote-
stantischem Kirchenrecht der weltlichen Gewalt
untersteht.
Begrifflich verschieden vom Staatskirchentum ist
das Nationalkirchentum, wenn es auch ge-
schichtlich fast immer vereint mit ersterem auf-
getreten ist. Man redet von Nationalkirche, wo
ein besonderes rechtliches Band sowie rechtliche
Eigentümlichkeiten die Kirche einer Nation oder
eines national geeinten Staats umschließen. Da-
bei kann es sich der Idee nach ebenso um reine
Verwaltungsorganisati im Rahmen der Uni-
versalkirche wie um förmliche Absplitterungen von
der kirchlichen Verfässung und Einheit handeln.
Geschichtlich sind nationalkirchliche Bestrebungen
öfters aufgetreten mit der Tendenz, wirklich oder
vermeintlich berechtigte Eigenarten einer Kirche zu
erhalten im Gegensatz zu einer als zu weitgehend
empfundenen Uniformierung oder Zentralisierung.
(Vgal. Werminghoff, Nationalkirchliche Bestre-
bungen im deutschen Mittelalter, in Kirchenrecht-
liche Abhandlungen, hrsg. von U. Stutz, 61. Hft
L19101. — Das französische Nationalkirchentum
Gallikanismus] s. unten Sp. 1505.)
II. Geschichte des Staatskirchentums. Die
Entwicklung staatskirchlicher Verhältnisse beginnt
mit der Anerkennung und Privilegierung der Kirche
durch Konstantin und seine Söhne. Im Bau voll-
endet erscheint die römische Staatskirche durch
Theodosius (380). Die Kirche wird Werkzeug
und gleichzeitig Teilhaberin staatlicher Gewalten.
Die Weiterentwicklung führt nach der Teilung des
Reichs zu einem Gegensatz der staatskirchlichen
Verhältnisse im Osten und Westen. Im Ostreich
vor allem kommt es zu einer Einmischung selbst
in die innersten Lebensfragen der Kirche und der
Religion („Byzantinismus“"). Vertreter des kirch-