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Friedensrichter in den Townships und der Polizei-
richter in den Städten; in den Counties bestehen
Countygerichte (Courts of Record), an denen
teils lokale Countybeamte teils Bezirks= oder
Kreisrichter, die von County zu County gehen,
die richterlichen Befugnisse ausiüben; an diesen
Gerichten gibt es in der Regel eine große und
kleine Jury. In jedem Staat gibt es ferner einen
höchsten Gerichtshof oder Appellhof mit einem
Oberrichter und Beirichtern. In jedem Terri-
torium besteht ein Unionsgericht mit je einem
Oberrichter und zwei oder mehreren Beirichtern.
Die Urteile, Beschlüsse und Verfügungen der Ge-
richte werden von besondern Vollstreckungsbeamten,
den Marschällen, vollstreckt.
VI. Heer und Flotte; Aßbzeichen. Die Ver-
teidigung der Union zu Wasser und zu Land ist
Pflicht der Bundesgewalten; es gibt nur ein Heer
und eine Marine der Union. Davon ist die Miliz
zu unterscheiden, die in der Regel dem Kommando
der einzelnen Staaten untersteht und in gewissen
Fällen von der Union zur Hilfeleistung heran-
gezogen werden kann; jeder Staat hat im Innern
selbst für Ruhe und Ordnung zu sorgen und ist
bei der Organisation und Verwendung der Miliz
von den Bundesgewalten unabhängig. — Die
Bestimmungen über Organisation und Ausbildung
des Heeres und der Marine, über Lage und Art
der Befestigungen werden vom Kongref erlassen;
den Oberbefehl führt der Unionspräsident, der
auch über die Höhe der Friedenspräsenzstärke
innerhalb bestimmter Grenzen (von 76900 Mann
bis zum Höchstbetrag von 100 000 Mann), über
die Stärke der Truppenteile und die Garnisonen
Bestimmungen trifft; für die Leitung und Ver-
waltung steht ihm die Kriegsabteilung (mit dem
Kriegssekretär) zur Seite. Die Ergänzung des
stehenden Heers und der Marine geschieht durch
Werbung auf 3 Jahre; außerdem gehören alle
waffenfähigen Männer vom 18. bis 45. Jahr
den Milizen der Einzelstaaten an. Das stehende
Heer zählte Juli 1910: 4430 Offiziere und
76901 Mann; dazu kamen das Hospitalkorps
mit 3500 Mann, die Militärakademie mit 533
Kadetten und die eingebornen Schützen auf den
Philippinen mit 5731 Mann. Die organisierte
Miliz der Staaten und Territorien zählt an
111 000 Mann. — Eine neue Gliederung des
Heers ist seit Mai 1910 in Angriff genommen.
Das ganze Gebiet der Vereinigten Staaten wird
in acht Militärdepartements geteilt und in jedem
Jedes
soll ein Armeekorps ausgestellt werden.
Armeekorps soll aus drei Infanteriedivisionen zu
je drei Infanteriebrigaden zu je drei Regimentern,
einem Kavallerieregiment zu neun Schwadronen,
einem Feldartillerieregiment zu zwei Abteilungen
zu je drei Batterien, einem Geniebataillon, zwei
Kompagnien Signaltruppen und den dazu ge-
hörigen Trains und Hilfsdiensten zusammengesetzt
sein. Die neue Organisation bezweckt zugleich,
schon im Frieden eine enge Verschmelzung der
Vereinigte Staaten.
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Truppen der regulären Armee mit den Milizen
herbeizuführen.
Die Flotte der Vereinigten Staaten zählte
Anfang 1910 einschließlich der für die Küsten-
verteidigung bestimmten (63) Fahrzeuge 152
Schiffe (29 Schlachtschiffe erster Klasse, 10 Panzer-
kreuzer, 5 Kreuzer erster, 7 zweiter, 17 dritter
Klasse, 21 Torpedojäger) mit 745.019 Tonnen,
1 433 098 indizierten Pferdekräften, 1416 Ge-
schützen, 228 Lancierrohren und einem Etat von
49651 Offizieren und Mann; außerdem für den
Hilfsdienst 149 Fahrzeuge. Im Bau waren 4
Schlachtschiffe erster Klasse, 2 Flottenkohlenschiffe,
10 Unterseeboote und 15 Torpedojäger, 18 wei-
tere Schiffe bewilligt.
Das Wappen der Vereinigten Staaten zeigt
einen Adler, über dessen Kopf ein Band mit
der Devise E pluribus unum schwebt; auf der
Brust des Adlers befindet sich ein weiß und rot
gestreifter Schild, in dessen oberer linker Ecke auf
blauem Grund so viel silberne Sterne sichtbar sind,
als die Union Staaten enthält (zurzeit 46). Die
Flagge ist von Rot und Weiß (mit Rot beginnend
und schließend) 13mal horizontal gestreift; in der
blauen sechs Streifen einnehmenden oberen Ecke
am Flaggstock sind soviel weiße Sterne, als die
Union Staaten hat.
VII. Ankerricht. Das Unterrichtswesen ist in
den Vereinigten Staaten Sache der Einzelstaaten,
Gemeinden und Privaten und daher nicht einheitlich
organisiert. Die Union als solche unterhältein natio-
nales Erziehungsbureau in Washington (National
Board of Education), das aber fast nur statisti-
sche Aufgaben zu erfüllen hat. Der Bund hat
ferner im Lauf der Jahrzehnte außer einigen Geld-
bewilligungen den einzelnen Staaten für die
Schulfonds den 18. bis 36. Teil der öffentlichen
Ländereien sowie seit 1890 jährlich je 25.000
Dollar überwiesen. In jedem Einzelstaat leitet
das Unterrichtswesen ein Unterrichtsaufsichtsamt
(State Boardof Education, Superintendent of
Education usw.), dessen Rechte und Pflichten
ziemlich verschieden sind; überall hat es schulstati-
stische und andere für das Erziehungswesen inter-
essante und wertvolle Daten zu sammeln, die
staatlichen Schulfonds zu verwalten und den ein-
zelnen Schulbezirken die daraus zufließenden
Gelder (meist auf Grund des Schulbesuchs) zu-
zuteilen. Ihr Aussichtsrecht ist in der Regel auf
die Elementar= und Mittelschulen beschränkt.
Die Schulen stufen sich ab in Kindergärten,
Elementarschulen, High Schools, Normalschulen,
Colleges und Universitäten. Die Kindergärten
sind seit 1868 nach Fröbelschem Muster eingeführt
worden und haben weite Verbreitung erlangt
(über 8000),. Für die Elementarschulen be-
steht noch nicht in allen Staaten der staatliche
Schulzwang, namentlich nicht in denen des Sü-
dens; aus diesem Grund und infolge der ge-
ringen Bildung vieler Einwanderer ergab die
Zählung von 1900 einen ziemlich hohen Prozent-