Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

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Die amtliche Statistik Preußens kann auf 
ein erheblich höheres Alter als die Reichsstatistik 
zurückblicken. Auf Grund einer Kabinettsorder 
von 1805 wurde ein besonderes Bureau errichtet, 
dessen Tätigkeit hauptsächlich in einer möglichst 
genauen Bestimmung des Nationalvermögens des 
Staats und der Stufe des Wohlstands bestehen 
sollte, auf der sich die verschiedenen Klassen der 
Untertanen befinden. An seiner Spitze haben bisher 
eine Anzahl ganzhervorragender Männer gestanden 
(Johann Friedrich Hoffmann, Karl Dieterici und 
Ernst Engel), die es sich in hohem Grad angelegen 
sein ließen, in ihrer amtlichen Tätigkeit gleichzeitig 
den Forderungen der Wissenschaft zu entsprechen 
und dadurch ihren Arbeiten einen über das augen- 
blickliche Bedürfnis der Verwaltung hinausgehen- 
den Wert zu verleihen. (Veröffentlichungen: Preu- 
Hische Statistik, das Quellenwerk; Zeitschrift des 
Preuß. Statist. Landesamts; Statistisches Jahr- 
buch für den preuß. Staat; Statistische Korrespon- 
denz.) — Was die amtliche Statistik der übrigen 
deutschen Bundesstaaten anbetrifft, so 
haben die größeren von ihnen, die Königreiche, 
Großherzogtümer und die Hansestädte eigne stati- 
stische Amter, mit deren Einrichtung Bayern 1813 
den Anfang machte; außerdem besteht seit 1864 
das Statistische Bureau vereinigter Thüringer- 
staaten mit dem Sitz in Weimar. In den übrigen 
deutschen Kleinstaaten wird der statistische Dienst 
von einer Verwaltungsstelle im Nebenamt besorgt. 
Der jährliche Gesamtaufwand für die staatliche 
Statistik beträgt in den Ländern des Deutschen 
Reichs rund 3 Millionen Mark. 
In Österreich-Ungarn, Frankreich, 
Großbritannien und Irland sowie in 
den Vereinigten Staaten von Amerika 
ist der statistische Dienst, entgegen dem deutschen 
System, mehr oder weniger dezentralisiert, indem 
in den einzelnen Verwaltungszweigen statistische 
Sonderbureaux tätig sind. Nur Italier besitzt 
eine streng zentralisierte amtliche Statistik. Das 
Organ derselben ist die Generaldirektion der Sta- 
tistik, welche alle Erhebungen leitet bzw. das Mate- 
rial der verschiedenen Stellen sammelt und einheit- 
lich bearbeitet. 
Wie die Pflege der Statistik eine wichtige Ver- 
waltungsfunktion der zivilisierten Staaten ge- 
worden ist, so bedeutet sie heute aber auch eine 
solche fortgeschrittener Selbstverwaltungskörper und 
spielt namentlich in den Großstädten eine er- 
hebliche Rolle. Dort hat man in den 1860er 
Jahren (Berlin) mit der Errichtung eigner Stati- 
stischer Amter den Anfang gemacht; seitdem sind 
zahlreiche Städte diesem Vorgehen gefolgt, so daß 
die Zahl solcher Amter in Europa auf etwa 70 ge- 
schätzt werden kann. Besonders in Deutschland hat 
die Kommunalstatistik eine große Ausbreitung und 
einen rationellen Ausbau erfahren; 1910 existier- 
ten bei uns 35 solcher städtischer Statistischer 
Amter. Ihnen liegt einerseits die Ausführung der 
staatlichen statistischen Erhebungen und der an- 
Statistik. 
  
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schließenden ersten Zusammenstellungen ob, soweit 
diese Arbeiten vom Staat den Gemeinden über- 
tragen sind, und anderseits die Veranstaltung selb- 
ständiger kommunalstatistischer Aufnahmen, sei es 
daß dieselben von den Staatsbehörden veranlaßt 
oder von den Stadtverwaltungen aus eignem An- 
trieb vorgenommen werden. Die Tatsache, daß 
von diesen Amtern besser als von den staatlichen 
eine ins Spezielle gehende Statistik gepflegt wer- 
den kann, sowie die Möglichkeit der Anwendung 
feinerer Methoden und vollkommenerer Technik 
verleihen der Städtestatistik ihren eigentümlichen 
Wert. In ihrer Organisation und ihren Auf- 
gaben weichen aber die Amter im einzelnen natür- 
lich mehr oder weniger voneinander ab. Um in 
dieser Hinsicht sowie für die Vornahme und Be- 
arbeitung der kommunalstatistischen Erhebungen 
(Volks-, Wohnungs-, Grundstücks-, Arbeitslosen- 
zählungen usw.) tunlichste Einheitlichkeit zu er- 
zielen, finden seit 1879 in regelmäßiger Wieder- 
kehr Konferenzen der Vorstände der städtischen 
Statistischen Amter statt, welche auch das jetzt 
(1911) im 18. Jahrgang erscheinende „Statistische 
Jahrbuch deutscher Städte“ herausgeben, in wel- 
chem alle wichtigeren Einrichtungen und Erschei- 
nungen des städtischen Lebens in übersichtlicher 
Form zur Darstellung gelangen. - 
Das Bestreben, das in den einzelnen Ländern 
gefundene und gesammelte statistische Material 
ganz allgemein für Wissenschaft und Leben ver- 
werten zu können, ließ schon frühzeitig den Ge- 
danken aufkommen, eineinternationale Sta- 
tistik ins Leben zu rufen. In dem Internatio- 
nalen statistischen Kongreß, der im den 
Jahren 1853/76 neunmal zusammentrat, fanden 
diese Bestrebungen ihren ersten konkreten Aus- 
druck. Von 1878 bis 1885 war der demogra- 
phische Kongreß der Träger des internationalen 
Gedankens in der Statistik, der im ganzen bisher 
siebenmal tagte. Außer mit statistisch technischen 
Fragen beschäftigt sich dieser „Internationale 
Kongreß für Hygiene und Demographie“ auch 
mit rein wissenschaftlichen Arbeiten. Seit 1885 
bildet das „Internationale statistische 
Institut“ den Sammelpunkt der hervorragend- 
sten Vertreter der wissenschaftlichen und praktischen 
Statistik, welches bemüht ist, die verdienstvollen 
Bestrebungen des Internationalen statistischen Kon- 
gresses, wenn auch auf veränderter organisatorischer 
Grundlage, fortzusetzen und ein besonderes Jahr- 
buch (Bulletin) mit wertvollen Beiträgen und den 
Sessionsberichten herausgibt. 
Literatur. A. Meitzen, Geschichte, Theorie u. 
Technik der S. (21903); E. Mischler, Handbuch 
der Verwaltungsstatistik 1 (1892); G. v. Mayr, 
S. u. Gesellschaftslehre. Bd 1: Theoretische S. 
(1895), II: Praktische S. (1897); J. Conrad, 
Grundriß zum Studium der polit. Okonomie. 
TlI: S.; 1. Tl: Die Geschichte u. Theorie der 
S., Bevölkerungsstatistik, 3. Aufl.; 2. TlI: Die 
S. der wirtschaftl. Kultur, 1. Hälfte 1904, 2. Hälfte, 
1. Bd: Gewerbestatistik 1909; Schnapper-Arndt, 
  
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