Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

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setzgebungen des 18. Jahrh. hervor, und zwar 
namentlich im Preuß. Allgem. Landrecht Tl 1, 
Tit. 11, §§ 996/1036. Neben diesem ordnete 
dann noch das Badische Landrecht, das Sächsische 
Bürgerliche Gesetzbuch und das Osterreichische Ge- 
setzbuch das Verhältnis; diese Gesetzgebungen sind 
aber auch bis in die neuesten Zeiten hinein die 
einzigen geblieben, die sich damit beschäftigten. 
Sie waren lückenhaft und genügten allmählich 
nicht mehr den Anschauungen und Bedürfnissen des 
modernen Verkehrs. Aber erst mit Errichtung des 
Norddeutschen Bundes bzw. des Deutschen Reichs, 
nach deren Verfassungen (Art. 4, Nr 6) der Schutz 
des geistigen Eigentums der Gesetzgebung des 
Bundes bzw. Reichs unterliegen sollte, kam der 
Zeitpunkt für die notwendige gesetzliche Neu- 
reglung. Das Verlagsrecht hängt mit dem Ur- 
heberrecht eng zusammen. Eine sachgemäße Ord- 
nung des ersteren setzte die des letzteren als des 
prinzipiellen Rechts voraus. Nun erging zwar 
unter dem 11. Juni 1870 ein Bundes-, später 
Reichsgesetz betreffend das Urheberrecht an Schrift- 
werken, Abbildungen, musikalischen Kompositionen 
und dramatischen Werken, am 9. Jan. 1876 das 
Reichsgesetz betreffend das Urheberrecht an Werken 
der bildenden Künste und am 10. Jan. das be- 
treffend den Schutz der Photographien gegen un- 
befugte Nachbildung. Aber weder bei diesen Ge- 
legenheiten noch bei Erlaß des Bürgerlichen Gesetz- 
buchs und des Handelsgesetzbuchs fand die Aufgabe 
ihre Lösung. In dem Art. 76 des Einführungs- 
gesetzes zum B.G.B. hieß es sogar, daß die landes- 
gesetzlichen Vorschriften über das Verlagsrecht un- 
berührt bleiben sollten. Der Grund hierfür war 
indessen in dem Umstand zu suchen, daß die An- 
gelegenheit sich mehr für ein besonderes Gesetz 
eignete und gleichzeitig mit einer Neugestaltung 
des wenig befriedigenden Urheberrechts geregelt 
werden sollte, welch letzteres ohnehin infolge der 
Entwicklung der internalionalen Rechtsbeziehungen 
auf diesem Gebiet durch den Abschluß der Berner 
Konvention der Anderung bedurfte (vgl. d. Art. 
Urheberrecht). Zunächst aber wurde im Winter 
1900/01 dem Reichstag nur der Entwurf eines 
Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der 
Literatur und der Tonkunst vorgelegt und gleich- 
zeitig der eines Gesetzes über das Verlagsrecht. 
Beide Entwürfe sind dann mit einigen Abände- 
rungen Gesetze vom 19. Juni 1901 mit Kraft 
vom 1. Jan. 1902 geworden. Zur Ausführung 
der revidierten Berner Ubereinkunft (vgl. d. Art. 
Urheberrecht) hat das Gesetz unter dem 22. Mai 
1910 kleine Zusätze (in § 2. Abs. 2) erhalten. 
Dieses Gesetz über das Verlagsrecht hat in- 
dessen die durch den Abschluß eines Verlagsver- 
trags enstehenden rechtlichen Verhältnisse nur in- 
soweit geordnet, als ein nach dem gleichzeitig 
erlassenen Gesetz über das Urheberrecht geschütztes 
Werk Gegenstand des Vertrags ist. Die Verlags- 
verträge über Werke der bildenden Künste und der 
Photographie sind unberücksichtigt geblieben. Man 
  
Verlagsrecht. 
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hat es aber auch unterlassen, bei der Neureglung. 
des Urheberrechts an diesen mittels Gesetzes vom 
9. Jan. 1907 (vgl. wieder den Art. Urheberrecht) 
das Verlagsrecht an diesen Werken zu ordnen, da 
„die auf dem Gebiet des Kunstverlags in Betracht 
kommenden Verhältnisse nach den Darlegungen 
der Sachverständigen so mannigfaltig“ seien, „daß 
eine einheitliche, allen Ansprüchen gerecht werdende 
Reglung zurzeit kaum möglich“ sei. Dieser Teil 
des Verlagsrechts richtet sich daher nach dem bis- 
herigen Recht, d. h. nach Landesrecht bzw. den 
Vertragsabschlüssen und der auch auf diesem Ge- 
biet herrschenden Verkehrssitte. Eine analoge An- 
wendung der Vorschriften des Verlagsgesetzes auf 
diese Verhältnisse dürfte nur in beschränktem Maß 
angängig sein. 
II. Die folgenden Ausführungen haben dem- 
nach nur das Verlagsrecht nach Maßgabe des 
Gesetzes vom 19. Juni 1901 zum Gegenstand. 
Seinem § 1 nach beschränkt sich das Gesetz auf 
die Reglung des Verlagsvertrags an Werken der 
Literatur und der Tonkunst. Unter diesen Werken 
ist aber alles zu verstehen, was das Urheberrechts- 
gesetz von demselben Tag unter diesen Werken be- 
greift, also neben Schriftwerken auch Reden und 
Vorträge, gewisse Abbildungen und choreographi- 
sche und pantomimische Werke. Das Gesetz bringt 
den erwähnten Art. 76 des Einf. Ges. zum B.G.= 
B. zur Erledigung und ist so aufzufassen, als ob 
es einen besondern Titel dieses Gesetzbuchs im 
Buch über die Schuldverhältnisse bilde. Seine 
Vorschriften sind mit sehr wenigen Ausnahmen 
dispositiver Natur, so daß für das Verlagsrecht 
zunächst der aus dem Verlagsvertrag zu ent- 
nehmende Wille der Parteien und erst, wo dieser 
aus dem Vertrag selbst oder den sonst obwaltenden 
Umständen nicht mit Sicherheit erkannt werden 
kann, die gesetzlichen Bestimmungen als Regeln 
für die Ergänzung dieses Willens maßgebend sind. 
Sachlich hat das Gesetz kein wesentlich neues Recht 
schaffen, sondern nur das in Übung befindliche 
Recht feststellen, bestimmte Streitigkeiten entschei- 
den und die einzelnen Vorschriften mit den Grund- 
sätzen des B.G.B. in Einklang bringen wollen. 
Als fiktiver Teil des letzteren steht der Verlags- 
vertrag selbstverständlich auch unter den allge- 
meinen Grundsätzen desselben und findet, soweit 
sich nicht aus seiner eigentümlichen Gestaltung ein 
anderes ergibt, durch die besondern Vorschriften 
des B.G.B. über den Kauf und den Wertvertrag 
seine Ergänzung. 
1. Wesen und Inhalt des Verlags- 
rechts. Nach § 8. Abs. 3 des Gesetzes betr. das 
Urheberrecht kann letzteres Recht beschränkt oder 
unbeschränkt auf andere übertragen werden. Die 
Beschränkung kann, wie in dem Artikel Urheber- 
recht näher dargelegt ist, nicht bloß Seit und Ort, 
sondern auch die aus dem Urheberrecht sich er- 
gebenden materiellen Befugnisse betreffen. Zu 
diesen letzteren gehört vornehmlich die, das Werk 
zu vervielfältigen und zu verbreiten. Schließt der
	        
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