Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

1119 
unlautern Wettbewerb veröffentlicht hat, wird 
Art. 1382 des Code civil ebenso wie in Frank- 
reich wider die Concurrence déloyale gehand- 
habt. Die englische Rechtsprechung geht der un- 
fair competition auf Grund allgemeiner Rechts- 
grundsätze ohne Spezialgesetz zu Leibe. 
Literatur. Alexander-Katz, Die unredliche 
Konkurrenz (1892); Jul. Bachem, Wie ist dem 
u. W. in Handel u. Gewerbe zu begegnen 7 (1893); 
Stegemann, Unlauteres Geschäftsgebaren (1894); 
Kohler, Über den u. W. u. seine Behandlung im 
Recht, in Neue deutsche Rundschau (1894); Lobe, 
Die Bekämpfung des u. W.s (5 Bde, 1907 ff); Was- 
sermann, Der u. W. nach deutschem Recht (Samm- 
lung Göschen, 21911). Kommentare: Bachem u. 
Roeren (51900), Ernst Müller (71904). Neue Kom- 
mentare von Fuld (1909), Baer (1910), Finger 
(1910), Cahn (21910), Rosenthal-Wehner (31911) 
usw. Markenschutz u. Wettbewerb. Monatsschrift 
für Marken-, Patent--, Muster-, Urheber= u. Ver- 
lagsrecht. Begründet unter dem Titel Unlauterer 
Wettbewerb von Rechtsanwalt Jul. Lubszynski, 
hrsg. von M. Wassermann (seit 1901). 
[Jul. Bachem.]) 
Wichern, Joh. Heinrich, (. Innere 
ission. 
Windthorst, Ludwig, der hervorragendste 
Parlamentarier und einflußreichste katholische Po- 
litiker seiner Zeit. 
[Jugend. Hannoversche Zeit. Im deutschen 
Reichstag und im preußischen Abgeordnetenhaus. 
Religiöse und kirchenpolitische Stellung. Parla- 
mentarische Gesamttätigkeit. Hervorstechende Cha- 
rakterzüge. Rednerische Eigenart. Gründer des 
Volksvereins für das katholische Deutschland. 
Hohes Ansehen. Nachrufe. Windthorst ein mo- 
derner katholischer Politiker.) 
Geboren wurde Windthorst am 17. Jan. 1812 
auf dem Gut Kaldenhof bei Osterkappeln im heu- 
tigen Regierungsbezirk Osnabrück als Sohn von 
Dr Franz Windthorst, Advokat an dem alten Ge- 
richt „zur Angelbecke“ und zugleich Rentmeister 
des der altadligen Familie v. Droste-Vischering 
gehörigen Guts Kaldenhof. Im ersten Jahrzehnt 
seines Lebens trat die ungewöhnliche Begabung 
des Knaben so wenig hervor, oder wurde sie so 
wenig erkannt, daß die Lehrer dem Vater abrieten, 
ihn studieren zu lassen. Der Pfarrer von Falken- 
hagen brachte ihm die Anfangsgründe des Latei- 
nischen bei. Als er dann im Herbst 1822, in 
seinem elften Lebensjahr, an das Carolinum nach 
Osnabrück gekommen war, entwickelte er sich bald 
zu einem Musterschüler. Im Sommer 1830 ver- 
ließ er die Anstalt mit einem Abgangszeugnis 
erster Klasse, um auf der Landesuniversität Göt- 
tingen die Rechte zu studieren; zwei Semester 
brachte er in Heidelberg zu. Nach ausgezeichnet 
bestandenem Staatsexamen ließ er sich im Jahr 
1836 in Osnabrück als Rechtsanwalt nieder; nach 
Wichern — Windthorst. 
  
wenigen Jahren angestrengtester Arbeit war er der 
gesuchteste Anwalt des Bezirks. Die Ritterschaft 
1120 
Syndikus. Er wurde Assessor des Pupillenkolle= 
giums bei der Justizkanzlei und im Jahr 1842 
durch königliche Ernennung vorsitzender Rat des 
katholischen Konsistoriums zu Osnabrück, einer 
staatlichen Behörde in Kirchen= und Schulange- 
legenheiten. Sechs Jahre später erfolgte seine Be- 
rufung als Oberappellationsrat nach Celle, an den 
höchsten Gerichtshof des Königreichs Hannover. 
Im bewegten Jahr 1848 trat Windthorst in 
das politische Leben ein. Der absolutistisch ge- 
sinnte König Ernst August hatte im Jahr 1837 
die hannoversche Verfassung von 1833 aufgehoben 
und dadurch eine lebhafte oppositionelle Bewegung 
hervorgerufen, an deren Spitze der Bürgermeister 
Stüve von Osnabrück stand. 1848 wurde das 
verfassungsfeindliche Ministerium unhaltbar; an 
seine Stelle trat ein Ministerium Graf Bennigsen, 
dessen Seele Stüve war. Durch Vereinbarung mit 
den bisherigen Ständen kam die neue Verfassung 
vom 5. Sept. 1848 zustande. Bei der im Jan. 
1849 getätigten Wahl wurde Windthorst vom 
ersten ländlichen Wahlbezirk des Fürstentums Os- 
nabrück in die Zweite Kammer gesandt. Er galt 
dort bald als der Führer der ministeriellen 
Partei, ohne jedoch auf seine selbständigen An- 
schauungen, namentlich auf dem kirchenpolitischen 
und dem Schulgebiet, zu verzichten. König 
Ernst August wollte von einem einigen Deutsch- 
land, wie es die Frankfurter Nationalversamm- 
lung zu schaffen versucht hatte, im Gegensatz zu 
der großen Mehrheit der hannoverschen Zweiten 
Kammer, nichts wissen. Bei den im Sept. 1849 
vollzogenen Neuwahlen wurden die früheren Ab- 
geordneten fast sämtlich wiedergewählt, auch 
Windthorst in seinem bisherigen Wahlkreis. In 
der deutschen Frage vertrat er den großdeutschen 
Standpunkt: er erstrebte eine engere Vereinigung 
der deutschen Staaten mit Einschluß Osterreichs 
unter Wahrung möglichster Selbständigkeit der 
Einzelstaaten. Einem auf dieser Linie sich be- 
wegenden Antrag wußte er in der Zweiten Kammer 
(mit 42 gegen 34 Stimmen) zur Annahme zu 
verhelfen; auch die Erste Kammer trat dem An- 
trag (mit 37 gegen 16 Stimmen) bei. Das war 
der erste große parlamentarische Erfolg Windt- 
horsts. Am 28. Okt. wurde das Ministerium 
Bennigsen = Stüve entlassen; ein Ministerium 
v. Münchhausen trat an dessen Stelle, welches 
gegen den Widerstand des Königs verschiedene 
Reformen durchzuführen bemüht war. So groß 
war das Ansehen, welches Windthorst in der 
kurzen Zeit seiner parlamentarischen Tätigkeit sich 
erworben hatte, daß die Zweite Kammer ihn am 
12. Febr. 1851 mit 38 gegen 33 Stimmen zum 
Präsidenten wählte. Nach Ernst Augusts Tod 
berief dessen Sohn, der schon in früher Jugend 
erblindete König Georg V., Windthorst zum 
Justizminister in dem neugebildeten Ministerium 
v. Schele. Windthorst war der erste und einzige 
Katholik, welcher ein so hohes Staatsamt in Han- 
der osnabrückschen Landschaft wählte ihn zu ihrem nover erlangt hat. Seinem Einfluß gelang es vor
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.