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haus zwei, für den Senat vier Jahre. Wie im
Bund, so findet bei den Repräsentantenhäusern
stets eine Integralerneuerung, bei den Senaten
meist eine hälftige Erneuerung alle zwei Jahre
statt. In manchen Staatsverfassungen ist die
Dauer der Session streng begrenzt (40/90 Tage),
doch kann unter bestimmten Voraussetzungen eine
Verlängerung stattfinden; in den einen Staaten
werden Sessionen alle Jahre, in andern nur alle
zwei Jahre abgehalten. Die Gesetzesinitiative
steht ausschließlich den Legislaturen zu, und zwar
beiden Kammern in gleicher Weise; in einigen
Staaten müssen allerdings die Geldbills vom Re-
präsentantenhaus ausgehen. Verfassungsände-
rungen in den Einzelstaaten werden, falls eine
Generalrevision beabsichtigt ist, fast ausschließlich
durch eine ad hoc erwählte verfassunggebende
Konvention (Constitutional Convention) be-
wirkt; in der Regel ist es der Legislatur über-
lassen, die Frage nach einer Generalrevision auf-
zuwerfen, in einigen Staatsverfassungen jedoch
besteht die Anordnung, daß das Volk in bestimm-
ten Zwischenräumen befragt wird, ob eine Er-
neuerung der Verfassung vorgenommen werden
soll oder nicht. Die Initiative zu einzelnen Ab-
änderungsartikeln aber steht immer der Legislative
zu; stets müssen beide Häuser über die Abänderung
übereinstimmen und meist wird eine Zweidrittel-
oder Dreifünftelmehrheit der beiden gesetzgebenden
Kammern, in mehreren Staaten außerdem Vor-
lage an das Volk gefordert. — Über die Ver-
waltung der einzelnen Staaten s. unten Sp.748 f.
Rechtsstellung der Bürger. Ver-
fassungsänderungen. Die Verfassung ver-
bürgt Schutz der persönlichen Freiheit, Schutz vor
willkürlicher Verhaftung (durch Übernahme der
englischen Habeascorpusakte in die Verfassung),
vor Strafgesetzen mit rückwirkender Kraft oder Ge-
setzen, die eine strafgerichtliche Verurteilung ent-
halten (Bills of attender), Gleichheit aller vor
dem Gesetz usw.; sie verbietet die Auflegung von
Kopfsteuern oder andern direkten Steuern, die
nicht im Verhältnis zu der Volkszählung oder son-
stigen Aufzählungen stehen, von Ausfuhrzöllen und
Zöllen beim Ubergang von einem Unionsstaat in
einen andern, Beschränkungen des Küstenhandels
und Ungleichheiten in der handelspolitischen Ge-
setzgebung, die Verleihung von Adelsprädikaten
und die Führung von Adelstiteln durch Bürger
der Union, die Annahme von Tileln und Orden
seitens der Unionsbeamten ohne Zustimmung des
Kongresses usw. Die Bürger eines jeden Unions-
staats genießen alle Privilegien und Freiheiten
der Bürger in allen andern Staaten. Ameri-
kanischer Bürger ist vor allem jeder, der als Kind
eines Amerikaners geboren ist, auch wenn die
Geburt im Ausland erfolgte, sowie jeder, der in
der Union geboren ist und ihrer Hoheit unter-
steht. Ein volljähriger Ausländer kann das Bürger-
recht erwerben nach mindestens fünfjährigem Auf-
enthalt in der Union, wenn er vor dem zuständigen
Vereinigte Staaten.
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County= oder Bundeskreisgericht auf Eid erklärt,
daß es seine ehrliche Absicht ist, amerikanischer
Bürger zu werden und seinem bisherigen Staats-
wesen abzuschwören; den noch nicht 18 Jahre
alten Eingewanderten wird diese eidliche Erklä-
rung erlassen.
Verfassungsänderungen können nur durch das
Volk selbst geschehen, der Anstoß dazu aber kann
vom Kongreß oder von den Legislaturen der
Einzelstaaten ausgehen. Wenn zwei Drittel beider
Häuser des Kongresses es für notwendig halten,
Verfassungsänderungen vorzuschlagen, oder wenn
zwei Drittel der gesetzgebenden Versammlungen der
einzelnen Staaten es beantragen, muß der Kon-
greß einen besondern Verfassungskonvent berufen,
der Abänderungsvorschläge zu machen hat. Diese
Abänderungen erlangen als Teile der Verfassung
erst dann Rechtswirksamkeit, wenn von den gesetz-
gebenden Versammlungen von drei Vierteln der ein-
zelnen Staaten oder von den Verfassungskonventen
von drei Vierteln der Staaten angenommen sind
(welche Form der Annahme stattzufinden hat, be-
stimmt der Kongreß).
IV. Verwaltung. Die vollziehende Gewalt
in der Union ist einem Präsidenten der Ver-
einigten Staaten übertragen; er ist der alleinige
verantwortliche Träger der vollziehenden Macht;
alle Regierungsabteilungen sind einzig von den
Weisungen des Präsidenten abhängig und alle
Anordnungen der Regierungsbehörden geschehen
in seinem Namen. Er bekleidet sein Amt auf die
Dauer von vier Jahren (Amtsantritt am 4. März);
seine Wahl erfolgt indirekt durch das Volk selbst
nach folgenden Bestimmungen: Jeder Staat er-
nennt in der Weise, die jede gesetzgebende Ver-
sammlung der Einzelstaaten selbst zu bestimmen
hat, eine Anzahl von Wahlmännern, und zwar so
viel, als der Staat Senatoren und Repräsentanten
im Kongreß hat;z jedoch darf kein Senator oder
Repräsentant noch irgend eine Person, die ein be-
zahltes oder unbezahlles Unionsamt inne hat, zum
Wahlmann ernannt werden (obwohl es jedem
Staat überlassen ist, die Wahlmänner direkt oder
indirekt, geheim oder öffentlich wählen zu lassen,
so werden in der Regel die der Zahl der Re-
präsentanten entsprechenden Wahlmänner in den
betreffenden Kongreßwahlkreisen direkt vom Volk,
die der Zahl der Senatoren entsprechenden zwei
Wahlmänner verschieden gewählt). Die Wahl
dieser „Elektoren“ findet nach einem Unionsgesetz
in jedem vierten Jahr am Dienstag nach dem
ersten Montag im November statt. Die Wahl-
männer versammeln sich am ersten Mittwoch im
Dezember in den betreffenden Staaten (regelmäßig
in der Hauptstadt) und geben zwei getrennte
Stimmzettel für den Präsidenten und Bizepräsl-
denten ab. Über alle Personen, für die als Präsi-
dent und für die als Vizepräsident Stimmen ab-
gegeben sind, und über die Zahl der Stimmen für
einen jeden werden besondere Listen angelegt. Diese
Listen werden, unterzeichnet und mit einer Be-