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Versicherungszweige, allgemeine Vorschriften, An-
zeigepflicht und Gefahrerhöhung, Prämie und
Versicherungsagenten; der zweite Abschnitt (88 49
bis 158) behandelt die Schadenversicherung, und
zwar allgemeinen Inhalt des Vertrags, Veräuße-
rung der versicherten Sachen, Versicherung für
fremde Rechnung und in fünf weiteren Kapiteln
die Feuer-, Hagel-, Transport= und Haftpflicht-
versicherung.
Das Geset berücksichtigt in jeder Beziehung den
Grundsatz, daß das Versicherungsverhältnis sich
nach den freien Vereinbarungen der Parteien zu
richten hat. Die Gesetzesvorschriften treten im all-
gemeinen nur ergänzend neben die vertraglichen
Abmachungen; nur in besonders wichtigen Punk-
ten, welche von allgemeiner Bedeutung sind, hat
das Gesetz bindende Vorschriften vorgesehen. Die
Begründung weist darauf hin, „daß beim Ver-
sicherungsvertrag der Versicherungsnehmer im all-
gemeinen der schwächere Teil ist; insbesondere
steht er an Geschäftserfahrung dem Versicherer
regelmäßig nach, weshalb er, wenn es sich um die
Abschließung eines Vertrags handelt, welcher zu
seinem Nachteil von einer gesetzlichen Bestimmung
in ungerechtfertigter Weise abweicht, häufig außer-
stande ist, solchen Abweichungen rechtzeitig zu
begegnen“. Die Begründung folgert daraus, daß
Vorschriften zum Schutz des Versicherungsnehmers
am Platz seien. Zum Glück hat man im allge-
meinen bei Schaffung des Gesetzes allzu störende
Eingriffe in die Privatgeschäfte bereits bestehender
und vorsichtig arbeitender großer wie kleiner Ver-
sicherungsunternehmungen zu vermeiden verstan-
den. Die Schlußvorschriften des Gesetzes betreffen
noch einmal besondere Bestimmungen betr. die
Transportversicherung von Gütern, die Kreditver-
sicherung, die Versicherung gegen Kursverluste,
gegen Arbeitslosigkeit und noch verschiedene klei-
nere Zweige.
Auch im Ausland, so in der Schweiz, in Oster-
reich, in Rußland, England und Frankreich wer-
den Vorschläge zur Kodifikation des Privatver-
sicherungsrechts in der Offentlichkeit lebhaft dis-
kutiert.
III. Versicherungsarten. Da die wirtschaft-
lich nachteiligen Ereignisse, die das Vermögen des
einzelnen bedrohen, sehr mannigfaltig sind, haben
sich verschiedene Arten der Versicherung entwickelt.
Der älteste Zweig, die Seetransportversicherung,
gewährt Ersatz des Schadens, den das Schiff oder
die Schiffsladung erleidet; daran schloß sich mit
der Ausdehnung des Handels die Fluß= und
Landtransportversicherung. In ähnlicher Weise
wurde mit der Zeit Versicherung verlangt und ge-
währt gegen Brand= und Hagelschaden, gegen den
Vermögensverlust, der durch Viehsterben, Glas-
bruch, Untergang von Forderungen, Bruch von
Wasserleitungsröhren, frühzeitigen Tod verursacht
wird oder aus gesetzlichen oder freiwillig über-
nommenen Verpflichtungen (Unfallversicherung,
Rückversicherung) sich ergibt. Die genannten Arten
Versicherungswesen.
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der Versicherung sind bis jetzt ausgebildet; jedoch
ist die Zahl der Versicherungszweige hiermit keines-
wegs erschöpft. Da die dem Vermögen drohenden
Gefahren vielmehr weit zahlreicher sind, so läßt
sich der Kreis der Versicherungen immer noch er-
weitern. Tatsächlich werden auch immer wieder
Anstrengungen gemacht, die eine oder andere Ge-
fahr (Frostgefahr, Mißwachs) in das Versiche-
rungsnetz hereinzuziehen. So wurde noch vor
wenigen Jahren eine Versicherung gegen Dieb-
stahl geschaffen. Indes wird der Kreis der Ver-
sicherungen nur so weit mit Erfolg vergrößert werden
können, als in der einzelnen Branche die Zahl der
Schadensfälle statistisch festgestellt und dement-
prechend die Prämie normiert werden kann.
Andernfalls ist ein rationeller Betrieb, der allein
Sicherung gewährt, unmöglich. Die Versicherung
wird vielfach eingeteilt in Güter= und Per-
sonenmversicherung, je nachdem die wirtschaftlich
nachteilige Tatsache direkt an eine Sache oder eine
Person geknüpft ist. Die Güterversicherung hat
man wieder je nach den versicherten Gütern ein-
geteilt. Die Hauptklassen sind: See= und Binnen-
transportversicherung, Feuer-, Hagel-, Vieh= und
Glasversicherung, Versicherung gegen Wasser-
chäden, gegen Kursverlust (Wertpapiere), Kredit-
und Hypothekenversicherung. Die Personenver=
sicherung ist wieder entweder Lebens-, Unfall-,
Kranken-, Militärdienst= und Diätenversicherung
(für Geschworene), je nachdem das nachteilige Er-
eignis der Tod, ein Unfall, eine Krankheit oder
die Erfüllung gewisser staatlicher Pflichten ist.
Der wichtigste Zweig der Personenversicherung ist
die Lebensversicherung. Ihre hauptsächlichsten
Arten sind die Versicherung auf den Todesfall
und die alternative Versicherung. Bei der ersteren
wird das Kapital fällig beim Tod der versicherten
Person, bei der andern nach Erreichung des im
Vertrag festgesetzten Alters, z. B. des 60. Lebens-
jahrs, oder beim Tod, falls derselbe früher ein-
treten sollte. Indes sind von den einzelnen Gesell-
schaften noch viele andere Formen der Lebensver-
sicherung nach und nach eingeführt worden, die
zum Teil geringen wirtschaftlichen Wert haben.
Nach seiner rechtlichen Seite bezeichnet man den
Lebensversicherungsvertrag als einen Doppelver-
trag. Daraus ergibt sich in technischer Beziehung
die Notwendigkeit, daß das Sparguthaben bei
einer alternativen Versicherung am Schluß der
Vertragszeit, in der Versicherung auf den Todes-
fall bei Erreichung des noch zu erwartenden Alters
die Höhe des versicherten Kapitals erreicht hat.
Neben der Güter= und Personenversicherung
ist noch der Haftpflichtversicherung zu gedenken.
Durch Gesetz oder Vertrag kann jemand verpflichtet
sein, den unter gewissen Umständen einem Dritten
erwachsenen Schaden zu ersetzen. Gegen den daraus
eventuell entstehenden Vermögensaufwand deckt
sich der Verpflichtete durch die Haftpflichtversiche-
rung. Die größte Bedeutung hat eine Art der-
selben, die Rückversicherung. Die Versicherer
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