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am Euphrat, in Syrien und Agypten. Die
Griechen und Römer ahmten die Agypter nach.
Sehr entwickelt war die künstliche Bewässerung
bei den Mauren. Seit dem 11. Jahrh. ent-
standen in Oberitalien vorzügliche Bewässerungs-
anlagen. In England werden Rieselwiesen seit
Ende des 17. Jahrh. erwähnt; in Deutschland
beginnen sie etwa um 1750. In der neueren Zeit
sind es namentlich Nordamerika und Mexiko, die
großartige Wasserleitungen zur Berieselung der
Felder (irrigations) angelegt haben.
2. Zur Nutzung verwendet wird die Trag-
kraft des Wassers. Die Flößerei wird
mit verbundenen oder mit unverbundenen Hölzern
betrieben. Auf den größeren Flüssen wird in der
Regel nur mit verbundenen Hölzern geflößt. Die
Wildflößerei war früher viel bedeutender als jetzt,
wo der Landtransport durch die Anlegung von
Holzabfuhrwegen, Straßen und Eisenbahnen sehr
erleichtert ist. Um sie auszuführen, wurde das
Wasser der Gebirgsbäche nicht selten mittels
Schwellweiher zunächst angestaut und dann plötz-
lich losgelassen. Auch die Flößerei mit gebun-
denen Hölzern ist sehr zurückgegangen, zumal
sie einer lebhaft entwickelten Schiffahrt erhebliche
Hindernisse bereitet. Den lebhaftesten Floß-
verkehr (Flößerei mit verbundenen Hölzern) in
Deutschland weisen noch die östlichen Flüsse auf.
Es kommen jährlich zu Tal an auf der Weichsel
bei Thorn rund 900 000 Tonnen, auf der Memel
bei Schmalleningken 980 000 t, auf der Elbe bei
Schandau 350 000 t, auf dem Pregel bei Königs-
berg 270 000 t, auf der Warthe bei Küstrin
180 000 t. Einen bedeutenden Floßverkehr zu
Berg von der Weichsel zur Netze weist der Brom-
berger Kanal auf mit jährlich 480 000 t. Riesen-
flöße gehen in Nordamerika aus den nördlichen
Staaten (Oregon und Washington) zur Versor-
gung mit Holz nach den südlichen Staaten. Im
Gegensatz zur Flößerei ist in Deutschland die
Binnenschiffahrt in mächtigem Aufschwung
begriffen. Sie hat sich im Lauf des 19. Jahrh.
namentlich infolge der Entwicklung der Dampf-
schiffahrt sehr vermehrt. Zu ihrer Hebung hat
die Verbesserung der Wasserstraßen und die An-
legung von Schiffahrtskanälen wesentlich bei-
getragen. Nach dem Statistischen Jahrbuch für
das Deutsche Reich von 1908 beträgt die Gesamt-
länge der schiffbaren deutschen Binnenwasserstraßen,
einschließlich der Schiffahrtsstraßen durch Seen,
Haffe u. dgl., 13793 km. Das preußische Kanal-
gesetz vom 1. April 1905 ermächtigt die Staats-
regierung zur Ausgabe von 334 575 000 zwecks
Herstellung von weiteren Kanälen, Kanalisierung
von Flüssen und Wasserstraßenverbesserungen. Die
Regulierung des Oberrheins von Sondernheim
bis Straßburg ist auf Grund eines Vertrags
zwischen Baden, Elsaß-Lothringen und Bayern
vom Jahr 10901 in der Ausführung begriffen.
Weitere bedeutende Herstellungen von Schiffahrts-
wegen nimmt der dem Reichstag 1910 vorgelegte
Wasserwirtschaft.
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Gesetzentwurf über den Ausbau der deutschen
Wasserstraßen in Aussicht.
3. Zur Nutzung kommt die Triebkraft des
Wassers (Arbeitskraft, Energie). Ihre Stärke
hängt von der Menge des zur Verwendung kom-
menden Wassers und der Höhe seines Gefälles ab.
Die Ausnutzung der Arbeitskraft des Wassers war
schon in den ältesten Zeiten bekannt, die Einrich-
tungen zur Umsetzung der Energie in mechanische
Arbeit waren jedoch noch sehr unvollkommen. Bei
den Römern kommen Wassermühlen erst seit dem
4. Jahrh. n. Chr. vor; in Deutschland lassen sich
solche seit der Mitte des 13. Jahrh. nachweisen.
Später verwendete man das Wasser auch zur Be-
wegung von Sägen, Hammerwerken, Fabriken
usw. Die Nutzbarmachung erfolgte in der früheren
Zeit lediglich durch Wasserräder, die zuerst durch
den Stoß des Wassers (unterschlächtig), später
durch dessen Gewicht (oberschlächtig) getrieben
wurden. Im 18. Jahrh. begann die Anwendung
von Turbinen. Sehr gefördert wurde der Tur-
binenbau durch die Verwendung von Eisen als
Konstruktionsmaterial. Den mächtigsten Anstoß
erfuhr die Ausnutzung der Wasserkräfte und der
Turbinenbau durch die Erfindung der elektrischen
Kraftübertragung. Durch diese Erfindung wurde
es möglich, gewaltige Wasserkraftanlagen an einer
Stelle anzulegen und die hier erzeugte Elektrizität
zur Leistung mechanischer Arbeit weithin fortzu-
leiten und in weitem Umkreis zu verwenden. Diese
Erfindung gestattet nun auch, Wasserkräfte, die
fernab vom Verkehr in den Gebirgen ruhen, aus-
zunützen und die Verwendung der Kraft unab-
hängig von der Lage des Wassers zu machen. Der
Wert der in der Natur vorhandenen Wasserkräfte
wurde jetzt erst richtig erkannt und die hydrogra-
phische und hydrometrische Forschung dadurch
mächtig angeregt. Man fing an, das Wasser ganzer
Einzugsgebiete in großen Sammelbecken und Tal-
sperren zu vereinigen, um das ganze Jahr hindurch
eine möglichst gleichmäßige Wassermenge zur Ver-
fügung zu haben und ein tunlichst großes Gefälle
zu gewinnen. Den größten Reichtum an Wasser-
kräften haben die Gebirgsländer. Nach einer lber-
sicht bei Mayr (Verwertung der Wasserkräfte S. 63)
wären an ausnutzbaren bzw. schon jetzt ausgenutzten
Wasserkräften vorhanden in Bayern 665 000 PS
(114 800 PS), in Württemberg 58.000 (8700),
in Baden 280 000 (106 400), in Preußen
30,600 (228 000), in Sachsen 45 000 (9000),
in Elsaß-Lothringen 100 000 (23000), in Frank-
reich 5524 000 (11090 807). in der Schweiz
1 500 000 (380 000), in OÖsterreich 5 125 000
(450 000), in Ungarn 550000 (65.000), in
Italien 5500 000 (464 000), in Norwegen
7525.000 (301.000), in Schweden 6 750000
(200 000). Die vorhandenen ausgenutzten und
noch unbenutzten Wasserkräfte sind in den letzten
Jahren von den Staatsbehörden vielfach inventa-
risiert und beschrieben worden. Das größte bis
jetzt nutzbar gemachte Gefälle hat das Kraftwerk