Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

1509 
über die Katholiken im Großherzogtum Sachsen- 
Weimar-Eisenach, in Festgabe für H. v. Burkhard 
(1910); E. Eichmann, Das Strafrecht der öffentl. 
Religionsgesellschaften in Bayern, Hft 8 der Ver- 
öffentlichungen der Görresgesellschaft, Sektion für 
Rechts- u. Sozialwissenschaft (1910). — über die 
  
neueste Literatur vgl. Sägmüller, Lehrbuch des 
kath. Kirchenrechts (21909), sowie den Abschnitt 
„Staatskirchenrecht", jeweils in Jahrbuch des Ver- 
waltungsrechts, hrsg. von Stier-Somlo. Aus der 
neuesten geschichtlichen Literatur sei nachgetragen: 1 
R. Hiltebrandt, Preußen u. die römische Kurie 1 
(1910); das Werk ist bearbeitet im Auftrag des 
Königl. preuß. histor. Instituts u. gibt zum be- 
kannten Lehmannschen Werk: Preußen u. die kath. 
Kirche seit 1640 (9 Bde, 1878/1902), eine Ergän- 
zung aus den Vatikanischen Archiven. 
(Adolf Ot.] 
Staatskunst s. Staatswissenschaften. 
Staatslehre s. Art. Staat, Staatswissen- 
schaften. 
Staatslexikon s. Staatswissenschaften. 
Staatsministerium. lBegriff; Bezeich- 
nung; Geschichtliche Entwicklung in den europäi- 
schen Staaten; Stellung und Bedeutung in mon- 
archischen Staaten und Republiken; Ernennung 
und Entlassung der Minister; Stellung der Mi- 
nisterpräsidenten; Geschäfte und Geschäftsgang; 
Ministerverantwortlichkeit und Ministeranklage; 
Kläger, Gerichtshof, Verfahren und Urteil bei Mi- 
nisteranklagen; Folgen des Schuldigspruchs.) 
I. Begriff und Bezeichnung. Staatsmini- 
sterium ist das Kollegium der Minister (bzw. 
Staatsminister), d. i. derjenigen Beamten des 
Staats, welche vom Staatsoberhaupt mit der ober- 
sten Leitung der Staatsverwaltung im ganzen und 
der einzelnen Verwaltungszweige beauftragt oder 
zur ständigen Teilnahme an den Beratungen des 
Kollegiums berufen sind. Die Einrichtung eines 
solchen Kollegiums findet sich in fast allen Kultur- 
staaten, welche einen derartigen Umfang haben, daß 
die oberste Verwaltung der Staatsangelegenheiten 
durch einen einzigen Staatsbeamten nicht aus- 
führbar ist. Sie fehlt da, wo, wie z. B. in der 
Schweiz, die Leiter der einzelnen Verwaltungs- 
zweige in ihrer Gesamtheit die Inhaber der obersten 
Regierungsgewalt sind. Sie fehlt auch da, wo 
das Staatsoberhaupt die Leitung der ganzen 
Staatsverwaltung in seiner Person vereinigt und 
einen oder einzelne Untertanen als Mittelspersonen 
oder Gehilfen mit der Führung einzelner Ge- 
schäftszweige betraut hat. Endlich fehlt sie auch 
im Deutschen Reich, wo ein Ministerkollegium 
nach der gegenwärtigen Reichsverfassung bei der 
Eigentümlichkeit des Deutschen Reichs als eines 
Bundesstaats ohne Gefährdung der den Einzel- 
staaten zustehenden Rechte, insbesondere ohne Ein- 
schränkung der verfassungsmäßigen Befugnisse des 
Bundesrats keinen Platz hat. Abgesehen hiervon 
finden und fanden wir diese Einrichtung nicht nur 
in konstitutionellen, sondern auch in absoluten 
Monarchien und in Republiken; ihre Zweckmäßig- 
keit, ja NRotwendigkeit ist unabhängig von der Art 
  
  
  
Staatskunst — Staatsministerium. 
1510 
der Staatsform. Die Bezeichnung „Staats- 
ministerium“ hat dieses Kollegium im Gegensatz 
zu „Ministerium“ schlechtweg, welches unter Bei- 
fügung der das Ressort des einzelnen Ministers 
bezeichnenden Worte die unter der unmittelbaren 
Leitung des betreffenden Ministers stehende Be- 
hörde, das Kollegium der ihm als Ratgeber und 
Gehilfen dienenden Personen (Ministerialräte, vor- 
tragende Räte, Sektionsräte, Ministerialdirektoren, 
Unterstaatssekretäre usw.) bezeichnet. So in den 
meisten deutschen Staaten. Statt der Bezeichnung 
„Staatsministerium“ kommen vor auch die Be- 
zeichnungen „Gesamtministerium“ oder Gesamt- 
staatsministerium, wie in Bayern, wo die einzelnen 
Ministerien als Staatsministerien bezeichnet wer- 
den, „Staatsrat“ in Norwegen, „Kabinettsmini- 
sterium“ in England, „Kabinett" in Nordamerika. 
Diese Bezeichnung kennt zwar die Verfassung der 
Nordamerikanischen Union nicht, aber sie hat sich 
im Sprachgebrauch völlig eingebürgert. Die Ver- 
fassung spricht von „Exekutivdepartements“, deren 
Chefs sie aber nicht als Minister, sondern als 
„Sekretäre“ bezeichnet. Die Verfassung kennt auch 
kein Kollegium dieser Sekretäre, also auch keinen 
Ministerrat (vgl. hierzu unten Abschnitt III). 
Die Mitglieder des Staatsministeriums sind 
entweder Fachminister (Minister mit Porte- 
feuille, Ressortminister) oder bloße Staatsminister 
(Minister ohne Portefeuille, bisweilen Staats- 
räte genannt). Letztere haben Sitz und Stimme 
im Kollegium und stehen dem Monarchen und 
der Volksvertretung gegenüber den übrigen Mini- 
stern gleich; dagegen haben sie mit der Leitung 
bestimmter Verwaltungszweige nichts zu tun; 
diesen stehen vielmehr die einzelnen Fachminister 
vor. Solche Verwaltungszweige (Ressorts) sind: 
die Finanzen, die Justiz, das Innere (Polizei, 
die zum innern Staatsrecht gerechneten Angelegen- 
heiten), der Kultus, das Unterrichtswesen, das 
Militärwesen, die Marine, die auswärtigen An- 
gelegenheiten, die landwirtschaftlichen Angelegen- 
heiten, Domänen und Forsten, Handel und Ge- 
werbe, öffentliche Arbeiten, Eisenbahnen, Post- 
wesen u. a. m. (vgl. hierzu unten Sp. 1516ff; die 
Darstellung der Entwicklung der Ministerien in 
den einzelnen Staaten). Je nach dem Umfang 
des Staats und der in den einzelnen Ressorts vor- 
kommenden Geschäfte stehen denselben je besondere 
Minister vor, oder es sind mehrere, besonders 
miteinander verwandte Ressorts in der Hand eines 
Ministers vereinigt. Hierüber zu entscheiden, ist 
in den vom monarchischen Prinzip be- 
herrschten Staaten Sache des Monarchen; nur 
insoweit ist derselbe beschränkt, als die Zahl der 
Minister von der Bewilligung der den Ministern 
zustehenden Gehälter durch die Volksvertretung 
abhängig ist. In den parlamentarisch re- 
gierten Staaten wird zwar formell durch königliche 
Verordnung die Zahl und Organisation der Mi- 
nisterien festgesetzt, aber das Parlament hat doch 
gewöhnlich auch hier ausschlaggebende Bedeutung. 
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