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der Person des Erfinders ohne dessen Einwilligung,
so wenig wie das Urheberrecht in der Person des
Urhebers, Gegenstand der Zwangsvollstreckung
sein kann. Zu einem solchen vollkommenen Ver-
mögensrecht entfaltet sich das Erfinderrecht erst,
wenn es zum Patentrecht wird. Das Erfinderrecht
gewährt den Anspruch auf Erteilung des Patent-
rechts nach Maßgabe der Patentgesetzgebung. Die
Patentgesetzgebung ist der Inbegriff der Normen
über die Voraussetzungen, unter denen, und das
Verfahren, in welchem für eine Erfindung eine
Patentberechtigung (Patentrecht im subjektiven
Sinny) erteilt wird, bestehen kann und beendigt
wird (formelles Patentrecht), sowie über den In-
halt, Umfang und Schutz des Rechts (materielles
Patentrecht). Der Anspruch auf Erteilung des
Patentrechts ist öffentlich-rechtlicher Natur, der
nicht im ordentlichen Rechtsweg durchgesetzt werden
kann; das berechtigt aber nicht, dem erteilten
Patentrecht die Eigenschaft eines privaten Rechts
zu bestreiten.
3. Den Rechtsordnungen des Altertums und
des Mittelalters war ein besonderer Schutz des
Erfinderrechts unbekannt. Im früheren Mittelalter
mag das ausgebildete Zunftwesen mit seinen aus-
schließlichen Gewerbeberechtigungen das Bedürfnis
nach einem solchen nicht haben hervortreten lassen,
auch ausreichende Deckung gegen etwaigen schädi-
genden Mißbrauch einer Erfindung durch unbe-
sugte Dritte geboten haben. In späterer Zeit jedoch,
namentlich seit dem 15. und 16. Jahrh., wurden
vielfach den Erfindern Privilegien erteilt, durch
welche ihnen ein zeitlich begrenztes Recht auf aus-
schließliche Verwertung ihrer Erfindung verliehen
wurde. Diese Privilegien unterscheiden sich aber
in nichts von andern Gewerbeprivilegien, den
Zwangs= und Bannrechten, die für allgemeine
Verdienste um eine Industrie, etwa durch deren
Neueinführung u. dgl., gegeben wurden. Vor
allem war ihre Erteilung ein Gnadenakt, auf
den der Erfinder keinen Anspruch hatte, der wohl
aus Billigkeitsrücksichten zugestanden wurde, mit
dem aber auch wie mit den übrigen Privilegien
und Monopolen zu finanziellen und andern Zwecken
Mißbrauch getrieben werden konnte und auch ge-
trieben wurde. Besonders galt in England von
alters her die Gewährung von Monopolen nach
gemeinem Recht als ein Recht der Krone. Die
Gewährung geschah in der Form von „offenen“,
mit dem großen Siegel versehenen Urkunden,
literae „patentes“, woher der Name „Patent"“
stammt. Da sie an Gegenleistungen geknüpft
werden konnte, so wurde sie zu einer reichlich
fließenden, der Kontrolle des Parlaments sich ent-
ziehenden Geldquelle, namentlich unter Elisabeth
(1558/1603). Hier führte denn auch die Reaktion
gegen einen solchen Mißbrauch zuerst zu einer
Reglung durch allgemeine Rechtsnorm, indem eine
Parlamentsakte von 1623 (unter Jakob I.,
1603/25) als Satz des gemeinen Rechts aus-
sprach, daß die Erteilung von Monopolen zum
Betrieb bekannter Gewerbe in Zukunft verboten
sei. Nur für neue Erfindungen sollten Monopole
an den ersten und wahren Erfinder verliehen
werden können. Einen festen Anspruch auf Ver-
leihung des Privilegs erhielt der Erfinder damit
allerdings immer noch nicht; die Praxis indessen
bildete immer mehr den Grundsatz aus, daß ein
Erfindungsprivileg, Patent, nur aus gerechter
Ursache versagt werden dürfe. Die Vereinigten
Staaten von Amerika nahmen das englische Recht
auf und sicherten verfassungsmäßig den Erfindern
ein zeitlich begrenztes Recht auf ausschließliche Be-
nutzung ihrer Erfindung zu; aber erst das franzö-
sische Gesetz vom 7. Jan. 1791 mit Ausführungs-
gesetz vom 25. Mai desselben Jahres bringt den
Grundgedanken des modernen Erfinderrechts voll-
ständig zur Geltung, indem jede Erfindung, deren
ausschließliches Nutzungsrecht zu den allgemeinen
Menschenrechten zählt, für das Eigentum des Er-
finders erklärt und damit der willkürlichen Be-
handlung entzogen wurde. Diesen Grundsatz
bringen dann in der Folgezeit nahezu sämtliche
kontinentale Staaten in Patentgesetzen zur Aus-
führung, die allerdings im übrigen in wesentlichen
Punkten voneinander abweichen.
Die Zweckmäßigkeit und selbst die Berechtigung
des Patentschutzes ist indessen nicht unangefochten
geblieben. Im Gegenteil entwickelte sich eine sehr
lebhafte Antipatentbewegung, die in den 60er
Jahren des vorigen Jahrhunderts in England,
Frankreich und Deutschland ihren Höhepunkt er-
reichte. In dem letzteren Land sprach sich nament-
lich der Kongreß deutscher Volkswirte wie auch
der größere Teil der preußischen Handelskammern
gegen den gesetzlichen Patentschutz als ein nicht zu
rechtfertigendes und den gewerblichen Fortschritt
hemmendes Monopol aus. Auch in den Verhand-
lungen des deutschen Reichstags fehlte es noch im
Anfang der 1870er Jahre nicht an gewichtigen
Stimmen, die ein positives Patentgesetz energisch
bekämpften. Namentlich herrschte auch in den
oberen Regierungskreisen des größten deutschen
Staates, Preußen, längere Zeit eine der Beibe-
haltung des Patentschutzes feindliche Strömung.
Ein Umschwung trat in den 1870er Jahren ein.
In den Vereinigten Staaten von Amerika wurde
im Jahr 1870 der Patentschutz durch ein neues
Gesetz geregelt und in weitestem Umfang aner-
kannt. Und in Großbritannien hatte eine sehr
umfassende Enquete über die einschlagenden Fragen
ein dem Patentschutz günstiges Ergebnis, und die
dortige Regierung legte zur Verbesserung des be-
stehenden Rechts die Hand an. Die dem Patent-
schutz günstige Meinung gewann endlich sehr an
Bedeutung, als auf Veranlassung der Regierung
Osterreichs bei Gelegenheit der Wiener Weltaus-
stellung 1873 ein internationaler Kongreß zur
Erörterung der Frage des Patentschutzes zusammen-
trat, welcher über die Fortbildung des Patentrechts
im Sinn einer Ausgleichung der nationalen Rechts-
bestimmungen beriet und eine Resolution faßte.