8 Staatsrat. 4
rung liegen. Die Minister sollten nur die aus-
führenden Organe des Staatsrats sein, in welchem
neben den Spitzen der höchsten Behörden die könig-
lichen Prinzen und besonders berufene Vertrauens-
männer Sitz und Stimme haben sollten. Indes
kam dieser Plan nicht zur Ausführung. Erst eine
königliche Verordnung vom 20. März 1817 hat
den Staatsrat ins Leben gerufen und ihm die
Gestalt gegeben, die er im wesentlichen noch heute
hat. Es gab drei Kategorien von Mitgliedern:
die königlichen Prinzen nach Erreichung des
18. Lebensjahres, Staatsdiener, welche kraft ihres
Amts Mitglieder sind (Feldmarschälle, Minister,
der Generalpostmeister, der Chefpräsident des
Obertribunals, der Präsident der Oberrechnungs-
kammer, der Geheime Kabinettsrat und der Chef
des Militärkabinetts; auch die Oberpräsidenten und
die kommandierenden Generale), ferner Staats-
diener und andere Männer, welche aus besonderem
königlichem Vertrauen berufen wurden; die Be-
ratungen fanden entweder im Plenum oder in
Abteilungen statt. Der Staatsrat war vor allem
begutachtendes Organ für die Gesetzgebung, er
war ferner zuständig für Kompetenzstreitigkeiten
der einzelnen Ministerien, für Beschwerden gegen
ministerielle Entscheidungen und durch Kabinetts-
order vom 30. Juni 1828 bei Kompetenzkon-
flikten, indem der König sich vorbehielt, auf das
Erachten des Staatsrats entweder selbst zu ent-
scheiden oder die Entscheidung dem obersten Ge-
richtshof aufzutragen. Der Staatsrat wurde im
Gefolge der Bewegungen von 1848/49 zunächst
stillschweigend als beseitigt angesehen, aber durch
Erlaß vom 12. Jan. 1852 reaktiviert und am
4. Juli 1854 wieder eröffnet. Um der Minister-
verantwortlichkeit einigermaßen Rechnung zu tre-
gen, wurde durch Kabinettsorder vom 21. Nov.
1854 bestimmt, daß der dienstliche Verkehr zwi-
schen König und Staatsrat durch das Staats-
ministerium zu geschehen habe. Seitdem ist der
Staatsrat nur noch selten zusammenberufen wor-
den, so 1856, dann 1884, wo der Kronprinz zum
Präsidenten und Bismarck zum Vizepräsidenten
des Staatsrats ernannt wurden. In den damals
abgehaltenen Sitzungen wurde über eine Reihe
von Gesetzentwürsen beraten. Infolge der Be-
stimmungen des deutschen Gerichtsverfassungs-
gesetzes von 1877 wurde durch Verordnung vom
1. Aug. 1879 betr. Kompetenzkonflikte zwischen
den Gerichten und den Verwaltungsbehörden die
Entscheidung in Kompetenzkonflilten dem Staats-
rat genommen und einem besondern Gerichtshof
übertragen. Trotzdem die Bedeutung des Staate-
rats nur gering ist, darf derselbe doch nicht als
aufgehoben angesehen werden.
Auch in Bayern war das höchste Kollegium,
in und mit welchem der Landesherr in Regic-
rungsangelegenheiten beriet, der Geheime Rai,
dessen wichtigste Persönlichkeit der geheime Ratt-
kanzler war. Das Jahr 1808 gestaltete den Ge-
heimen Rat um, indem er neben dem Ministerium
als der obersten vollziehenden Behörde nach französ-
schem Vorbild die oberste beratende Behörde
für alle wichtigeren Angelegenheiten wurde, da-
neben war er Oberster Gerichtshof für Kom-
betenzstreitigkeiten zwischen Justiz und Verwaltung.
Im Jahr 1817 wurde er in den Staatsrat
verwandelt. Seit dieser Zeit hat sich der Staats-
rat zwar erhalten, aber er verlor von seinen
beratenden und richterlichen Funktionen ein Stück
nach dem andern. Im Jahr 1878 wurde ihm
auch seine Funktion als oberste Instanz in Ver-
waltungsrechtssachen genommen. Durch Verord-
nung vom 3. Aug. 1879 wurde seine Organisa-
tion neu geregelt. Danach besteht der Staatsrat
aus dem volljährigen Kronprinzen, den Ministern
und besonders ernannten Staatsräten im ordent-
lichen Dienst, die an Zahl den Ministern min-
destens gleich kommen müssen. Außerordentliche
Mitglieder sind die andern volljährigen Prinzen
des königlichen Hauses; dann vom König beson-
ders berufene Personen. Der Staatsrat ist be-
ratendes Organ für Gesetzentwürfe, das Budget,
Wünsche und Anträge der Kammern, Beschwerde-
vorstellungen an den König gegen ministerielle
Handlungen. Der Staatsrat ist ferner zu hören
vor Verhängung des Belagerungszustandes. Als
entscheidende Stelle aber ist der Staatsrat zu-
ständig bei Verfassungsbeschwerden des Landtags,
bei Beschwerden der Staatsdiener gegen Diszi-
plinarstrafverfügungen der Ministerien, bei Be-
schwerden der Rechtsanwälte gegen ministerielle
Disziplinarstrasverfügungen in Verwaltungssachen.
iui Kursachsen wurden 1574 die vertrauten
Räte des Kurfürsten zu einem Kollegium ver-
einigt, dem „Geheimen Rat“, später „Geheimes
Konsilium“ genannt, seit 1817 wieder „Geheimer
Rat“, der zunächst als beratendes Organ des
Monarchen gedacht war, später aber die Ober-
aussicht über die Staatsverwaltung führte. Da-
neben entwickelte sich dann das „Geheime Ka-
binett“, aus dem dann das Staatsministerium
hervorging. Aus dem ehemaligen „Geheimen
Nat“ wurde durch die Verf.-Urk. von 1831, die
der Württembergischen Verf.-Urk. nachgebildet ist,
ein Staatsrat gemacht. § 41 der Verf.-Urk.
hat es dem König freigestellt, sich durch Erwei-
terung des Gesamtministeriums einen Staatsrat
zu bilden. Der Staatsrat ist eine ständige Ein-
richtung mit Etat. Nach der Verordnung vom
29. Mai 1855 setzt er sich zusammen aus sämt-
lichen Ministern, den vom König dazu bestimmten
volljährigen Prinzen des königlichen Hauses und
sonstigen vom König ernannten ordentlichen und
außerordentlichen Mitgliedern. Die Mitglied-
schaft ist kein Amt.
In Württemberg erhielt der „Geheime
Rat“ 1660 eine Organisation. Neben seiner be-
ratenden Tätigkeit vereinigte er alle Funktionen
des späteren Staatsministeriums, das ihn 1806
ersetzte. Doch wurde er durch die Verfassung von
1819 wieder hergestellt als oberste beratende Be-