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hörde unter dem König. In Verwaltungsrechts= rat auf, so 1811 und 1817 und 1821, wurde aber
sachen und in Rekursen von Straferkenntnissen der 1826 wieder beseitigt. 1844 trat der Staatsrat
Administrativstellen war er auch die oberste ent- wieder ins Leben, „um die reife Beratung und ge-
scheidende und verfügende Behörde. Desgleichen bührende Erledigung wichtiger Staatsangelegen-
vermittelte er den Verkehr zwischen dem König heiten in höherem Maß zu sichern“; er hatte sich
und den Ständen, deren Anträge er selbständig bald als beratende bald als entscheidende Behörde
zu begutachten hatte. Erst 1876 wurde diese zu betätigen; er umfaßte 12 ordentliche und
Stellung des Geheimen Rats beseitigt und seine 6 außerordentliche Mitglieder; zu jenen gehörten
Funktionen teils dem Staatsministerium teils dem
Verwaltungsgerichtshof übertragen. Damit verlor
er seine politische Bedeutung, wenn er auch als
beratendes Organ, das dem Staatsministerium
koordiniert ist, bestehen blieb. Mitglieder des
Geheimen Rats sind die Minister oder die Chefs
der verschiedenen Departements und diejenigen
Räte, welche der König dazu ernennt; ihre Zahl
ist nicht beschränkt. Uber ihren Gehalt bzw. Ruhe-
gehalt enthält das Beamtengesetz vom 1. Aug.
1907 besondere Bestimmungen. Die beratende
Tätigkeit des Geheimen Rats erstreckt sich auf
alles, was ihm vom König besonders aufgetragen
wird; ferner hat er zu begutachten alle Anträge
auf Abänderung der Landesverfassung, der Lan-
desverfassungsgesetze und der Reichsverfassung
Art. 78, Abs. 1 u. 2; desgleichen die Normen,
welche sich auf die allgemeinen Verhältnisse des
Staats zu den Religionsgesellschaften beziehen,
sowie Anträge in besonders wichtigen oder sonst
geeigneten Angelegenheiten auf dem Gebiet der
Gesetzgebung und Verordnungen. Das Gutachten
die Minister. Im Gefolge der Revolution von
1849 wurde auch der Staatsrat wieder abge-
schafft und die Geschäfte, die er als oberste ent-
scheidende Behörde gehabt hatte, dem Staats-
ministerium überwiesen. Doch ist in Baden für
den fehlenden Staatsrat ein Ersatz geschaffen:
um nämlich bei der geringen Zahl der Mitglieder
des Staatsministeriums für dessen Beschlüsse eine
breitere Grundlage zu gewinnen, wurde durch
Verordnung vom 20. April 1881 dem Präsidenten
des Staatsministeriums das Recht verliehen, zu
Beratungen über Rekurse, Gesetz= und Verord-
nungsentwürfe und über sonstige wichtige An-
gelegenheiten die vorsitzenden Räte und Abtei-
lungsvorstände der Ministerien zu den Sitzungen
beizuziehen. Und im Jahr 1901 wurde sogar
ein außerhalb der Ministerien stehender höherer
Verwaltungsbeamter mit dem Titel „Staatsrat“
zum stimmführenden Mitglied des Staatsmini-
steriums ernannt.
Auch im Großherzogtum Hessen haben sich
aus dem ehemaligen „Geheimen Rat“ einerseits
des Geheimen Rats wird durch das Staatsmini- l das Ministerium, anderseits der „Staatsrat“ ent-
sterium dem König vorgelegt. Außer dieser be= wickelt. Letzterer war von 1821 bis 1875 be-
ratenden Tätigkeit hat der Geheime Rat auch eine ratende und in Verwaltungsstreitigkeiten und in
verwaltende: nämlich zusammen mit dem Regie= Kompetenzkonflikten auch entscheidende oberste Be-
rungsverweser als Vormundschaftsrat für die Er= hörde. 1875 gingen seine Befugnisse zum größten
ziehung eines minderjährigen Königs, und bildet Teil an das „Gesamtministerium“ über.
mit den Mitgliedern des königlichen Hauses den In Braunschweig erfüllt die Aufgaben, die
Familienrat in persönlichen Angelegenheiten der in größeren Staaten dem Staatsrat obliegen, die
Mitglieder des königlichen Hauses. Im Januar?„Ministerialkommission“, die ausschließlich be-
1911 ist den Ständen ein Gesetzentwurf zuge-
gangen, der die völlige Ausfhebung des Geheimen
Rats bezweckt mit der Begründung, daß dadurch
die Staatsverwaltung vereinfacht werde, zumal
da die Aufgaben dieses Geheimen Rats zu ge-
ringfügige wären, als daß für sie eine besondere
ständige Behörde nötig wäre.
In Baden wurde der aus der markgräflichen
Zeit übernommene, als oberste Staatsbehörde fun-
gierende „Geheime Rat“ 1808 aufgehoben, an
dessen Stelle ein „Kabinettsraot“ bzw. später das
„Staatsministerium“ trat. Daneben wurde in
der Verordnung von 1808 auch ein „Staatsrat"“
vorgesehen. Dieser hatte nur in außerordentlichen
Fällen „zur Vorbereitung der Gegenstände von
größerer Wichtigkeit“ zusammenzutreten, so zur
Entwerfung von Grundgesetzen und Hauptverord-
nungen und zur Entscheidung über die Frage,
„ob ein Verwaltungsbeamter seines Amts entsetzt
oder vor Gericht gestellt werden soll“. Indes
wurde dieser Staatsrat schon 1809 wieder be-
seitigt. Später tauchte noch einigemal der Staats-
ratende Behörde ist; es gehören ihr an die Mit-
glieder des Staatsministeriums und die Vor-
stände der Verwaltungsbehörden und weitere vom
Landesherrn ernannte Mitglieder. #
In den kleineren deutschen Staaten
sind die Befugnisse, die anderwärts einem Staats-
rat zustehen, meist an das Staatsministerium
bzw. Gesamtministerium übergegangen, so daß
dort ein Staatsrat nicht besteht. Den Titel
„Staatsrat“ führen z. B. in Mecklenburg und
Sachsen-Meiningen die Abteilungsvorstände der
Ressortministerien.
In Elsaß-Lothringen ist der Staatsrat
durch das Gesetz vom 4. Juli 1879 zur Begut-
achtung von Gesetzentwürfen usw. eingesetzt wor-
den. Im Weg der Landesgesetzgebung können auch
beschließende Funktionen ihm übertragen werden,
was aber bieher nicht geschehen ist. Der Staats-
rat besteht unter dem Vorsitz des Statthalters aus
dem Staatssekretär, den Unterstaatssekretären, dem
Präsidenten des Oberlandesgerichts und dem
Oberstaatsanwalt und 8—10 vom Kaiser jedesmal
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