Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

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der Währungen“ genannt, indem die Verschieden- 
heit der beiden Währungen durch Berechnung der 
Differenz ihres innern Werts ausgeglichen wird. 
Wenn im gegebenen Fall der Kurs des Wechsels 
lediglich durch diesen Wert bestimmt wird, Nach- 
frage, Angebot usw. also auf den Preis nicht ein- 
wirken, so heißt es: Der Kurs steht auf Pari. 
Wird dagegen der Preis des Wechsels, was in der 
Regel der Fall ist, auch noch durch andere Ver- 
hältnisse bestimmt, so daß er höher oder niedriger 
ist, als er nach dem innern Wert der beiden Münz- 
sorten sein müßte (Wechselpari), dann wird ge- 
sagt: Der Kurs steht über Pari oder unter Pari. 
Sehr erheblich wird endlich der Wechselkurs durch 
den Wechseldiskonto beeinflußt. Da der Wechsel 
gewöhnlich auf längere Zeit läuft, der Käufer 
desselben aber schon jetzt die Wechselsumme bar 
zahlt, also des Zinsgenusses für die Zeit bis zum 
Verfall des Wechsels verlustig geht, während der 
Verkäufer sofort in den Besitz und Genuß des 
Gelds gelangt, so wird regelmäßig dem Käufer 
eines solchen Wechsels eine Zinsvergütung (Dis- 
konto) gewährt. Es geschieht dies in der Weise, 
daß von der Wechselsumme der Betrag der Zinsen 
bis zur Verfallzeit des Wechsels in Abzug gebracht, 
die Valuta also um diesen Betrag ermäßigt wird. 
Der Diskontosatz wird zunächst durch den geltenden 
Zinsfuß bestimmt, der sich auf 5, 6 oder mehr 
Prozente belaufen kann. Bei der Diskontoberech- 
nung wird an den meisten Plätzen übereinstimmend 
der Monat zu 30 Tagen, das Jahr zu 360 Tagen 
berechnet. Bei der Reichsbank, die ebenfalls den 
Monat zu 30 Tagen berechnet, wird der Tag der 
Diskontierung nicht mitgezählt. Bei Wechseln, 
die am Diskontierungsort zahlbar sind, werden 
Zinsen für wenigstens 4 Tage, bei allen andern 
Wechseln für wenigstens 10 Tage in Abzug ge- 
bracht; für jeden einzelnen zu diskontierenden 
Wechsel sind jedoch an Zinsen mindestens 60 Pfen- 
nig zu zahlen. In London, Neuyork und Basel ist 
es üblich, das Jahr zu 365 Tagen und den Monat 
nach seinen Kalendertagen zu berechnen. Für den 
Diskontosatz kommt aber ferner, wie für den 
Wechselkurs überhaupt, die Nachfrage und das 
Angebot sowie die Sicherheit des Wechsels nach 
Zahl und Güte der Unterschriften in Betracht. 
Die Diskontierung des Wechsels, d. h. der An- 
kauf desselben nach Abzug des Diskontos, ge- 
schieht vielfach zum Zweck einer verzinslichen 
Kapitalanlage, indem der Diskontist für die von 
ihm gezahlte Summe die Zinsen für die Zeit bis 
zum Verfalltag schon im voraus hebt. Vornehm- 
lich wird das Diskontogeschäft von den Banken 
nach bestimmten, auf die Sicherheit des Wechsels 
sich beziehenden Regeln betrieben. So fordert die 
Reichsbank für die Diskontierung eines Wechsels 
auf einen inländischen Platz die Unterschrift von 
wenigstens zwei als zahlungsfähig bekannten Per- 
sonen oder Firmen sowie eine Verfallzeit von 
höchstens 3 Monaten. In den Kurszetteln wird 
bei Wechseln mit längerer Verfallzeit (Sicht) der 
Wechsel usw. 
  
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Diskontosatz, der bei der Eskontierung, d. h. dem 
Ankauf, in Abzug kommt, als „(4% 5%)“ usw. 
notiert. Ebenso ist die Verfallzeit angegeben: 
(K. S.) bedeutet kurze Sicht, vista, oder inner- 
halb 8 Tagen; (1, 2, 3 M.) bedeutet: fällig nach 
1, 2, 3 Monaten. Doa die überseeischen Plätze die 
Verfallzeit der auf das Ausland gezogenen Wechsel 
nicht nach dato, sondern nach Sicht, also nach 
der Präsentation des Wechsels zur Annahme, be- 
stimmen, so muß jedenfalls die zur Beförderung 
des Wechsels nach dem Ausland erforderliche Zeit 
noch zu der Verfallzeit hinzugerechnet werden. So 
wird beispielsweise der Vermerk „2 Monate und 
5 Tage nach Sicht“ lauten. Wenn der Diskon- 
tant (Wechselverkäufer) dem Diskontisten (Wechsel- 
käufer) sein Giro auf den Wechsel gibt, so über- 
nimmt er damit die wechselmäßige Garantie für 
den Eingang, so daß insofern der Diskonto zu- 
gleich eine Assekuranzprämie enthält. Die Ver- 
schiedenheit der Kurse an den einzelnen Plätzen 
wird durch das Arbitragegeschäft in ihrer Wirkung 
ausgeglichen. Die Arbitrage dient dazu, die Nach- 
frage oder den Mangel an dem einen Ort durch 
den Überfluß oder das Angebot an dem andern 
Ort zu decken oder auf diese Weise Bedarf und 
Befriedigungsmittel auszugleichen. Wenn z. B. in 
Berlin Mangel an Wechseln auf London, dagegen 
Uberfluß an Wechseln auf Paris ist, was stets an 
dem Stand des Kurses zu erkennen ist, so werden 
die Berliner Banken, namentlich wenn in London 
die Wechsel auf Paris hoch stehen, in Berlin 
Wechsel auf Paris kaufen und in London zur 
Deckung ihrer Tratten auf London verkaufen lassen. 
So wird durch die Arbitrage einem wichtigen wirt- 
schaftlichen Bedürfnis des Handels abgeholfen, daß 
nämlich die Kurse möglichst ausgeglichen und der 
Mangel mit zu hohen Preisen an dem einen Platz 
und der Uberfluß mit zu niedrigen Preisen an dem 
andern Ort verhütet werden. 
Literatur. Die Literatur des Wechselrechts 
ist eine so reichhaltige, daß es schwierig sein würde, 
ein vollständiges Verzeichnis aller derjenigen Schrif- 
ten zu geben, die diesen Gegenstand behandeln. Es 
sind deshalb nachstehend nur diejenigen Werke an- 
gegeben, die für eine eingehende Beschäftigung mit 
dieser Materie vorzugsweise in Betracht kommen: 
Büsch, Abhandlung von dem wahren Grund des 
Wechselrechts (1770); Martens, Grundriß des 
Handelsrechts (1798); Biener, Histor. Erörterungen 
über den Ursprung des Wechsels (1846); derf., 
Wechselrechtl. Abhandlungen (1859); Kuntze, Deut- 
sches Wechselrecht (21884); Frank, Institutiones 
iuris cambialis (1721); Heineccius, Elementa iuris 
cambialis (1742); Einert, Das Wechselrecht nach 
den Bedürfnissen des 19. Jahrh. (1839); Bierer, 
Deutsche Wechsellehre (1870); Thöl, Wechselrecht 
(21873); Renaud, Lehrbuch des allg. deutschen 
Wechselrechts (/1868); Hartmann, Das deutsche 
Wechselrecht (1869); Blaschke, Das österr. Wechsel- 
recht (1877); Wächter, Das Wechselrecht des Deut- 
schen Reichs (1883); Borchardt, Vollständ. Samm- 
lung der geltenden Wechsel- u. Handelsrechte aller 
Länder (71883; 3. Bearbeitung hrsg. von Kohler
	        
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