Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

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Später ging überall die alte Bedeutung verloren, den französischen Hochschulen, auch Pedelle zum 
und es bezeichnen die Benennungen ordinarius persönlichen Dienst der Professoren; insbesondere 
und extraordinarius (französisch prof. titulaire führten diese als banquerii die Aussicht in den 
und acjoint) lediglich das Rangverhältnis. Die Hörsälen, in denen hochgestellten Geistlichen sowie 
ordentlichen öffentlichen (o. ö.) Professoren sind adligen Scholaren die Plätze auf den ersten 
noch heute die vollberechtigten Mitglieder des aka-Bänken vorbehalten waren. Die Unioversitäts- 
demischen Senats. Privatdozenten, d. h. Leute, pedelle erhoben in den Hörsälen (Auditorien) 
welche die venia legendi haben, ohne daß sie von Kollekten von allen Scholaren, die Pedelle der 
Amts wegen zu lehren gehalten sind, gab es im einzelnen Professoren von den Zuhörern. Bei 
Mittelalter nicht; es waren vielmehr die magistri den Universitätsfeierlichkeiten hatten die Fakul- 
artium verpflichtet, einige Jahre Vorlesungen zu täten das Recht, Pedelle mit silbernen Zeptern 
halten. Die Zahl der Professoren war am größten vor sich hergehen zu lassen. 
in der Artistenfakultät, die im Mittelalter durch= IV. Der Anterrichtsbetrieb und die Lebens- 
schnittlich 26/30 Lehrer aufwies, während die ordnung der Mitglieder der Universität war im 
Theologen wie die Juristen nur 3/6 hatten; die Mittelalter von der heutigen Gestaltung 
Mediziner überstiegen kaum die Zahl 2; nur in dieser Dinge wesentlich verschieden. Eine gleich- 
Köln, der besteingerichteten Fakultät, waren es am mäßige Vorbildung, wie sie heute auf dem Gym- 
Ende des 15. Jahrh. 5. nasium, dem Realgymnasium und der Oberreal- 
Ahnlich ist auch das Zahlenverhältnis für die schule für das Universitätsstudium erworben wird, 
in diesen Fächern immatrikulierten Studenten. kannte das Mittelalter und die spätere Zeit nicht. 
Die größte Frequenz hatte die philosophische Fa= Auf einer Partikularschule wurde das Latein, 
kultät, dann folgte in der Regel die juristische, als Sprache der Gelehrten, gelernt, und dann 
danach die theologische und zuletzt, als die am ging der 15/16jährige beanus (abgeleitet von be- 
wenigsten bedeutende, die medizinische. Die Prü jaune = bec-jaune — Gelbschnabel) auf das 
fung des urkundlichen Materials hat ergeben, daß studium generale, wo er sich von dem Rektor 
die früher gutgläubig hingenommene Uberlieferung in die Matrikel der Universität einschreiben ließ. 
der großen Zahlen (Prag soll mehr als 36 000 Es war eine altkirchliche Sitte, die an einer Ka- 
Studenten gehabt haben!) der Wirklichkeit nicht thedral-, Kollegiat= oder Pfarrkirche angestellten 
entspricht. Auch die großen Universitäten im oder bepfründeten Kleriker in ein eignes Ver- 
Deutschen Reich hatten während des 15. Jahrh. zeichnis (matricula) einzutragen; clerici imma- 
nicht erheblich mehr als 1000 immatrikulierte triculati hieß so viel wie ecclesiae matrici ad- 
Mitglieder. scripti. Von diesem kirchlichen Brauch hat nun 
Von den Päpsten wurden hochgestellte Geistliche, auch die Matrikel der Universität, welch letztere 
manchmal zwei bis drei, zu Konservatoren bestellt, schon im 13. Jahrh. das Beiwort mater uni- 
um die der Universität und ihren Gliedern vom versitatis und später alma mater erhielt, ihren 
päpstlichen Stuhl verliehenen Rechte, Privilegien Namen bekommen. Für das Einschreiben der Per- 
und Immunitäten zu schützen und gegen Eingriffe sonalien war eine Gebühr zu entrichten, die armen 
zu verteidigen. Ein Professor der Juristenfakultät Studenten, vornehmen Persönlichkeiten oder Ge- 
vertrat als Beamter der Universität diese vor frem= lehrten von Ruf erlassen wurde. In großer Zahl 
den Gerichten; er hieß, wie noch heute, Syndikus. bezogen im Mittelalter Männer reiferen Alters 
Er mußte außerdem jedem akademischen Bürger (Domherren, Abte, Pröpste) die Universität. Auch 
auf Verlangen den nötigen Rechtsbeistand leisten die Begleiter und Hofmeister wohlhabender Stu- 
und hatte in späterer Zeit Anteil an den Straf-- denten sowie die Abschreiber, Buchbinder, Bücher- 
geldern (Bußen); er selber stand unter der Gerichts= verleiher, Kaufleute, die mit Scholaren vorzugs- 
barkeit der gesamten Universität. Aus der Zahl der weise Pfandgeschäfte zu machen berechtigt waren, 
Stadtnotare wurde jedes Jahr ein Notarius ge= wurden in die Matrikel eingetragen, gehörten 
wählt, der das Verzeichnis der Mietwohnungen somit zum Universitätsverband. Hatte nun der 
für die Scholaren zu führen hatte. In gewissem suppositus (so hießen die immatrikulierten Stu- 
Sinn versah er die Funktionen des heutigen Uni= denten) das beanium, eine Prüfung bei einem 
versitälssekretärs. Damit berührte sich auch die artistischen Professor, abgelegt und war er von 
Tätigkeit der nichtoffiziellen Taxatoren, die den einem solchen unter die Zahl seiner Hörer auf- 
Mielpreis der Wohnungen bestimmten und den genommen, so hieß er scholaris, studens — 
Eigentümern bei Strafe verboten, mehr zu sor= Lehrling. In der Regel durfte laut Universitäts- 
dern. Der Quästor verwaltete die Universitäts= und Fakultätsstatut kein Student allein wohnen, 
kasse. Oft war das Amt des Notarius mit dem wenn er nicht bei Verwandten Aufnahme fand 
des Pedells (Bidell, französisch bedeau) ver- oder ein Adliger oder bepfründeter Kleriker war, 
bunden. Jährlich wurden zwei Pedelle gewählt, die Studenten waren vielmehr an den deutschen 
die indes einen andern Rang einnahmen als heute. Hochschulen in Bursen vereinigt, die von einem 
Sie mußten magistri artium sein und wurden 1 Magister in gemieteten Häusern errichtet und ge- 
nicht selten mit wichtigen Sendungen an hohe leitet waren; später wurden sie in den Gebäuden 
Personen beauftragt. Es gab, wie noch heute an der Universität selber untergebracht. Lebensord- 
  
 
	        
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