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auf 3 Jahre ernannten Mitgliedern, von denen
3 vom Landesausschuß vorgeschlagen werden.
In Österreich geriet der Geheime Rat all-
mählich in Abhängigkeit der Hofkanzlei, die zur
regierenden Staatsbehörde sich entwickelte, so daß
Maria Theresia den Geheimen Rat beseitigte.
Sie schuf 1760 einen neuen Staatsrat als be-
ratendes Organ ohne Regierungstätigkeit. Die
Regierung lag in den Händen der Ministerien in
Unterordnung unter den Staatskanzler. Joseph II.
ließ dann die kollegialischen Sitzungen des Staats-
rats ganz abkommen, er zog nur die einzelnen
Staatsräte neben den Ministern zu Rate. Jedoch
bestand der Staatsrat unter wechselvollen Schick-
salen bis 1848, wo er als „überflüssig und mit
der konstitutionellen Regierungsform für unverein-
bar“ aufgehoben wurde. 1861 wurde ein neuer
Staatsrat eingesetzt, der aber schon 1868 be-
seitigt wurde.
In England hat noch heute der Staatsrat
eine ausgedehnte Verwaltungstätigkeit, zu wel-
chem Zweck ihm auch ein selbständiges Be-
amtenpersonal und ein eignes Oftce unterstellt
sind. Aber hinter dem größten Teil seiner Ver-
waltungstätigkeit stecken die Departementschefs,
die Minister, so daß dann die Verkündigung der
Maßregel im Staatsrat nur Formsache ist. Die
Tätigkeit des Staatsrats ist eine doppelte: eine
Verwaltungs= und eine richterliche Tätigkeit. So
gehört in seinen Bereich der Erlaß von Aus-
führungsverordnungen über Einberufung und Auf-
lösung des Parlaments, die Kriegserklärungen,
die Ausführung von Verträgen, sofern sie nicht
vor das Parlament gehören; Erteilung von Kor-
porationsrechten an Verbände, Einteilung des
Landes in Kirchenverwaltungsdistrikte, die ersten
Regierungshandlungen, ehe noch der neuantretende
Monarch die Huldigung im Privy Council ent-
gegengenommen hat, die Neuorganisation von
Verwaltungsbehörden, sofern sie nicht die Staats-
kasse belasten, Neuverteilung von Geschäften inner-
halb eines Verwaltungsdepartements u. a. Er
sungiert ferner als Untersuchungsgericht bei Staats-
verbrechen als Staatsgerichtshof. Die Einladungen
zu den Sitzungen des Staatsrats und zu dessen
Kommissionssitzungen gehen formell vom Präsi-
denten des Staatsrats aus, doch wird er vom
Premierminister angewiesen, welche Personen er
zu den Sitzungen einzuladen hat. Die Beratung
im Plenum findet ohne Debatte statt. Gewöhn-
lich aber werden Committees des Staatsrats mit
der Beratung betraut. Diese Kommissionen
bestehen meist aus 5 Mitgliedern; sie sind ver-
eidigt, erhalten als Staatsräte keine Besoldung.
Die Beschlüsse im Staatsrat werden immer als
einstimmig gefaßt angesehen.
In Frankreich hat die große Revolution die
Organisation des ancien rgime beseitigt. Na-
poleon I. führte dann wieder einen Staatsrat ein,
der mit der Regierung nichts zu tun hatte und
vom Ministerium getrennt war. Dieser Staats-
Staatsrat.
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rat, der offenbar auch dem preußischen von 1817
und den entsprechenden Einrichtungen anderer
Staaten zum Vorbild gedient hat, hatte die Auf-
gabe, Gesetze vorzuberaten und als Oberverwal-
tungsgericht zu dienen. In dieser Umformung hat
der Staatsrat dort sich bis heute erhalten. Er
besteht nach den Gesetzen vom 24. Mai 1872,
13. Juli 1879, 30. Nov. 1894 und 13. April
1900 unter dem Vorsitz des Justizministers und
eines aus der Mitte des Staatsrats zu ernennen-
den Vizepräsidenten, aus 5 Abteilungspräsidenten,
32 Staatsräten im ordentlichen und 19 Staats-
räten im außerordentlichen Dienst. Die Mit-
glieder dieser beiden Arten müssen mindestens
30 Jahre alt sein und werden vom Präsidenten
der Republik ernannt und abgesetzt. Die Stellung
eines ordentlichen Mitglieds ist mit jedem andern
besoldeten Amt sowie mit einem administrativen
Posten in einem staatlich unterstützten Unternehmen
unvereinbar. Außerdem sind dem Staatsrat 32
Berichterstatter (maitres des requetes) und 40
Auditoren beigegeben. Volles Stimmrecht in allen
Angelegenheiten haben nur die ordentlichen Mit-
glieder, die außerordentlichen Mitglieder (gewöhn-
lich Verwaltungsbeamte, die auf Grund ihrer
Spezialkenntnisse von Verwaltungsangelegenheit
zum Staatsrat zugezogen werden) haben nur
Stimme in den Angelegenheiten ihres Ministerial-
departements. Auch die Minister haben beratende
Stimme im Staatsrat. Gegenwärtig zerfällt der
Staatsrat in 5 Sektionen. Die Befugnisse des
Staatsrats sind richterliche und Verwaltungsbefug-
nisse. Der Staatsrat hat als Gerichtshof erster
und letzter Instanz zu fungieren bei Gesuchen um
Nichtigkeitserklärung von Verfügungen von Ver-
waltungsbehörden, bei Interpretation von admini-
strativen Verfügungen, Protesten gegen die Wahlen
von Generalräten u. a. Als Appellationsgerichts-
hof fungiert der Staatsrat bei Berufungen gegen
Entscheidungen der Präfekturräte; und als Kassa-
tionsgerichtshof tritt er in Tätigkeit über Ent-
scheidungen der niederen Verwaltungsgerichte und
solche der Rechnungskammer wegen Gesetzesver-
1 letzung. Als Verwaltungsorgan gibt der Staats-
rat Gutachten ab über die Gesetzentwürfe, Ver-
walltungsverordnungen und die Dekrete, die in
Form von Verwaltungsverordnungen erlassen
werden, sowie über alle Fragen, die ihm vom
Präsidenten der Republik oder von den Ministern
vorgelegt werden, indes hat dieses Gutachten des
Staatsrats keine bindende Kraft.
In Belgien machte zwar der Senat 1832
und 1834 den Versuch, die Einführung eines
Staatsrats zu erreichen, doch gelang es bis heute
nicht, obwohl schon öfters ein dahinzielendes Ver-
langen von Publizisten und Parlamentariern ge-
äußert wurde.
Dagegen kennt die Verfassung der Nieder-
lande einen Staatsrat, der gänzlich vom Mini-
sterium getrennt ist; der Vorsitz im Staatsrat
wird vom Landesherrn geführt. Als Mitglieder