Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

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Grundstück mehr als 40 Jahre vor dem Veräuße- 
rungsakt resp. vor dem 1. Jan. 1885 erworben, so 
gilt als Erwerbspreis der Wert, den das Grund- 
stück 40 Jahre früher resp. am 1. Jan. 1885 hatte. 
Nur wenn der Wert an dem genannten Zeitpunkt 
niedriger war als der Anschaffungspreis, so kann 
der letztere in Rechnung gestellt werden. Die für 
die Steuerberechnung in Frage kommende Zeit- 
spanne beträgt also höchstens 40 Jahre, geht aber 
über 1. Jan. 1885 nicht zurück. 
Der Preis für Maschinen, Gerätschaften, unge- 
erntete Feldfrüchte u. dgl. ist gesondert anzugeben. 
Nur der Veräußerungspreis des bebauten oder un- 
bebauten Grundstücks kommt in Frage. 
Zum Erwerbspreis sind hin zuzurechnen: 
1) 4% des Erwerbspreises als Erwerbskosten. 
Waren dieselben nachweislich höher, so ist dieser 
höhere Betrag anzurechnen. 2) Die ausfallenden 
Forderungen, wenn das Grundstück bei einer 
Zwangsversteigerung erworben worden war und 
der Erwerber Grundschuldgläubiger gewesen ist, 
bis zu dem Wert, den das Grundstück bei der 
Zwangsversteigerung oder bei der Eintragung der 
Forderung hatte. 3) Aufwendungen für Bauten, 
Wertzuwachssteuer. 
  
Umbauten und für sonstige dauernde besondere 
Verbesserungen, auch solche land= und forstwirt- 
schaftlicher Art, sowie für bergmännische Versuchs- 
und Ausrichtungsarbeiten, die innerhalb des für 
die Steuerberechnung maßgebenden Zeitraums ge- 
macht sind und bei der Veräußerung noch vorhan- 
den sind. Die Ausgaben für die laufende Unter- 
haltung von Gebäuden usw. aber sind nicht 
abziehbar. Außerdem sind 5% (wenn der Ver- 
äußerer Baugewerbetreibender oder Bauhandwerker 
und selbst der Bauunternehmer ist 15% ) des an- 
rechnungsfähigen Werts den Aufwendungen hinzu- 
zurechnen. Diese Bestimmung findet jedoch keine 
Anwendung, wenn der Unternehmer einer Gesell- 
schaft im Sinn des Handelsgesetzbuchs oder einer 
Genossenschaft ist, die nicht ausschließlich aus Bau- 
gewerbetreibenden besteht. Werden die Kosten von 
Bauten, Umbauten usw. bestritten aus Versiche- 
rungssummen, z. B. aus Entschädigung einer Feuer- 
verficherung, so sind dieselben bis zu dem Versiche- 
rungsbetrag nicht abrechenbar. 4) Aufwendungen 
und Beiträge für Straßenbauten und andere Ver- 
kehrsanlagen einschließlich für Kanalisierung, sowie 
sonstige ohne entsprechende Gegenleistung oder Ver- 
zinsung geleistete Beiträge für öffentliche Einrich- 
tungen. Die Werte dieser Aufwendungen find 
außerdem für jedes Jahr mit 4% zu verzinsen, 
jedoch nur für einen Zeitraum von höchstens 15 Jah- 
ren. 5) Bei Verbesserungen von Moorland, Od- 
ländereien u. dgl. ist auf Antrag an Stelle der Me- 
liorationskosten die Erhöhung des Ertragswerts 
der betreffenden Fläche dem Erwerbspreis zuzu- 
rechnen. 6) Dem Erwerbspreis können zugerechnet 
werden die folgenden Beträge: für jedes Jahr der 
für die Steuerberechnung maßgebenden Zeit 2½% 
des Erwerbspreises zuzüglich der in Nr 1/3 ge- 
nannten Anrechnungen, wenn der so gefundene Er- 
werbspreis pro Ar nicht mehr als 100 M, bei 
Weinbergen nicht mehr als 300 M beträgt; von 
dem Mehrbetrag sind anrechnungsfähig bei unbe- 
bauten Grundstücken 2 %, bei bebauten 1 ½2%. Die 
Berechnung erstreckt sich auf jedes Jahr, das zwi- 
schen dem Erwerb resp. der Aufwendung und der 
  
Veräußerung liegt. Statt der Zinsanrechnung in 
Nr 4 kann auch die Zinsanrechnung in Nr 6 ge- 
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wählt werden. Von dem Veräußerungspreis sind 
in Abzug zu bringen 1) die dem bisherigen 
Eigentümer zur Last fallenden Kosten der Ver- 
äußerung einschließlich der ortsüblichen Vermitt- 
lungsgebühren. 2) Auf Antrag des Veräußerers 
der Betrag, um den nachweislich während des für 
die Steuerberechnung maßgebenden Zeitraums, je- 
doch nicht länger als für 15 zusammenhängende 
Jahre, der aus dem Grundstück erzielte Jahresbe- 
trag hinter 3% des Erwerbspreises (zuzüglich der 
Abrechnungen) zurückbleibt. Der Unterschied zwi- 
schen dem so modifizierten Erwerbspreis und dem 
Veräußerungspreis stellt dann die steuerpflichtige 
Wertzuwachssumme dar. 
Für den Steuertarif wurde eine kombinierte 
Progression geschaffen. Der Steuersatz wächst in 
dem Maß, als sich der im Verhältnis zum Er- 
werbspreis prozentual ausgedrückte Wertzuwachs 
steigert. Es ist demnach zuerst festzustellen, wie viel 
Prozent die Wertsteigerung von dem Erwerbspreis 
nebst Zu= und Abrechnungen beträgt. Dann ist der 
entsprechende Steuerfuß aufzusuchen und vermittels 
desselben aus der Zuwachssumme die Steuerschul- 
digkeit zu berechnen. Die Steuer beträgt: 10% 
bei einer Wertsteigerung von nicht mehr als 10% 
des Betrags, der sich aus dem Erwerbspreis und 
den Zu= und Abrechnungen zusammensetzt; 
11 % von über 10 bis 30 % dieses Betrags 
5% 
12 5%2% » » 30 » 50 » « 
13% » « 50 “ 70 % — n 
14 % ½ u 70 » 90 5½% 7“ = 
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23 55% » » 220 *5 230 5% « » 
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26 ½% « « 250 ½ 260 5⅝% « » 
27 5% “. “ 260 7“ 270 5% 5 i 
28 %2% u « 270 “. 280 % « » 
29% „ 280 290 % 
30 % bei einer Wertsteigerung von mehr als 
290% dieses Betrags. 
Die Steuer ermäßigt sich für jedes vollendete 
Jahr des für die Steuerberechnung maßgebenden 
Zeitraums um 1% ihres Betrags. Ist das Grund- 
stück vor dem 1. Jan. 1900 erworben, so beträgt 
die Ermäßigung für die Zeit bis zum 1. Jan. 1911 
1½% jährlich. Steuerbeträge, die im ganzen unter 
20 M bleiben, werden nicht erhoben. . 
Von den Erträgen fließen 50% dem Reich, 10% 
den Einzelstaaten und 40% den Gemeinden zu. 
Die Gemeinden dürfen Zuschläge bis zu 100% des 
ihnen zukommenden Betrags erheben, jedoch darf 
der Steuersatz 30 % des Wertzuwachses nicht über- 
schreiten. 
Literatur. Wagner, Finanzwissensch. II (21890); 
Brunhuber, W. (1906); Bredt, Der Wertzuwachs 
an Grundstücken u. seine Besteuerung in Preußen 
(1907); Keller, Die Besteuerung der Gebäude u. 
Baustellen (21909); Boldt, Die W. (11909); 
Weißenhorn, Die Besteuerung nach dem Wertzu- 
wachs (1910); Jäger, Die Reichszuwachssteuer 
(1910); Koeppe, Die W., in Jahrbuch für Boden-
	        
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