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die möglichenfalls den Charakter von politischen
haben, ist nur noch der Hochverrat durch Mord
oder Versuch des Mords, welche an dem Kaiser,
an dem eignen Landesherrn oder während des
Aufenthalts in einem Bundesstaat an dem Landes-
herrn dieses Staats verübt worden sind, mit dem
Tod bedroht. Gibt sich hierin schon eine be-
merkenswerte veränderte Würdigung der politischen
Delikte gegen früher zu erkennen, so noch mehr in
dem folgenden Umstand. Bei Beratung unseres
Strafgesetzbuchs im norddeutschen Reichstag, spe-
ziell der Abschnitte über Hochverrat und Landes-
verrat und der übrigen, nach der oben mitgeteilten
Bemerkung der Motive, zu den politischen Ver-
brechen im eminenten Sinn zu rechnenden straf-
baren Handlungen, wurde überwiegend der Mei-
nung Ausdruck gegeben, daß für politische Ver-
brechen, so sehr wegen ihrer großen Gefahr für die
gesellschaftliche Ruhe eine scharfe Repression auch
am Platze sei, die für alle Verbrechen nach dem
Entwurf angedrohte entehrende Zuchthausstrafe
doch nicht zur Anwendung gebracht werden dürfe,
da ihre Begehung in der Regel keiner ehrlosen
Gesinnung entspringe und es deshalb nicht nötig
sei, der schweren Strafe noch den Schimpf der
Ehrlosigkeit hinzuzufügen. Auf Grund solcher Aus-
führungen kam dann zunächst eine Spezialbestim-
mung für Hoch= und Landesverrat zur Annahme,
dahingehend, daß hier nur dann auf Zuchthaus-
strafe erkannt werden dürfe, wenn festgestellt werde,
daß die Handlung aus einer ehrlosen Gesinnung
entsprungen sei. Sie ist dann später zu der Be-
stimmung des § 20 des Strafgesetzbuchs gleichen
Inhalts verallgemeinert worden. Demgegenüber
mag nicht unerwähnt bleiben, daß auch Stimmen
laut geworden sind, welche dem politischen Delikt,
sofern es überhaupt als eine besondere Art der
strafbaren Handlungen anerkannt werden könnte,
keinenfalls eine Ausnahmestellung in Ansehung
der Bestrafung einräumen wollen.
Aus dem unter 1 Gesagten ergibt sich weiter,
daß die Feststellung des Begriffs der politischen
Verbrechen fast allein für das Auslieferungswesen
von praktischer Bedeutung ist, indem die Aus-
lieserungsbehörde darüber befinden muß, ob ein
Delikt als politisches oder als ein mit einem solchen
in Verbindung stehendes zu erachten ist oder nicht,
und ob demgemäß und zufolge vertragsmäßiger
Verpflichtung eine etwa beantragte Auslieferung
gewährt oder versagt werden soll. Das Nähere
darüber gehört dem Artikel Auslieferung an. Hier
ist in dieser Beziehung nur noch folgendes zu be-
merken. Noch mehr als in der vorher erwähnten
Milderung der Strafandrohung für die politischen
Verbrechen gibt sich eine veränderte Würdigung
derselben in der veränderten Ausführungspraxis zu
erkennen. Es mag hier dahingestellt bleiben, in-
wieweit man früher von einem wirklichen Völker-
recht sprechen konnte, jedenfalls war es bis in die
neueste Zeit hinein völlerrechtliche Praxis, poli-
tische Verbrecher ohne Ausnahme auszuliefern.
Verbrechen,
politische.
Das moderne Völkerrecht dagegen erkennt eine
Verpflichtung zur Auslieferung eines Verbrechers
überhaupt nicht an, es sei denn auf Grund beson-
derer vertragsmäßiger Festsetzung. Nun ist bereits
oben die sog. belgische Attentatsklausel mitgeteilt.
Danach scheidet für den Verkehr zwischen solchen
Ländern, welche untereinander Auslieferungsver-
träge unter Aufnahme dieser Klausel abgeschlossen
haben, der Hochverrat durch Mord oder Versuch
des Mords am Staatsoberhaupt aus den politi-
schen Verbrechen aus; er gilt als gemeines Ver-
brechen, wegen dessen die Auslieferung stets statt-
findet. Im übrigen aber findet im geraden Gegensatz
zu früher regelmäßig nach den unter 1 erwähnten
Vertragsbestimmungen eine Auslieferung wegen
politischer und anderer mit solchen in Verbindung
stehender Verbrechen und Vergehen nicht statt.
Also die meisten Kulturstaaten sträuben sich, selbst
vertragsmäßig die Verpflichtung zur Auslieferung
zu übernehmen, und es gibt sogar Staaten, wie
oben bemerkt, welche die belgische Attentatsklausel
aufzunehmen und wegen Hochverrats in den darin
bezeichneten Fällen auszuliefern ablehnen. — Über
die Stellung der politischen Verbrechen in der
Rechtspflege im Zusammenhang mit der Ausliefe-
rung sodann noch folgendes. Die Entscheidung
über Gewährung oder Versagung der Auslieferung
zu treffen und diese zur Ausführung zu bringen,
ist ein Akt der Rechtshilfe, ein Verwaltungsakt,
wie die herrschende Meinung, entsprechend der sog.
Orforder These, annimmt und gehört somit dem
Gebiet der staatlichen Verwaltung und nicht dem
der eigentlichen Rechtspflege an. Indessen können
auch die mit der Strafrechtspflege betrauten Be-
hörden in die Lage kommen, selbständig entscheiden
zu müssen, ob ein politisches Delikt im Sinn der
Auslieferungsverträge vorliegt oder nicht. Das
ist einmal der Fall, wenn nach erfolgter Ausliefe-
rung seitens des Beschuldigten der Einwand der
Unzulässigkeit des Strafverfahrens gemacht wird,
weil entgegen der Annahme des ausliefernden
Staats ein politisches Verbrechen in Frage stehe.
Sodann auch unter folgenden Umständen. Die
meisten Auslieferungsverträge enthalten die Be-
stimmung, daß eine Person, welche wegen eines
gemeinen Verbrechens oder Vergehens ausgeliefert
worden ist, in demjenigen Staat, an welchen die
Auslieferung gewährt ist, in keinem Fall wegen
eines von ihr vor der Auslieferung verübten poli-
tischen Verbrechens oder Vergehens, noch wegen
einer Handlung, die mit einem solchen politischen
Verbrechen oder Vergehen im Zusammenhang steht,
zur Untersuchung gezogen und bestraft werden dürfe.
Für den § 3 Ziff. 4 des Wahlgesetzes für den
deutschen Reichstag endlich ist die Feststellung des
Begriffs der politischen Verbrechen von geringerer
Bedeulung. Es ist kein Fall bekannt geworden, in
dem diese Bestimmung praktische Anwendung ge-
sunden hätte. Die mitgeteilte Bestimmung des §20
des Strafgesetzbuchs hat indirekt die etwaigen
Schwierigkeiten in der Hauptsache beseitigt.
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