Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

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vorgelegt wurde, an das Haus zurücksenden, in 
dem er entstanden war; wenn aber der Entwurf 
von beiden Häusern wiederum mit Zweidrittel- 
mehrheit angenommen wird, so ist er Gesetz auch 
ohne die Zustimmung des Präsidenten. Ebenso 
wird ein Entwurf ohne seine Zustimmung Gesetz, 
wenn der Präsident einen vom Kongreß ange- 
nommenen und ihm zugestellten Entwurf inner- 
halb zehn Tagen nicht unterzeichnet, aber auch 
nicht zurückschickt. Analog wird bei jeder Anord- 
nung, jedem Beschluß oder jeder Abstimmung, zu 
der die Mitwirkung des Repräsentantenhauses und 
Senats erforderlich ist, bezüglich der Genehmi- 
gung des Präsidenten verfahren. 
Zur Vollziehung der Gesetze und Handhabung 
der Zentralverwaltung stehen dem Präsi- 
denten die einzelnen Regierungsabteilungen und 
unabhängige Amter, deren Vorstände nach seiner 
Weisung zu handeln haben, zur Seite. Welche 
Amter geschaffen werden sollen, bestimmt der Kon- 
greß durch Gesetz, die Personen werden vom 
Präsidenten mit Zustimmung des Senats ernannt. 
Die einzelnen Regierungsabteilungen sind die 
Staatsabteilung (Abteilung für die auswärtigen 
Angelegenheiten) mit einem Staatssekretär an der 
Spitze, das Schatzamt (Schatzsekretär), die Ab- 
teilung für das Kriegswesen (Kriegssekretär), das 
Generalpostamt (Generalpostmeister), die Abtei- 
lung für das Justizwesen (Attorney General), 
das Marineamt (Marinesekretär), die Abteilungen 
des Innern, für Ackerbau und für Handel und 
Arbeit (Sekretär für Inneres usw.). Außerdem 
gibt es den Hauptabteilungen nicht untergeordnete 
Kommissionen, deren Vorstände unmittelbar unter 
dem Präsidenten die Verwaltung führen: die 
Smithsonian Institution (die wissenschaftliche 
Aufsätze in eignen Zeitschriften veröffentlicht), die 
Iaterstate Coemmerce Commission, bie Staats- 
druckerei, das Nationalheim für Freiwillige, das 
Internationale Bureau der amerikanischen Frei- 
staaten, die Isthmuskanalkommission, die Kom- 
missare für den District of Columbia. Die neun 
Sekretäre bilden zusammen den Kabinettsrat des 
Präsidenten; das Kabinett versammelt sich auf 
Ersuchen des Präsidenten, um über wichtigere 
Angelegenheiten zu beraten und dem Präsidenten 
Vorschläge zu machen, doch ist dieser dadurch nicht 
gebunden, da die Sekretäre nur Ralgeber und 
Gehilfen sind, der Präsident aber der allein Ver- 
antwortliche und Entscheidende ist; die vom Präsi- 
denten unterzeichneten Aktenstücke bedürfen einer 
Gegenzeichnung durch einen Sekretär nicht. Da 
die Sekretäre die politischen Vertrauensmänner 
des Präsidenten sind, so steht ihm das (in der 
Versassung allerdings nicht ausdrücklich bezeichnete) 
Recht zu, sie nach Belieben zu entlassen. — Der 
Präsident, der Vizepräsident und alle andern 
bürgerlichen Beamten der Union können aus ihrem 
Amt entfernt werden, wenn sie wegen Hochverrats, 
Bestechung und anderer schwerer Verbrechen und 
Vergehen von dem Repräsentantenhaus angeklagt 
Vereinigte Staaten. 
  
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und vom Senat mit Zweidrittelmehrheit verurteilt 
werden (das sog. impeachment); ist das Ver- 
fahren gegen den Präsidenten der Union gerichtet, 
so führt den Vorsitz im urteilenden Senat nicht 
der Vizepräsident, sondern der Präsident des Ober- 
bundesgerichts. Das Urteil des Senats ist sofort 
rechtskräftig. 
Die innere Verwaltung ist im allgemeinen 
Sache der Einzelstaaten; zur Zuständigkeit des 
Sekretärs des Innern jedoch gehört die Verwaltung 
der Territorien und der Angelegenheiten der 
Indianer. 
An der Spitze der Verwaltung der Ein- 
zelstaaten steht überall ein Gouverneur, der 
direkt vom Volk gewählt wird, und zwar nach dem 
Wahlgesetz des betreffenden Staats. Das Recht 
der Wiederwahl ist in den einen Staaten un- 
beschränkt, in andern darf die gleiche Person das 
Amt nur eine gewisse Zahl von Jahren bekleiden 
oder nicht unmittelbar wieder gewählt werden. 
Wenn bei der Volkswahl kein Kandidat die Mehr- 
heit erhalten hat, so hat die Staatslegislatur den 
Gouverneur aus denjenigen Kandidaten zu wählen, 
auf welche die meisten Stimmen gefallen sind. Die 
Amtsdauer ist in den Staaten verschieden (1 bis 
4 Jahre), die Besoldung schwankt zwischen 1000 
und 10 000 Dollar. Den Gouverneur vertritt im 
Behinderungsfall, bei Tod, Unfähigkeit u. dgl. in 
den meisten Staaten ein Lieutenant-Governor, 
der in gleicher Weise und auf die gleiche Zeit wie 
der Gouverneur gewählt wird; in andern Staaten 
vertritt ihn der Senatspräsident oder Staats- 
sekretär. Die Rechte und Pflichten des Staats- 
gouverneurs entsprechen im allgemeinen denen des 
Präsidenten der Union, doch ist seine Kompetenz 
erheblich geringer: das Recht, die Beamten zu er- 
nennen, ist meist unbedeutend, das Begnadigungs- 
recht eingeschränkter; die Beamten, die dem Gou- 
verneur in der Staatsverwaltung zur Seite stehen 
und die Minister vertreten (Sekretäre, Auditoren, 
Schatzmeister u. dgl.), werden in der Regel nicht 
von ihm ernannt, sondern bei den allgemeinen 
Wahlen zur Staatslegislatur gewählt, hie und da 
auch von der gesetzgebenden Körperschaft ernannt 
und haben vielfach einen selbständigen Anteil an 
der höchsten Exekutivgewalt. Der Gesetzgebung 
gegenüber haben die Gouverneure der Einzel- 
staaten ähnliche Befugnisse wie der Unionspräsi- 
dent: sie können den Legislaturen in ihren Bot- 
schaften gesetzgeberische Maßnahmen empfehlen, 
aber keine Gesetzesvorschläge machen; in allen 
Staaten (außer zwei) hat der Gouverneur ein 
suspensives Velo, das aber oußer Kraft tritt, wenn 
ein von ihm nicht genehmigter Gesetzentwurf wie- 
derum von beiden Häusern angenommen wird (in 
den einen Staaten mit einfacher, in andern mit 
Zweidrittel- oder Dreifünftelmehrheit). 
Territorien. Zurzeit bestehen noch vier 
Territorien; Arizona und Neumexiko sind je- 
doch bereits prinzipiell als Staaten zugelassen, nur 
müssen ihre von den gesetzgebenden Konventionen
	        
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