Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

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heberrecht u. das V. (1901). — Vgl. auch noch die 
Literaturangabe zu dem Art. Urheberrecht. 
Wellstein.) 
Verordnung s. Gesetzgebung. 
Versicherung gegen Arbeitslosig- 
keit s. Sozialversicherung (Nachtrag zu Bd V). 
Versicherungswesen (mit Ausschluß der 
Sozialversicherung). II. Begriff. II. Das Versiche- 
rungsvertragsrecht. III. Arten der Versicherung. 
IV. Wirtschaftliche und soziale Bedeutung; Be- 
triebsformen. V. Geschichtliches. VI. Versicherungs- 
wesen und Staat. VII. Finanzen der Versicherungs- 
gesellschaften. VIII. Das Versicherungswesen und 
die Hffentlichkeit. IX. Die Versicherungswissen- 
schaft; Kongresse. X. Literatur.) 
I. Begriff. 1. Juristisch betrachtet, muß 
man Versicherungs verträge unterscheiden von 
Versicherungs geschäften, unter welch letzteren 
man alle Geschäfte versteht, welche von einer Ver- 
sicherungsgesellschaft abgeschlossen zu werden pfle- 
gen. Charakteristisch ist bei jedem Versicherungs- 
vertrag das Moment der Ungewißheit (im Gegen- 
sat zur Unmöglichkeit oder Gewißheit) und der zu 
gewährenden Versicherung gegen eine wirtschaft- 
liche Gefahr. Da eine einheitliche Begriffsbestim- 
mung nicht möglich ist, greist man am besten 
zu einer Alternativdefinition (nach Wallmanns 
Versicherungszeitschrift). „Versicherungsvertrag“ 
ist derjenige Vertrag, durch welchen der eine ver- 
tragschließende Teil (Versicherer) gegen eine ihm 
von dem andern vertragschließenden Teil (Ver- 
sicherungsnehmer) einmalige oder wiederkehrend zu 
entrichtende Vergütung (Prämie) die Versicherung 
übernimmt, im Fall des Eintritts eines im Ver- 
trag bestimmten Ereignisses (des Versicherungs- 
falls) a) entweder den durch dieses Ereignis ver- 
ursachten Vermögensschaden zu ersetzen („Scha- 
densversicherung“) oder b) eine im Vertrag 
vereinbarte einmalige oder wiederkehrende Geld- 
leistung zu gewähren („Personenversicherung“). 
Da diese Begriffsbestimmung neben vielen andern 
Definitionen nicht frei von Mängeln ist, hat man 
nach einem bei Abfassung des Handelsgesetzbuchs 
eingeschlagenen Weg durch Charakterisierung der 
Rechtsgeschäfte als „gewerbsmäßige“ bei Schaf- 
fung des Versicherungsvertragsgesetzes einen Aus- 
weg gesucht, welcher jedoch nicht alle Schwierig- 
keiten beseitigen hilft. Es ist bis jetzt nicht ge- 
lungen, eine ausnahmslos zutreffende weder zu 
weite noch zu enge Definition des Versicherungs- 
vertrags zu geben. 
2. Wirtschaftlich betrachtet, ist die Ver- 
sicherung die Organisation einer Vielheit von 
Personen zu dem Zweck rationeller, nach dem 
tauschwirtschaftlichen Prinzip geregeller, also nicht 
charitativer Vorsorge für künftige Bedarfssälle, die 
mit gewissen annähernd feststellbaren Wahrschein- 
lichkeiten eintreten. 
3. Als mit der Versicherung vergleichbar kommt 
zunächst das Sparen in Betracht, welches zwar 
wie „die Versicherung eine Einrichtung wirtschaft- 
licher Vorsorge zur Deckung zukunftigen Bedarfs 
Verordnung — Versicherungswesen. 
  
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ist“; allein das Sparen ist für sich selbst, ist iso- 
liert, ist nicht gedeckt durch allenfalsige gegenseitige 
Hilfeleistung der organisierten „Mitversicherten“ 
bzw. Mitsparenden. Der Sparer kann über sein 
Kapital zu jeder Zeit und in jeder beliebigen Höhe 
verfügen, was der Versicherte nicht vermag. Wenn 
nun auch der Sparer jederzeit das Recht und die 
Möglichkeit hat, eingelegtes Geld abzuheben und 
frei zu verfügen, so ist er im Fall eines Schadens 
in keiner Weise gedeckt, wie dies beim Versicherten 
der Fall ist. Wenn jemand auch nur eine Prämie 
in der Lebensversicherung bezahlt hat, und es stirbt 
die betreffende Person, so erhalten die rechtmäßigen 
Erben oder die Bezugsberechtigten ohne weiteres 
die volle Versicherungssumme ausbezahlt. Vom 
Spielen und der Lotterie unterscheidet sich 
die Versicherung durch ihren Zweck; die Versiche- 
rung will wirtschaftliche Sicherheit im Fall eines 
Bedarfs bieten, während der Spieler sich in frei- 
williger Unsicherheit bewegt. 
II. Das Persicherungsvertragsrecht. Der 
Versicherungsvertrag hat sich rechtlich aus dem 
Seedarlehen (foenus nauticum) entwickelt. Das 
Seebersicherungsrecht kommt bis in das 17. Jahrh. 
ganz allein in Betracht; es wurde zum Teil in 
den Statuten der italienischen Handelsstädte, 
später in umfassenderer Weise in Spanien gesetz- 
lich geregelt und hierauf durch die niederländische 
Gesetzgebung beeinflußt. Unser jetzt allerdings 
durch die Gesetzgebung vermiedenes Wort „Police“ 
(mittellateinisch: apodixa Quittung]) stammt 
noch aus der Zeit der alten Seeversicherung. In 
Deutschland hat man während des 19. Jahrh. 
verschiedene Versuche gemacht, ein einheitliches 
Recht auf dem Gebiet des Versicherungswesens zu 
chaffen. Hatte man schon 1857 bei Berichtigung 
des allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuchs in- 
folge der Schwierigkeiten der Materie den Ge- 
danken wieder ausgegeben und nur einige Ver- 
besserungen bereits vorhandener Bestimmungen 
vorgenommen, so blieben auch spätere Besserungs- 
vorschläge größtenteils auf dem Papier. Die Ver- 
sicherungsbedingungen der einzelnen Gesellschaften 
wurden infolge der wohltätigen Konkurrenz der 
Gesellschaften von Jahr zu Jahr verbessert und 
haben im Lauf der Zeit sich mehr und mehr in 
gewisser Form an Normalbedingungen angeschlossen 
und uniformiert. 
Das deutsche Versicherungsvertragsgesetz vom 
30. Mai 1908 ist Anfang 1910 in Kraft ge- 
treten. Das Gesetz regelt das ganze Gebiet des 
Privatversicherungsrechts mit Ausnahme der See- 
versicherung und der Rückversicherung. Es unter- 
scheidet zwischen Schaden- und Personenversiche- 
rung, und zwar ist bei der ersteren der durch einen 
Eintritt des Versicherungsfalls verursachte Ver- 
Mögensschaden zu ersetzen, während bei der letzteren 
der vereinbarte Betrag an Kapital oder Rente 
bzw. eine sonst vereinbarte Leistung zu entrichten 
ist. Der erste Abschnitt des Gesetzes (88 1/48) be- 
handelt in vier Teilen Vorschriften für sämtliche 
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