Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

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nung, Kleidung und Unterricht waren bis ins 
einzelne durch Universitätsvorschriften geregelt. 
Für Kost und Wohnung wurde wöchentlich ein 
Beitrag gezahlt (bursa, Börse), daher in der 
Studentensprache das Wort Bursch ((lateinisch 
bursarius, bursiati). Die armen Studenten 
wurden als kamuli unentgeltlich in die Bursen 
aufgenommen oder sie wohnten in den zahlreich 
gestifteten und mit reichen Mitteln, namentlich 
von der Kirche, aber auch von Fürsten und Pri- 
vaten, ausgestatteten. in denen sich neben 
den Wohnräumen der und Studenten 
auch die Säle für die befanden. Das 
erste Kollegium ward von Robert von Sor- 
bonne, dem Kaplan und Tischgenossen Ludwigs 
des Heiligen, in Paris gestiftet. Es lag in der 
Rue du Founarre, und hier wurde nach und nach 
der ganze Unterricht konzentriert. Insbesondere 
wurde gefordert, daß die Scholaren und Magister 
der artistischen Fakultät in den Kollegien wohnten. 
Die sog. Sorbonne wurde das Vorbild für andere 
Kollegien in Paris und für die englischen Uni- 
versitäten in Oxford und Cambridge. Nur die 
letzteren haben sich in der alten Form erhalten 
bis heute. Ahnliche Einrichtungen sind später das 
Collegium Germanicum-Hungaricum in Nom 
(1552) und die andern Jesuitenkollegien. Die 
Mitglieder der Kollegien hatten geistliche Tracht, 
waren sämtlich unverheiratet, und ihre Lebens- 
haltung war ziemlich entsprechend derjenigen der 
Alumnen in den Klerikalseminarien. Lehrer und 
Schüler lebten in einer fast klösterlichen Gemein- 
schaft. Anders war dies, ausgenommen in Prag, 
an den deutschen Universitäten. Die Mehrzahl 
der Studenten besuchte die Vorlesungen an der 
Hochschule und erhielt in der Burse noch einige 
Nachhilfe in den Studien. Gegen Ende des 
16. Jahrh. hörten die Bursen fast überall auf; 
ein Versuch in München, 1847, die Burse wieder 
einzuführen, scheiterte. Erst in jüngster Zeit sind 
an verschiedenen Universitäten, z. B. in Charlotten- 
burg und München, Studentenheime eingerichtet 
worden. 
Die Vorlesungen (lectiones, lecturae) be- 
gannen in der Regel am 19. oder 20. Okt. als 
nach dem Fest des hl. Lukas; am Fest selbst 
wurden auch manche Universitäten eröffnet. Der 
regelmäßige Kursus der Vorlesung war einjäh- 
rig; die großen Ferien begannen am 7. Sept., 
am Tag vor Mariä Geburt. Im 14. Jahrh. 
wurden öffentliche Hörsäle eingerichtet. Der Be- 
such der Vorlesungen allein genügte im Mittel- 
alter nicht. Eine demselben eigentümliche Ein- 
richtung sind die Repetitionen (resumptiones), 
d. h. ausführliche Erklärungen einzelner Teile der 
Vorlesung des Repetierenden mit Aufzählung und 
Widerlegung aller Zweifel und Einwürfe. Die 
beste Anregung zu wissenschaftlichem Forschen und 
Streben gaben aber die Disputationen. Hierbei 
konnte so recht der Wissensvorrat praktisch geprüft 
und verwertet, anderseits fremde Gedanken und 
  
  
    
  
  
Universitäten. 
  
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strittige Fragen erfaßt und dargelegt werden. In 
dem Gedankenaustausch von Angesicht zu Angesicht 
wurde der Geist sowohl gespornt als gezügelt und 
geläutert. Mancherorts mußten täglich nach Schluß 
der Vorlesungen Disputationen abgehalten wer- 
den, sonst fanden sie gewöhnlich in der Fastenzeit, 
an bestimmten Wochentagen und bei Universitäts- 
festlichkeiten statt, wozu die ganze Fakultät er- 
schien. Bei den Disputationen unter Leitung der 
Magister und Bakkalarien durften auch die Scho- 
laren opponieren. Eine besondere Art dieser gei- 
stigen Wettkämpfe waren die disputationes quod- 
libeticac, d. h. über beliebige Gegenstände des 
Wissens. Je mehr die Wissenschaften im 16. und 
18. Jahrh. ihre allgemein anerkannte autoritative 
Grundlage verloren und an die Stelle der auf 
Tradition beruhenden Lehrtätigkeit der Grundsatz 
der freien Forschung und Lehre trat, um so mehr 
schwand der Brauch der einst so hoch geschätzten 
Disputationen. 
V. Die akademischen Grade. Nach zwei- 
jährigem Studium wurde das erste Examen in der 
Logik, Grammatik und Rhetorik abgelegt; hatte 
der Prüfling das erforderliche Maß des Wissens 
erworben, so erhielt er den ersten akademischen 
Grad, die Würde des baccalarius (später bacca- 
laurius) — Gesell. War danach das Studium 
auch auf die übrigen Fächer, Philosophie (Aristo- 
teles), Mathematik (Euklides), Physik und Astro- 
nomie (Ptolemäus), ausgedehnt worden, während 
eines meist zweijährigen Unterrichtskurses, so fand 
das Schlußexamen und die Verleihung der Würde 
eines magister artium — Meister statt. Hatte 
dieser zwei Jahre gelehrt, so konnte er in eine der 
„bberen“ Fakultäten eintreten, in die der Juris- 
prudenz oder der Theologie; die Medizin kam im 
Mittelalter, da nur ein bis zwei Professoren darin 
unterrichteten, weniger in Betracht. Das Studium 
umfaßte wiederum eine Reihe von Jahren. Die 
meisten Scholaren der höheren Fakultäten ver- 
ließen indes, wie in der artistischen Fakultät, ohne 
Examen die Universität, da ein solches noch nicht 
Vorbedingung der Erlangung geistlicher wie welt- 
licher Amter war. Die höchste Würde der autori- 
sierten Lehrer war im Mittelolter das Doktorat. 
Der Titel doctor war in anderem Sinn schon in 
der alten Kirche üblich. An den Universitäten gab 
es ursprünglich nur doctores legum, des römi- 
schen Rechts, und die Rechtslehrer betrachteten 
diesen Titel als einen ihnen allein zukommenden 
Vorzug; Ende des 12. Jahrh. kamen aber docto- 
res decretorum, decretalium und des kano- 
nischen Rechts hinzu. Die Lehrer der Theologie 
und Philosophie führten noch geraume Zeit den 
Magistertitel fort, bis endlich auch Doktoren der 
Theologie (sacrae paginae, theologiac), im 
13. Jahrh. der Medizin (medicinae, physicae) 
und der Philosophie aufkamen; hierauf folgten 
doctores grammaticae, logicae et aliarum 
artium, sogar notariae. Die Prüfung der Kan- 
didaten, welche an feststehenden Tagen für mehrere
	        
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