Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

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brochenen Beziehungen zum Pöäpstlichen Stuhl 
wieder angeknüpft. Fast alle Bewohner des Lan- 
des gehören der katholischen Religion an, außer 
einigen Fremden (Engländer und Deutsche) und 
einer waldensischen, italienischen Ackerbaukolonie 
östlich von Colonia. Es gibt an 50 Pfarreien, 
120 Priester, 100 Kirchen und Kapellen; von 
Orden sind Jesuiten, Kapuziner, Redemptoristen, 
Salesianer usw. vertreten. Ein Teil des Klerus 
empfängt seine Ausbildung im Südamerikanischen 
Kolleg in Rom. 
Das Unterrichtswesen ist trotz des 1884 
für alle 6/12 Jahre alten Kinder angeordneten 
obligatorischen Volksschulunterrichts noch mangel- 
haft; 1900 konnte von den über sechs Jahre alten 
Einwohnern (754 503) fast die Hälfte (350 547) 
nicht lesen und schreiben. Die Leitung des Schul- 
wesens liegt in den Händen eines vom Ministerium 
für Ackerbau, Industrie und Unterricht ressortieren- 
den Consejo Superior de Ensefanza Primaria 
Normal, von denen die Schulräte in den De- 
partements und Distrikten abhängig sind. 1908 
gab es 1781 Volksschulen (1588 auf dem 
Land). Für den mittleren und höheren Unterricht 
bestehen Mittelschulen (darunter mehrere französische 
Collèges), ein Lehrer= und ein Lehrerinnenseminar, 
eine Kriegs= und Marineschule, Handels= und Ge- 
werbeschulen, eine Universität in Montevideo mit 
vier Fakultäten und einer Vorbereitungsschule. 
Armee und Marine. Nach dem Budget 
1910/11 setzt sich die bewaffnete Macht zusammen 
aus dem Generalstab, der Militärverwaltung, 
2 Feldartillerieregimentern, 10 Kavallerieregi- 
mentern, 8 Schwadronen Kavallerie, 8 Batail- 
lonen und 9 Kompagnien Infanterie, 1 Batterie 
Festungeartillerie, 1 Mitrailleusenkompagnie, 
3 Abteilungen Artillerie, 1 Park Genie, der Es- 
korte des Präsidenten usw., zusammen an 690 Of- 
fiziere und 7400 Mann; die Polizeitruppen sind 
an 5000 Mann stark; die Nationalgarde wird auf 
100 000 Mann geschätzt. Die Flotte zählte 1910 
1 modernen Torpedokreuzer, 1 geschützten Kreuzer, 
4 Kanonenboote (4 weitere in Bau), 1 Schulschiff 
und 5 Avisos mit 60 Offizieren, 600 Matrosen, 
62 Geschützen. 
Das Wappen der Republik zeigt in einem 
ovalen, von einer Sonne gekrönten Schild in 
vier Feldern rechts oben in Blau eine silberne 
Wage, links oben in Silber einen schwarzen 
Zinnenturm auf schwarzem Berg (Cerro de Mon- 
tevideo), rechts unten in Silber ein schwarzes 
Pferd und links unten in Blau einen gelben 
Stier. Die Landesfarben sind: Weiß und Blau. 
Die Kriegs= und Handelsflagge ist neunmal blau 
und weiß horizontal gestreift, der oberste und 
unterste Streifen weiß; die obersten fünf Streifen 
werden am Flaggstock von einem gquadratischen 
weißen Feld mit goldener Sonne eingenommen. 
4. Wirtschaftliche Verhältnisse. Die 
gesamte wirtschaftliche Entwicklung des Landes be- 
wegt sich seit einigen Jahren in aufsteigender Linie, 
Uruguay. 
  
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da die politischen Verhältnisse ruhiger und die 
bei den Präsidentenwahlen üblichen Unruhen we- 
niger heftig geworden sind. Die Haupterwerbs- 
quelle der Bevölkerung ist die Viehzucht, der 
15 Mill. Hektar gewidmet sind. Die großen Herden 
von halbverwilderten Rindern, Schafen und Pfer- 
den werden auf großen Estancias (Landgütern) 
gehalten und bleiben hier in der Hauptsache sich 
selbst überlassen. Für 1908 wurde der Vieh- 
bestand auf 9 Mill. Rinder, 1 Mill. Pferde, 
26 Mill. Schafe, 120 000 Schweine usw. ge- 
schätzt. Die Rinderzucht wird weniger der Milch- 
wirtschaft wegen, die noch wenig entwickelt ist, als 
wegen der Gewinnung von Schlachttieren betrieben. 
Der Ackerbau, der ½ Mill. Hektar einnimmt, 
spielt demgegenüber noch eine geringe Nolle, ver- 
mag aber doch in einigen Zweigen Produkte über 
den eignen Bedarf hinaus für die Ausfuhr zu 
liefern. Außer Weizen, Mais, Flachs, Hafer, 
Gerste werden auch Tabak, Wein und Oliven 
kultiviert. An Mineralschätzen scheint das Land 
nicht reich zu sein, und die Ausbeute ist noch in 
den Anfängen; in den nördlichen Departements 
werden einige Goldminen betrieben, sonst erfolgt 
kein Abbau. Die Industrielehnt sich an Viehzucht 
und Landbau an und beschränkt sich hauptsächlich 
auf die Fleischeinsalzereien (Saladeros; an 30), 
Dörrfleischanstalten und die Fleischextraktfabriken, 
deren bekannteste die der Liebigkompanie in Fray 
Bentos am unteren Uruguay ist. 
Der Handel ruht zum großen Teil in den 
Händen von Engländern und Deutschen. Die 
Einfuhr betrug 1909: 37,157, die Ausfuhr 
45.79 Mill. Pesos (à 4.35 Jl). Die wichtigsten 
Produkte der Einfuhr sind Rohmaterialien, Textil- 
waren, Nahrungsmittel, Maschinen und Kohlen; 
der Ausfuhr Wolle, Häute, Fleisch und Fleisch= 
extrakt, Fett und Talg, lebende Tiere, Mineralien 
und Getreide. Die Hauptverkehrsländer sind Groß- 
britannien, Deutschland, Frankreich, Belgien (das 
auch einen Teil der Ausfuhr nach Deutschland 
vermittelt), Argentinien, die Vereinigten Staaten 
und Brasilien. Der Schiffsverkehr vollzieht sich 
großenteils über Montevideo; 1909 liefen 4869 
Schiffe mit 7514 385 Registertonnen ein, 4848 
mit 7457710 Tonnen aus. Den Verkehr mit den 
Orten an den Flüssen La Plata, Uruguay und Pa- 
rand aufwärts besorgt fast ausschließlich die Schiff- 
fahrtsaktiengesellschaft N. Mihanowich (Buenos 
Aires), deren Kapital jetzt größtenteils englisch 
und französisch ist. Die eigne Handelsmarine hatte 
1909: 88 788 Tonnen Gehalt. Der Binnen- 
handel leidet unter dem Mangel an Straßen (an 
8500 km) und Eisenbahnen; 1909waren 2488km 
Bahnen im Betrieb, 308 km im Bau (fast alle 
mit englischem, neuerdings auch nordamerikani- 
schem Kapital unter staatlicher Zinsgarantie ge- 
baut). Die Zahl der Postbureaus betrug 1909 
1025, der Telegraphenanstalten 319 (Länge der 
Drähte 7804 km), der Telephonsprechstellen 4605 
(Drahtlänge 26 584 km).
	        
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