Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

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faßt sie das Leben des Urhebers und 50 Jahre 
nach seinem Tod. Das Recht schließt auch die Be- 
fugnis ein, die Werle zu übersetzen oder die Über- 
setzung zu gestatten. Im übrigen hat sich mit den 
materiellen Bestimmungen der Ubereinkunft die 
deutsche Gesetzgebung durch das erwähnte Gesetz 
vom 22. Mai 1910 (vagl. II 1 und III 1) in 
Einklang gesetzt, so daß darauf verwiesen werden 
kann. Den Verbandsländern ist vorbehalten, den 
Ausländern allgemein günstigere Bestimmungen 
zu gewähren, auch miteinander besondere Abkom- 
men zu treffen, die den Urhebern weiter gehende 
Rechte einräumen oder der Übereinkunft nicht zu- 
widerlaufen. Auch bleiben bestehende Abkommen 
dieser Art in Kraft. 
Schon nach dem Abschluß der ersten Berner 
Konvention vom 9. Sept. 1886 wurde unter dem 
Namen „Bureau des internationalen Verbands 
zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst"“ 
ein internationales Amt in Bern errichtet, das 
dem Schutz der schweizerischen Regierung unter- 
stellt ist, welche die Organisation desselben regelt 
und dessen Dienst beaufsichtigt. Das Bureau wird 
beibehalten. Es hat die Aufgabe, Nachrichten aller 
Art, welche sich auf den in Frage stehenden Schutz 
beziehen, zu sammeln und zu veröffentlichen sowie 
Untersuchungen anzustellen, die für den Verband 
von Interesse sind, und den Verbandsmitgliedern 
Auskünfte zu erteilen. Es gibt eine periodische 
Zeitschrift in französischer Sprache, die überhaupt 
seine Geschäflssprache ist, über die den Gegenstand 
des Verbands betreffenden Fragen heraus. Die 
Kosten des Bureaus werden von den Verbands- 
ländern nach einem für sie festgesetzten Beitrags- 
verhältnis getragen. 
2. Wie bereits bemerkt, steht es den Verbands- 
ländern frei, Sonderabkommen zu treffen. Dabei 
ist zu unterscheiden, ob diese Sonderabkommen 
mit andern Verbandsländern getroffen werden oder 
mit solchen Staaten, welche nicht der Berner Kon- 
vention angehören. In ersterer Richtung sind die 
Verbandsländer, wie oben 1, Abs. 2 am Ende er- 
wähnt, gebunden; nach der andern Richtung sind 
sie vollständig frei. Solche Sonderverträge haben 
denn auch die einzelnen Konventionsstaaten abge- 
schlossen. Deutschland hat Ubereinkommen der 
ersteren Art getroffen mit Frankreich, Belgien und 
Italien (letzteres hat die Konvention noch nicht 
ratifiziert), der letzteren Art mit Osterreich-Ungarn 
und den Vereinigten Staaten von Amerika. 
a) Die Ubereinkunft mit Frankreich vom 8. April 
1907 ist durch die revidierte Berner Ubereinkunft 
überholt. Nur hat Frankreich bei der Ratifikation 
der letzteren — zugleich für Tunis — erklärt, daß 
für die Werke der angewandten Kunst die Be- 
stimmungen der früheren Abkommen des Verbands 
zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst 
gelten sollen. In das Sonderabkommen ist die 
sog. Meistbegünstigungsklausel aufsgenommen in 
der Art, daß jeder weiter gehende Vorteil oder Vor- 
zug, welcher künftighin von seiten eines der ver- 
Urheberrecht. 
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tragschließenden Teile einer dritten Macht in Be- 
zug auf den Schutz an Werken der Literatur und 
Kunst eingeräumt wird, den Urhebern des andern 
Landes oder deren Rechtsnachfolgern ohne weiteres 
zu statten kommen soll. Das alles gilt auch für 
die beiderseitigen Kolonien. 
b) Das alles gilt auch in Bezug auf die Über- 
einkunft mit Belgien vom 16. Okt. 1907 ohne 
die Einschränkung in Bezug auf die Werke der 
angewandten Kunst, da Belgien die revidierte 
Berner Konvention bedingungslos ratifiziert hat. 
) Das unter b Gesagte gilt auch für das Ver- 
hältnis zwischen Deutschland und Italien, die ein 
Abkommen vom 9. Nov. 1907 geschlossen haben. 
d) Der Staatsvertrag zwischen Deutschland 
und Osterreich-Ungarn datiert vom 30. Dez. 1899 
und bleibt in Kraft bis zum Ablauf eines Jahrs 
von dem Tag ab gerechnet, an welchem einer der 
vertragschließenden Teile die Kündigung erklärt. 
Nach dem Ubereinkommen wird jedes Werk der 
Literatur, der Kunst und der Photographie, welches 
in den Staatsgebieten eines der vertragschließenden 
Teile einheimisch ist, in den Staatsgebieten des 
andern Teils, wenn es nicht auch dort als ein- 
heimisch anzusehen ist, den dort für Werke gleicher 
Art durch die inländische Gesetzgebung jeweils ge- 
währten Schutz auf Grund dieses Übereinkommens 
genießen. Der vertragsmäßige Schutz wird jedoch 
nicht gewährt, wenn das Werk dort, wo es ein- 
heimisch ist, überhaupt keinen gesetzlichen Schutz 
genießt. Es soll ferner nicht länger bestehen, als 
der gesetzliche Schutz dort dauert, wo das Werk 
einheimisch ist. Als einheimisch gilt ein Werk, 
wenn auf dasselbe vermöge seines Erscheinungsorts 
oder vermöge der Staatsangehörigkeit oder des 
Wohnsitzes seines Urhebers die betreffende inlän- 
dische Gesetzgebung Anwendung findet. In Bezug 
auf die vorherige Erfüllung von gewissen Be- 
dingungen und Förmlichkeiten ist ein Unterschied 
zwischen den im österreichischen Reichsrat ver- 
tretenen Ländern und den Ländern der ungarischen 
Krone gemacht. Im Verhältnis zu jenen sind nur 
die Förmlichkeiten zu erfüllen, welche die Gesetz- 
gebung desjenigen Teils vorschreibt, in dessen Ge- 
biet das betreffende Werk einheimisch ist, im Ver- 
hältnis zu diesen auch diejenigen des andern Teils. 
Die übrigen Bestimmungen sind nicht von großer 
Elheblichkeit. 
pe) Mit den Vereinigten Staaten von Amerika 
besteht eine Ubereinkunft betr. den hier in Frage 
kommenden Schutz vom 15. Jan. 1892. Danach 
werden die Angehörigen des einen und des andern 
Staats hinsichtlich des Schutzes vollständig gleich- 
gestellt nach Maßgabe des in jedem der vertrag- 
schließenden Staaten geltenden Rechts. Da letzteres 
bis zum 1. Juli 1909 sehr verschieden war, waren 
die deutschen Urheber den Nordamerikanern gegen- 
über sehr benachteiligt. Vgl. unter IV Abs. 1 am 
Ende. 
3. Außer der Berner bzw. revidierten Berner 
Konvention gibt es noch drei internationale Kon- 
 
	        
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