Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

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mokraten; im 61. waren es 59 Republikaner und 
32 Demokraten bei einer Vakanz). 
Seit langer Zeit besteht eine starke Strömung 
in den Vereinigten Staaten dafür, daß die Sena- 
toren direkt vom Volk erwählt werden sollten; 
darauf bezügliche Verfassungsamendements sind 
vom Repräsentantenhaus wiederholt angenommen, 
vom Senat selbst aber stets verworfen worden. 
Im Juni 1911 stimmte der Senat der Wahl 
durch das Volk zu; da er aber einige Anderungen 
an dem Entwurf des Repräsentantenhauses an- 
brachte, ging dieser an die Konferenzkommission, 
deren Entscheidung noch aussteht. In manchen 
Staaten ist die Wahl durch das Volk indirekt 
dadurch bewerkstelligt worden, daß die Kandidaten 
für die Staatslegislaturen auf bestimmte Senats- 
aspiranten verpflichtet werden. 
Das amerikanische Parteiwesen ist ähnlich 
wie in England ursprünglich ein Zweiparteien- 
system gewesen und trotz der Bildung einiger 
kleineren Parteien beherrschen die zwei alten, die 
Republikaner und Demokraten, die Politik (val. 
Sp. 720 f und Art. Parteien, politische, Bd III, 
Sp. 1617). Bei der Präsidentschaftskampagne 
1908 erhielten die Republikaner 7637 676, die 
Demokraten 6393 182, die Prohibitionisten (deren 
Hauptziel das Verbot der Herstellung und des Ver- 
kaufs von Spirituosen ist) 241 252, die seit den 
1890er Jahren stark zurückgegangene populistische 
Partei 33 870, die unabhängige Partei (eigentlich 
nur die Anhänger des Zeitungsbesitzers Hearst) 
83 186, die Sozialdemokraten 433 289 Stimmen. 
Bei den Kongreßwahlen 1910 haben die Demo- 
kraten die Mehrheit im Repräsentantenhaus er- 
langt und auch die Zahl der Sozialisten ist etwa 
auf 1 Mill. gestiegen. 
Eng mit dem Parteiwesen verbunden ist die 
in weiten Kreisen herrschende öffentliche Kor- 
ruption, die namentlich in Großstädten grell 
hervorgetreten ist. Wenn auch die Parteien nicht 
mehr in dem Maß wie früher Organisationen zu 
dem Zweck sind, ihren Anhängern gut bezahlte 
Stellen zu verschaffen, so herrschen doch manche 
unerfreuliche politische Verhältmisse infolge des sog. 
Beutesystems, das darin besteht, daß die jeweils 
siegreiche Partei eine große Masse von Beamten 
gewisser Rangstufen in Bund, Einzelstaat und 
Gemeinde ihrer Amter enthebt und an deren Stelle 
eigne Parteimänner setzt, so daß in den Verwal- 
tungen oft unfähige und unehrliche Menschen nur 
wegen ihrer Zugehörigkeit zur obsiegenden Partei 
angestellt werden. Auch über die Korruption von 
Beamten der Union, der Staaten und der Städte, 
selbst. über die Bestechlichkeit der Mitglieder des 
Kongresses und der Legislaturen der Staaten, 
über öffentlichen Stimmenkauf und Stimmen- 
handel wird vielfach geklagt und eklatante Bei- 
Vereinigte Staaten. 
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Käuflichkeit erhoben worden. Die enge Verbin- 
dung der großen Korporationen, welche die Lie- 
ferungen für die Gemeinden besorgen, der Gas-, 
Wasser--, Straßenbahn-, Telephongesellschaften 
usw., mit der Parteimaschinest ein Charakteristikum 
der amerikanischen Großstadtverwaltung. Selbst 
die vom Bund für die Teilnehmer am Sezessions- 
krieg gewährten Veteranenpensionen sind vielfach 
nur Belohnung für bei den Wahlen geleistete poli- 
tische Dienste. In Bezug auf die Bundesbeamten 
wurde der Korruption ein gewisser Riegel durch 
die Civil Service Reform vorgeschoben: 1883 
wurde durch Bundesgesetz beschlossen, daß für den 
bürgerlichen Dienst in der Union nur solche Be- 
amte angestellt werden dürfen, die ihre Befähigung 
durch ein Examen vor der Kommission für den 
Zivildienst nachgewiesen haben. 
Union und Gliedstaaten. Die Vereinigten 
Staaten bilden einen Bundesstaat, in dem die 
volle Souveränilät nur der Union als solcher, 
nicht aber den einzelnen Staaten zusteht; daß 
letztere nicht mehr die volle Souveränität besitzen, 
geht unter anderem daraus hervor, daß sie nicht 
mehr Krieg führen können, da nur die Union als 
solche das Kriegsrecht besitzt. Das Verhältnis 
zwischen Union und Gliedstaat ist im allgemeinen 
dieses, daß die Befugnisse, die den Vereinigten 
Staaten durch die Verfassung nicht ausdrücklich 
übertragen noch den Staaten ausdrücklich entzogen 
sind, den betreffenden Staaten oder dem Volk zu- 
stehen. Für bestimmte in der Verfassung bezeich- 
nete Gebiete ist allein die Union und damit in 
gesetzgeberischer Beziehung der Kongreß zuständig. 
(vogl. die Rechte des Kongresses, oben); der Kon- 
greß kann aber auch diejenigen Gesetze erlassen, 
die notwendig und geeignet sind, seine Befugnisse 
zu verwirklichen und durchzuführen. Den Einzel- 
staaten ist nach der Verfassung ausdrücklich ver- 
boten: in irgend ein Vertragsverhältnis zu treten, 
Bündnisse zu schließen oder untereinander Ver- 
bindungen einzugehen, Kaperbriefe auszustellen, 
Münzen zu prägen, Kreditbillette auszugeben, zur 
Bezahlung von Schulden ein anderes Zahlungs- 
miltel als Gold= und Silbermünzen zu verwenden, 
Gesetze zu erlassen, die eine strafgerichtliche Ver- 
urteilung enthalten, denen eine rückwirkende Kraft 
beigelegt wird oder welche die vertragsmäßigen 
Verbindlichkeiten vermindern, und irgend welche 
Adelsprädikate zu verleihen. Kein Staat darf 
ohne Zustimmung des Kongresses auf die Einfuhr 
oder Ausfuhr Zölle oder Abgaben legen, außer in 
dem Fall, wenn er ihrer zur Durchführung seiner 
Kontrollgesetze (die überdies der Abänderung und 
1 Beaussichtigung des Kongresses unterworsen sind) 
dringend bedarf; der Reinertrag dieser Zölle und 
Abgaben fließt in die Kasse der Union. Kein 
Staat darf ohne Zustimmung des Kongresses 
  
  
spiele der Korruption auch dieser Kreise sind in! Tonnengeld auferlegen, im Frieden Truppen oder 
den letzten Jahrzehnten wiederholt nachgewiesen Kriegsschiffe halten, mit einem Staat oder einer 
worden. Ebenso sind gegen manche Zeitungen de benden Macht eine Abmachung oder Verein- 
größeren Städie schwere Beschuldigungen wegen barung treffen oder sich in Krieg einlassen (außer
	        
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