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Sittlichkeit u. des Rechts (1868); Ahrens, Natur-
recht I1 ("1870) 314 ff; Walter, Naturrecht u. Po-
litik (11871); Hergenröther, Kath. Kirche urchristl.
Staat (1872); Stöckl, Lehrbuch der Philosophie
III/; Gutberlet, Ethik u. Naturrecht, 2. Aufl.;
Bluntschli, Die Lehre vom modernen Staat l(1875);
Gierke, Das deutsche Genossenschaftsrecht III (1881);
ders., Johannes Althusius u. die Entwicklung der
naturrechtl. Staatstheorien, in Untersuchungen zur
deutschen Staats= u. Rechtsgeschichte (1880); Seydel,
Grundzüge einer allgem. Staatslehre (21889); Koch,
Beiträge zur Geschichte der politischen Ideen I u. II
(1892/96); Landmann, Der Souveränitätsbegriff
bei den französischen Theoretikern (1896); Franz
Haymann, Der Begriff der volonté générale als
Fundament der Rousseauschen Lehre von der Sou-
veränität des Volks (1897); Gooch, English de-
mocratic ldeas in the sevententh Century (Cam-
bridge 1898); Haymann, J. J. Rousseaus Sozial-
philosophie (1898); Rehm, Allgemeine Staatslehre
(1899); Adolf Dock, Revolution u. Restauration
(1900); R. Schmidt, Allgemeine Staatslehre I u.
II (1901/03); Gierke, Das Wesen der menschlichen
Verbände (1903); Bezold, Die Lehre von der V.
während des Mittelalters, in Hist. Zeitschr. XXXVI;
Stephen, Hobbes (Lond. 1904); Jellinek, Die Er-
klärung der Menschen= u. Bürgerrechte (21904);
ders., Das Recht des modernen Staats I, in Allge-
meine Staatslehre (21905); Windelband, Geschichte
der Philosophie (71907); Bornhak, Allgemeine
Staatslehre (21909); Cathrein, Moralphilosophie
1I1 (51911); Laband, Das Staatsrecht des Deut-
schen Reichs 1 ((1911).
[E. Baumgartner.]
Volksvertretung s. Konstitutionalismus,
Parlamentarismus (Rechte der Volksvertretung
zur Wahrung der Verfassung s. auch Garantien,
staatsrechtliche, Bd II, Sp. 391 ff).
Volkswirtschaftslehre. I. Das Wesen
der Bolkswirtschaftslehre. Schon der Sprach-
gebrauch des täglichen Lebens bringt deutlich genug
das Wesentliche des Begriffs „Wirtschaft“ zum
Ausdruck: „Das ist keine Wirtschaft“, „nicht
wirtschaften können“", sind Redensarten, die all-
gemein gebraucht werden zur Bezeichnung einer
mangelhaften Planmäßigkeit bei der Deckung des
menschlichen Güterbedarfs. Es bedarf daher keiner
weileren Erläuterung, wenn der Begriff Einzel-
oder Haushaltswirtschaft definiert wird als die
planmäßige Deckung und Reglung des Güter-
bedarfs innerhalb des Einzelhaushalts, mag dieser
nun die Bedarfsinteressen nur eines Individuums
oder einer Mehrheit von Personen umschließen.
Auch das ist hier nicht in Betracht zu ziehen, ob
eine solche Personenmehrheit eng oder weit begrenzt
ist, ob es sich z. B. um eine einzelne Familie oder
um einen ganzen Staat handelt, ob wir es zu tun
haben mit einer Privatwirtschaft oder einer öffent-
lichen Wirtschaft, wichtig ist nur, daß die Wirt-
schaft von einer bestimmten letzten persönlichen
„haushälterischen“ Instanz geleitet wird. Die
zahllosen privaten und öffentlichen Haushalte
stehen aber nun nicht mechanisch nebeneinander,
sondern organisch greifen sie ineinander, und dieses
Volksvertretung — Volkswirtschaftslehre.
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organische Ineinandergreifen der Haushaltswirt-
schaft nennen wir Volkswirtschaft.
Die Volkswirtschaft wird zuletzt in Ordnung
gebracht nicht durch ein persönliches Wollen, son-
dern durch ein „Prinzip“, dem zwar nicht der
einzelne Mensch, aber wohl die Menschheit als
Ganzes genommen, unbedingt gehorchen muß,
durch das Prinzip der Wirtschaftlichkeit. Das
ökonomische Wollen des Menschen kennt keine
Grenzen, das ökonomische Können aber muß inner-
halb der dem Menschen erreichbaren Güterwelt
bleiben, und da der Mensch der homo sapiens
ist, schließt er ein Kompromiß zwischen seinem
Können und seinem Wollen dadurch, daß er mit
dem, was er hat, und dem, was er kann, „haus-
hälterisch verfährt“, möglichst wenig hingibt, um
möglichst viel dafür zu bekommen. Mögen auch
immerhin einzelne Menschen sehr gegen dieses
Prinzip fündigen, ja mag auch zuweilen eine ganze
Generation es unterlassen, wirtschaftlich zu han-
deln, das kann dann doch nur die Wirkung haben,
daß die Nachkommen, die folgende Generation,
für die Gedankenlosigkeit, die Verschwendung der
Vorfahren wird büßen müssen. Verschärft wird
die Wirksamkeit des wirtschaftlichen Motivs noch
durch soziale Einflüsse, dadurch daß die einzelnen
Menschen über ihre Mitmenschen emporkommen
wollen, Macht zu gewinnen versuchen, die wiederum
ganz besonders mit den Reichtümern verknüpft ist,
deren Gewinnung und Mehrung sich in der Regel
aber nicht wohl von dem wirtschaftlichen Prinzip
trennen läßt. Dieses Prinzip der Wirtschaftlich-
keit ist, an sich betrachtet, losgelöst von den Zu-
fälligkeiten der Umgebung, etwas fest Gegebenes,
es ruft ein wirtschaftliches Verhältnis der Men-
schen hervor, „das zu gesetzmäßigem Handeln auf
Grund von Wertvorstellungen führt, die durch die
psychologische Natur des Menschen bedingt und
ihrem Wesen nach gleichartig sind“ (Philippo=
vich). Dabei ist aber zu betonen, daß dieses Wirt-
schafts= oder Sparprinzip nicht mit privatwirt-
schaftlichen Rentabilitätserwägungen indentifiziert
werden darf. Wenn ein Unternehmer schwache
Kinderkraft in den Dienst seines Unternehmens
stellt, um an Arbeitslohn sparen zu können, so
mag das vielleicht die Rentabilität seines Unter-
nehmens günstig beeinflussen, aber es widerspricht
doch dem volkswirtschaftlichen Sparprinzip, weil die
menschliche Arbeitskraft, der wichtigste „Produk-
tionsfaktor“, nicht ausgebeutet, sondern zur höchsten
Leistungsfähigkeit ausgebildet werden muß, wenn
die Menschheit wirklich wirtschaftlich verfahren,
materiell vorwärts kommen kann. Richtig ver-
standen, führt so das „Sparprinzip“ nicht zum
ungebundenen laisser faire, laisser aller des
Manchestertums, sondern zu den Schutzmaßnahmen
der modernen sozialen Gesetzgebung.
Nun ist es gewiß sehr wohl denkbar, daß etwa
durch eine Staatsgewalt das wirtschaftliche freie
Wollen der einzelnen ganz aufgehoben und alles
durch Gesetz „von oben“ reglementiert wird.