Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

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daß sie nur auf Grund ständischer Bewilligung 
im Finanzgesetz erhoben werden dürfen, auch wenn 
hierüber bereits besondere Gesetze bestehen sollten. 
Bedingungen an die Steuerbewilligung zu knüpfen, 
ist zumeist untersagt (Bayern, so auch England). 
Anders steht es mit Auflagen, unter welchen eine 
Bewilligung nur erteilt wird: würden die bei- 
gefügten Bedingungen als rechtlich nicht vorhan- 
den zu betrachten sein, so würde die Nichterfüllung 
der in der Auflage übernommenen Verpflichtung 
die Bewilligung zwar nicht ungeschehen machen, 
aber die parlamentarische Verantwortung der Re- 
gierung nach sich ziehen. Da die Steuerbewilligung 
zur Ausführung des vereinbarten Budgets ge- 
schieht, ist dieses für die Staatsregierung bindend 
in quanto et quali; sie hat den gesamten Staats- 
haushaltsetat zu realisieren, d. h. die festgestellten 
Staatsbedürfnisse durch die übereinstimmend ver- 
anschlagten und bewilligten Einnahmen zu be- 
friedigen. Naturgemäß kann die Wirkung der 
Steuerbewilligung sich nicht auf den Einnahme- 
etat erstrecken; entweder kommen gesetzlich fest- 
stehende Einnahmequellen in Frage oder durch die 
Bewilligung der Steuer neu geschaffene; immer 
aber hängt der Ertrag, welchen sie liefern, nicht 
von den Beschlüssen des Landtags ab, sondern 
von wirtschaftlichen Faktoren. Auch die gesetzlich 
ihrer Höhe nach feststehenden Ausgaben sind der 
Wirkung der Steuerbewilligung entzogen. Es 
gibt nun aber Ausgaben, welche gesetzlich über- 
haupt nicht notwendig sind, oder bezüglich welcher 
die Höhe gesetzlich nicht festgestellt ist; hier hat 
einerseits der Landtag in der Steuerbewilligung 
freie Hand, anderseits braucht die Staatsregierung 
nicht alles auszugeben, was im Budget anerkannt 
wurde, sie darf nur nicht mehr ausgeben, als ver- 
einbart wurde. Dabei ist aber zu betonen, daß 
die Steuern nicht Zuschüsse zu einzelnen Etats- 
positionen bilden, sondern den Zuschuß zu dem 
gesamten Staatsbedarf, so daß es keinen Unter- 
schied macht, ob eine Ausgabeposition bis zu einem 
bestimmten Betrag ihre Deckung aus Einnahmen 
findet, welche als gesetzlich feststehend der Bewil- 
ligung der Volksvertretung entzogen sind. Die 
vorstehend geschilderten Grundsätze für die Steuer- 
bewilligung bei vereinbartem Budget sind, was 
ausdrücklich betont werden soll, nicht in allen kon- 
stitutionellen Verfassungen geltendes Recht, sie 
bilden lediglich den überwiegenden Typus des 
konservativen Konstitutionalismus und erleiden in 
den einzelnen hierher gehörigen Staaten eine Reihe 
von Modifikationen, welche mit der Stellung der 
Volksvertretung zum Budget überhaupt zusammen- 
hängen und nur in den Einzelstaatsrechten be- 
sprochen werden können. 
Wenn die Vereinbarung über den Staats- 
haushaltsplan zwischen Regierung und Volks- 
vertretung gelingt, so ist im allgemeinen zwischen 
dem konstitutionellen und dem parlamentarischen 
Regime wenig Unterschied; anders, wenn die Ver- 
einbarung mißlingt, sei es überhaupt nicht gelingt 
Steuerbewilligung ufw. 
  
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oder zu spät erst erfolgt. Hier wird die Frage zu 
einer Machtfrage zwischen Regierung und Land- 
tag; das parlamentarische System verlangt, daß 
im Fall nicht zu beseitigender Uneinigkeit der 
Monarch durch die Wahl von Ministern, welche 
das Vertrauen der Volksvertretung genießen, die 
Einigkeit wiederherstellen soll (französisch-belgisches 
System); das andere System hält daran fest, daß 
der Landtag auch hier verfassungsmäßig verpflichtet 
sei, zur Deckung des von ihm anerkannten Staats- 
bedarfs die notwendigen Steuern zu bewilligen 
als Pauschsumme zur Bestreitung des Staats- 
aufwands, mit andern Worten, daß es ein Recht 
der Steuerverweigerung nicht gebe. Die 
letztere Ansicht geht davon aus, daß die Meinungs- 
verschiedenheit zwischen Volksvertretung und Re- 
gierung bezüglich des Etats nicht die Aufhebung 
des Staats nach sich ziehen könne, daß vielmehr in 
diesem Fall die Regierung behufs gesetzmäßiger 
Fortführung des Staatshaushalts berechtigt sein 
müsse, einseitig das Budget festzustellen und die 
Staatsbedürfnisse durch die von ständischer Be- 
willigung unabhängigen Einnahmen und durch die 
von den Kammern bewilligten Steuern zu befrie- 
digen. Das parlamentarische System kennt weder 
Einnahmen noch Ausgaben, zu deren Bewilligung 
das Parlament gesetzlich verpflichtet wäre', und 
spricht der Regierung das Recht ab, bei Nicht- 
zustandekommen des Budgets Einnahmen zu reali- 
sieren und Ausgaben zu machen; das Budget sei 
ein Gesetz wie jedes andere Gesetz, und die Ein- 
nahmen und Ausgaben seien lediglich für die 
Budgetperiode bewilligt (lex annua). Es ist nicht 
zu leugnen, daß das Prinzip des Parlamentaris-= 
mus theoretisch zur Aufhebung und Suspension 
von Gesetzen, zur Lahmlegung der Verwaltung 
führen und wohlerworbene Rechte tief schädigen 
kann; praktisch bedeutet es, daß die Regierungs- 
gewalt eigentlich nicht beim Monarchen, sondern 
bei dem Parlament ruht, daß also der Volksver- 
tretung eine überwiegende Stellung im staatlichen 
Organismus zukommt. Während das bayrische 
Recht dem Landtag ein Recht der Steuerverweige- 
rung nicht einräumt, ist die Frage im preußischen 
Recht und im Staatsrecht des Deutschen Reichs 
nicht unbestritten. Die Lösung der Frage hängt 
ab von der rechtlichen Qualifikation des Budgets, 
d. h. von der Stellungnahme zu der Vorfrage, ob 
die Vereinbarung des periodischen Budgetgesetzes 
die nach der Verfassung absolut erforderliche Er- 
mächtigung der Staatsregierung durch die Volks- 
vertretung sei zur Erhebung von Einnahmen und 
zur Leistung von Ausgaben, mit andern Worten, 
ob die Weiterführung der Staatsverwaltung bei 
nicht vereinbartem Budget ungesetzlich, weil gegen 
die Verfassung verstoßend sei. Das Nähere ist 
daher in der Lehre vom Budget zu erörtern 
(s. d. Art. Staatshaushalt), wobei auch die viel 
verhandelte Unterscheidung zwischen Gesetz im 
formellen und materiellen Sinn zu behandeln ist. 
Klar ist, daß jedenfalls das Recht der Steuer-
	        
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