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die Landesbehörde erfolgen kann, in deren Gebiet
die betreffenden Unternehmungen ihren Sitz haben.
— Der zweite Abschnitt (Zulassung zum Ge-
schäftsbetrieb) schreibt die Konzessionspflicht vor,
durch welche ungesunde Gründungen verhindert
werden sollen. Daher müssen vor der Zulassung
die technischen und finanziellen Verhältnisse der
Unternehmung mitgeteilt werden. Die für die
Aussichtsbehörden in dieser Beziehung maßgeben-
den Grundsätze sind hier niedergelegt. Ergibt sich
aus dem vorgelegten Geschäftsplan, daß die
dauernde Erfüllbarkeit der künftigen Verpflich-
tungen des Unternehmens gewährleistet ist, so
erfolgt die Erteilung der Erlaubnis unabhängig
von dem Nachweis eines Bedürfnisses ohne Zeit-
beschränkung und für den Umfang des Reichs,
wenn nicht nach dem Geschäftsplan das Unter-
nehmen auf eine bestimmte Zeit oder ein kleineres
Gebiet beschränkt ist. Nur Versicherungsvereine
auf Gegenseitigkeit und Aktiengesellschaften können
die Konzession erhalten. Die Fälle, in denen die
Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb verweigert wer-
den kann, sind im Gesetz aufgezählt; namentlich
wird sie versagt, wenn nach dem Geschäftsplan
die Interessen der Versicherten nicht hinreichend
gewahrt sind oder die dauernde Erfüllbarkeit der
aus den Versicherungen sich ergebenden Verpflich-
tungen nicht genügend dargetan ist. Auch eine
Kaution kann verlangt werden. Von Lebens-
versicherungsgesellschaften müssen die Grundsätze
für die Berechnung der Prämien und Prämien-
reserven, Brutto= und Nettoprämie, Zinsfuß,
Sterblichkeitstafeln angegeben werden. Die Zill-
mersche Methode wurde nur bei Versicherung auf
den Todesfall, und zwar bis zu 12½ per Mille
gestattet, d. h. bei einer Versicherung von 1000 M
dürfen nicht mehr als 12,50 M von der normalen
Prämienreserve des ersten Versicherungsjahrs zur
Unkostendeckung verbraucht werden. Die Zillmerei
wurde zur Zahlung der Abschlußprovision einge-
führt, die dem Agenten seit ungefähr 50 Jahren
gezahlt wird und 1 bis 1½ % der Versicherungs-
summe beträgt. Da die Differenz zwischen Netto-
und Bruttoprämie (Nettoprämie —= Prämie zur
Bestreitung der fälligen Versicherungen und zur
Ansammlung der Prämienreserve; Bruttoprämie
— Nettoprämie nebst einem Zuschlag für die Ver-
waltungskosten) nicht hinreichte, diese Kosten zu
decken, daher nicht die Rettoprämie bei Berechnung
der Prämienreserve in Rechnung gestellt werden
konnte (Nettomethode), wurde ein Teil der Re-
serve dazu herangezogen. Dr Zillmer hat dafür
folgenden Plan entworfen: Die Abschlußprovision
wird in jährlichen Raten getilgt. Die Tilgungs-
rate wird zur Normalprämie geschlagen. Bei Be-
rechnung der Prämienreserve wird vom gegen-
wärtigen Wert der Versicherungssumme nicht der
gegenwärtige Wert der zu zahlenden Nettoprämien,
sondern der um die Tilgungsrate vergrößerten
Nettoprämien abgezogen. Dadurch wird die Prä-
mienreserve kleiner. So beträgt dieselbe z. B. bei
Versicherungswesen.
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einer Versicherungssumme von 10000 M bei einem
Eintrittsalter von 40 Jahren nach der Netto-
methode nach dem 1., 2., 3., 5., 10., 20., 30. Jahr
der Reihe nach 144,18, 293,18, 447,20, 767,99,.
1629.69, 3528,37, 5453,21 Ul, während nach
der Zillmerschen Methode die entsprechenden Zah-
len lauten: 3,66, 147,58, 303,91, 629,51,
1504.14, 3431,30, 5385,01. Die Unterschiede
der Reserven sind besonders in den ersten Jahren
recht bedeutend. Die Zillmersche Methode ist da-
her wirtschaftlich stets ungesund, da die Bildung
der Prämienreserve durch sie verzögert wird (vol.
Heym, Die Zillmersche Methode der Reserve-
berechnung, in Jahrbücher für Nationalök. u. Sta-
tistik, Neue Folge. V 215). Im Interesse der Ver-
sicherten wäre daher das völlige Verbot dieser
Methode am Platz. Mit Rücksicht auf die jungen
Unternehmungen, die den älteren gegenüber in
Nachteil gekommen wären, hat der Reichstag das
Zillmern nur einschränken wollen. Damit ist
jedoch keineswegs die bedingungslose Zulässigkeit
der Methode ausgesprochen, sondern es wird. nur
die Angabe verlangt, ob und wie gezillmert wird,
und eine Grenze dafür gesetzt. Jede Veränderung
des Geschäftsplans bedarf der Genehmigung der
Aussichtsbehörde. — Der dritte Abschnitt behandelt
die Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit, die
seither nach dem bürgerlichen, nicht aber nach dem
Handelsrecht zu beurteilen waren. Dieser Teil des
Gesetzes ist das Wichtigste des ganzen Gesetzes,
da den Gegenseitigkeitsanstalten ein eignes Recht
verliehen wird, das mit dem Aktienrecht viele
Ahrlichkeit hat. Der Versicherungsverein erlangt
durch die von der Aufsichtsbehörde erteilte Er-
laubnis zur Geschäftsführung die Rechtsfähigkeit.
Die Verfassung eines Versicherungsvereins auf
Gegenseitigkeit wird durch die Satzung bestimmt,
welche der gerichtlichen oder notariellen Beurkun-
dung bedarf. Über den Inhalt der Satzung wer-
den eingehende Vorschriften gegeben, namentlich
auch über Vereinsvermögen, Mitgliedschaft, Lei-
stungen der Mitglieder, Gründungsfonds, Nach-
schüsse oder Umlagen, Bekanntmachungen, Vor-
stand, Aufsichtsrat, Rücklage (Reservefonds). Die
in betreff der Kaufleute im ersten und dritten
Buch des Handelsgesetzbuchs gegebenen Vorschrif-
ten, mit Ausnahme der §§ 1/7, finden auf die
Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit entspre-
chende Anwendung. Für alle Verbindlichkeiten des
Vereins haftet den Vereinsgläubigern nur das
Vereinsvermögen. Eine Hastung der Mitglieder
gegenüber den Gläubigern des Vereins findet
nicht statt. Der Verein ist bei dem Gericht, in
dessen Bezirk er seinen Sitz hat, von sämtlichen
Mitgliedern des Vorstands und des Aussichts-
rats zur Eintragung in das Handelsregister an-
zumelden, wofür das Gesetz die erforderlichen
Formalitäten vorschreibt. Auf den Vorstand und
Aussichtsrat finden die entsprechenden Vorschriften
des Handelsgesetzbuchs Anwendung. Auch für das
voberste Organ" finden die für die Generalver=