—_ 383 —
ungarischen Parlaments geradezu bestimmt ist, dem Monarchen
die Erfüllung der Forderungen des magyarischen Nationalismus
ohne Rücksicht auf die Bedingungen des Bestandes oder auf
die Lebensbedingungen des Reiches, ohne Rücksicht auf die
hiemit verknüpfte Schwächung des dynastischen Gefühls der
nichtmagyarischen Nationalitäten der Monarchie, vornehmlich der
Kroaten, abzunötigen (die sich in den Jahren 1848/49 gegen alle
Welt in den Dienst der Gesamtstaatsidee gestellt haben) deren
andere ihren ganzen Scharfsinn aufbieten muß, die Majorität des
österreichischen Parlaments für die Annahme jener Bedingungen
zusammenzuschweißen, die der ungarische Reichstag für seine
kümmerlichen „Zugeständnisse“ an die Lebensbedingungen der
Monarchie jeweils stellt. Das ist aber nur möglich um den Preis
von solchen materiellen und politischen Liebesgaben an die Par-
teien, die von sachlichen Gesichtspunkten aus nie gewährt werden
dürften’®, Wenn es sich hier auch um einen mit der konstitu-
tionellen Regierungsform verknüpften Nachteil handelt, so ist er
ım Hinblick auf die nationale Struktur der Reichsratsländer mehr
als zehnfach verschärft.
Standen ehemals die Zuflüsse der ungarischen Hofkanınaer zur
Verfügung des Monarchen, der sie zugleich mit seinem Aerarium
ohne Mitwirkung des Staates einschulden konnte "#®, erforderte
die Heeresergänzung in früherer Zeit nicht regelmäßige
Landtagspostulate und war darum der Anteil der Stände an der
Wehrgesetzgebung nur ein zufälliger in der Form von Petitionen
sich äußernder, so hat das konstitutionelle System zugleich mit
der Verstaatlichung des Kammerwesens die Finanzverwaltung voll-
ständig dem persönlichen Einfluß des Monarchen entrückt und
durch das Erfordernis jährlicher konstitutioneller Aufstellung
des Finanzverwaltungsplans und jährlicher Bewilligung der Steuern
187 Vgl, TEZNER, Grünhuts Zeitschrift 25. Bd. S. 408 ff.
188 'TEZNER, Der Österreichische Kaisertitel S. 67, über die Bezeichnung
des gesamtstaatlichen Fiskus a. a. O. 8. 76 A. 95.