Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

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amtenstaat im 17. u. 18. Jahrh., in der Histor. 
Zeitschr. LXXXVI; v. Gneist, Die verfassungsmäß. 
Stellung des preuß. Gesamtministeriums u. die 
rechtl. Natur der kgl. Rathskollegia, in Verwal- 
tungsarchiv, hrsg. v. Schultzenstein u. Keil, III 
(1895); Handbuch für den Königl. preuß. Hof u. 
Staat; v. Meier, Das Verwaltungsrecht, in Holtzen- 
dorffs Enzyklopädie der Rechtswissensch. II (61904); 
Hintze, Die Entstehung der modernen Staatsmini- 
sterien, in Histor. Zeitschrift Bd C (3. Folge IV, 
1907); Herkert, Das landesherrliche Beamtentum 
der Markgrafschaft Baden, in Zeitschr. der Gesell- 
schaft für Beförderung der Geschichts-, Altertums- 
u. Volkskunde von Freiburg usw. XXVI, 1910; 
G. Meyer, Lehrbuch des deutschen Verwaltungs- 
rechts (31910, hrsg. von Dochow). 
Siehe ferner die bis jetzt erschienenen Handbücher 
des Staatsrechts in der Sammlung: Das öffent- 
liche Recht der Gegenwart, hrsg. von Jellinek, 
Laband u. Piloty; ferner das Sammelwerk: Hand- 
buch des öffentl. Rechts der Gegenwart in Mono- 
graphien, hrsg. von Marquardsen. 
lE. Baumgartner.] 
Staatsrecht. Das Recht vom Staat ist der 
Inbegriff der auf die politischen Gemeinwesen be- 
züglichen Rechtsnormen, wobei als politische Ge- 
meinwesen diejenigen Vereinigungen von Menschen 
anzusehen sind, die auf einem bestimmt begrenzten 
Gebiet eine Organisation und in deren Gefolge 
einen Willen besitzen, denen die Einzelpersonen 
untergeordnet sind. Zu diesen Gemeinwesen ge- 
hören die öffentlich-rechtlich anerkannten Ver- 
waltungsverbände, Gemeinden, Kreise, Provinzen 
usw. Der Staat des griechischen Altertums ist 
aus den kleinsten Gemeinwesen, den selbständigen 
Städten, entstanden; umgekehrt leiteten im späteren 
römischen Reich die Städte ihre Macht vom Staat 
her. Die Auffassung des heiligen römischen Reichs 
deutscher Nation als obersten Trägers der Staats- 
gewalt erkannte zwischen diesem und den Einzel- 
personen Zwischenverbände mit weitgehenden selb- 
ständigen staatsrechtlichen Befugnissen an; mit 
dem Verblassen des Reichsgedankens ging die 
Reichsmacht allmählich auf diese über. In Frank- 
reich machte sich die umgekehrte Entwicklung be- 
merkbar. Die Zwischenverbände verloren allmäh- 
lich ihre Macht zugunsten des Einheitsgedankens, 
und es entwickelte sich der heutige Souveränitäts-= 
begriff des Staats in stetiger Steigerung, bis seine 
allzu straffe Anspannung in der Person seines 
Trägers diese Staatsform an der Brandung der 
Revolution zerschellen ließ. 
Dem Recht des heutigen Staats genügt die 
Unterscheidung der Griechen der klassischen Zeit 
in öffentliches und privates Recht nicht mehr. Es 
bildet einen Teil der Staatswissenschaften einer- 
seits und der Rechtswissenschaften anderseits, in 
erstgenannter Richtung wird es von der allgemeinen 
Staatslehre und von der Politik, von der Ent- 
wicklung des Staatsbegriffs und von der Auf- 
fassung des Staatszwecks beeinflußt, in letzterer 
von dem Privatrecht, dem Kirchenrecht und dem 
Völkerrecht. Die Rechtslehre setzt vielfach dem 
Staatsrecht. 
  
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Staatsrecht 1. das Privatrecht, d. h. die Bezieh- 
ungen der einzelnen zueinander, und 2. das Recht 
der Gemeinwesen zu einzelnen unter Ausschluß der 
öffentlich-rechtlichen einander gegenüber, wobei 
unter 2. das Kirchen- und das Völkerrecht einbe- 
griffen wird. Dem Staatsrecht und dem Privat- 
recht gehört das Privatfürstenrecht an; die familien- 
und erbrechtlichen Wirkungen nehmen ihm nicht 
seinen Rechtseinfluß auf wichtige staatsrechtliche 
Einrichtungen (z. B. die Thronfolge). 
Man unterscheidet allgemeines und besonderes 
Staatsrecht. Als ersteres ist das den meisten oder 
allen Staaten gemeinsame, als letzteres das einem 
einzelnen Staat eigne anzusehen. Der Gegensatz 
von äußerem und innerem Staatsrecht deckt sich 
mit den Beziehungen des Staats zu andern Staa- 
ten bzw. zu seinen eignen Untertanen. 
Das Wesen des Rechts des Staats liegt in dem 
Herrschenwollen über ein auf ein bestimmtes Gebiet 
beschränktes Gemeinwesen von Menschen. Als 
Träger der Gewalt über das Gebiet und seine 
Bewohner ist der Staat ein Rechtsobjekt des 
öffentlichen Rechts. Die Trennung dieses Inbe- 
griffs von der denselben verkörpernden Person, 
welche die Rechte nur vertretungsweise auszuüben 
hat, war wohl dem klassischen Altertum, nicht aber 
der germanischen Rechtsauffassung bekannt. Der 
Wirkungskreis des Staats ist räumlich und per- 
sönlich, nicht auch sachlich beschränkt, der Staat 
kann grundsätzlich alle Seiten des menschlichen 
Lebens in den Bereich seiner Tätigkeit hineinziehen. 
Gerade darin unterscheidet er sich von den kleineren 
politischen Gemeinwesen, den Provinzen, Bezirken 
und Gemeinden, nur ihm steht das Recht der Ge- 
setzgebung zu. 
Der Staat ist ein Rechtsbegriff, nicht — wie 
einzelne Schriftsteller aufstellen — eine Fiktion. 
Sein Herrscherrecht kann nur durch Personen oder 
Personengemeinschaften vertreten werden, die dazu 
besonders berufen sind. Der Einheitsbegriff er- 
fordert die oberste Vereinigung aller Staatsgewalt, 
die jedoch — wie die Verfassungsstaaten zeigen — 
nicht ausschließlich in einer Hand zu liegen braucht. 
Die Außerung des Staatswillens wird als die- 
jenige des Staatshoheitsrechts bezeichnet, von ihr 
zusscheiden sind diejenigen derselben Organe, welche 
diese in Anwendung der privatrechtlichen Bezieh- 
ungen der Staatseinrichtungen machen. Die 
Unterscheidung zwischen Träger und Subjekt der 
Staatsgewalt ist nicht streng durchgeführt, die mit 
diesen Worten verbundenen Begriffe stimmen nicht 
überall überein. Jellinek bezeichnet als Träger der 
Staatsgewalt den Staat selbst, Laband als Träger 
das oberste Organ, den Herrscher, und als Sub- 
jekt den Staat selbst. In einzelnen Republiken 
betrachtet sich das Volk als den Träger der Staats- 
gewalt, die an der Spitze stehende Person oder 
Personen nur als deren Organe. So z. B. in der 
Schweiz, in den Vereinigten Staaten Amerikas. 
In den Monarchien, der französischen Charte und 
den deutschen Verfassungen wird dagegen der Mon-
	        
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