Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

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dungsstätten für Volkskindergärtnerinnen und 
Kinderpflegerinnen. c) Im schulpflichtigen Alter: 
1. Waisenpflege, 2. Kinderheime und Kinderhorte, 
3. Knabenhandarbeit, 4. Garten= und Blumen- 
pflege, 5. Spiel und Erholung, 6. Sonntagsschulen, 
7. Fürsorge für Kranke und mit Gebrechen be- 
haftete Kinder, 8. Ferienkolonien (Sommerpflege), 
9. Schulspeisung und Kindervolksküchen, 10. Für- 
sorge für gefährdete und verwahrloste Kinder. 
d) Im nachschulpflichtigen Alter: 1. Für junge 
Mädchen: Jungfrauen= und Arbeiterinnenvereine, 
Mädchenschutzvereine, Mädchenheime, Mägde- 
herbergen, hauswirtschaftliche Unterweisung, För- 
derung höherer Bildung und Erwerbstätigkeit, 
Zufluchtsstätten für gefallene Mädchen. 2. Für 
männliche Jugendliche: Jünglingsvereine, Lehr- 
lings= und Gesellenvereine, Soldaten= und See- 
mannsmission, Lehrlings= und Gesellenherbergen, 
Beschäftigung und Unterhaltung, Fortbildungs- 
und Fachunterricht, Lehrlingswesen. II. Bezüg- 
lich Fürforge für Erwachsene. a) Ein- 
richtungen zur Reglung des Arbeitsverhältnisses: 
1. Arbeitsnachweis, 2. Arbeitslohn, 3. Gewinn- 
beteiligung, 4. Arbeitsordnungen, 5. Arbeiter- 
vertretungen. b) Einrichtungen zur Hebung der 
allgemeinen wirtschaftlichen Lage der minder bemit- 
telten Klassen: 1. Arbeiterorganisationen, 2. Volks- 
bureaus und Arbeitersekretariate, 3. Genossenschafts- 
wesen, 4. Kredit= und Sparwesen, Ernährung und 
Beschaffung von Gebrauchsgegenständen c) Woh- 
nung und Unterkunft: 1. Maßregeln zur Verbesse- 
rung der Wohnungsverhältnisse, 2. Förderung des 
Baus von Kleinwohnungen durch die Gemeinden, 
3. anregende Tätigkeit von Vereinen und Verbänden, 
4. Bau von kleinen Wohnungen durch Arbeitgeber, 
5. Bau von kleinen Wohnungen durch Stiftungen, 
gemeinnützige Baugesellschaften, gemeinnützige Ver- 
eine und Genossenschaften, 6. Wohnung und Unter- 
kunft für Alleinstehende, 7. Unterkunftsräume an 
den Arbeitsstätten. d) Einrichtungen zur Vermitt- 
lung höherer Kulturbedürfnisse: 1. Bildungsvereine, 
2. Volksbibliotheken, 3. Lesehallen, 4. Schriften- 
verbreitung, 5. Vortragswesen, 6. Volkshochschul- 
bewegung, 7. Museumsführungen, 8. Volksspiel- 
plätze, Volksgärten, Volksparke, 9. Volksheime und 
Vereinshäuser, 10. Fabrikheime, Fabrikvereine und 
Fabrikfeste, 11. Volksunterhaltungsabende und 
künstlerische Darbietungen aller Art. e) Vorbeu- 
gende Fürsorge für besondere Notlagen: 1. Ergän- 
zende Fürsorge bei Krankheit und Unfall, 2. Kran- 
kenhäuser, 3. Volksheilstätten, 4. Bekämpfung der 
Trunksucht, Trinkerheilstätten, 5. Offene Kranken- 
pflege und Hauspflege, 6. Wöchnerinnenpflege, 
7. Rekonvaleszentenpflege, 8. Hilfskassen für ver- 
schiedene Zwecke, 9. Arbeitslosenfürsorge, 10. Asyle 
für Obdachlose und Wärmehallen, 11. Arbeiterkolo= 
nien und Naturalverpflegungsstationen, 12. Für- 
sorge für entlassene Gefangene. 
Ein System der ländlichen Wohlfahrtspflege 
würde zu behandeln haben die Aufgaben der 
Wohlfahrtepflege vom Standpunkt der Soziologie, 
Agrarpolitik und Ethik. Volkskunde und Volks- 
psychologie müssen als wichtige Grundlagen für 
die Richtlinien des Geistes der Wohlfahrkspflege 
erachtet werden. Die Ziele der Wohlfahrtspflege 
auf dem Land sind: wirtschaftliche und soziale 
Hebung durch Besserung der äußern Verhältnisse, 
Wohlfahrtspflege. 
  
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Hebung der Volksbildung durch Verbreitung von 
Kenntnissen allgemein geistiger und beruflicher 
Art, Gesinnungspflege und Hebung der ethischen 
Lebensanschauung, Anleitung zu naturgemäßer 
und gesundheitlicher Lebenshaltung sowie Hilfe- 
leistung in Krankheits- und Unglücksfällen, Pflege 
des Gemütslebens und rechte Herzensbildung, 
Hebung des Standesbewußtseins und Stärkung 
des Heimatsinns. 
Außer den in Betracht gezogenen Volksklassen 
gibt es noch zahlreiche andere, auf welche die 
Wohlfahrtspflege ihre Maßnahmen unter Um- 
ständen ausdehnen muß. Erörterung einschlägiger 
Fragen und Anregung zur Durchführung geeig- 
neter Wohlfahrtseinrichtungen stellen sich eine 
Reihe Organisationen in Deutschland zur Auf- 
gabe. Dahin sind zu zählen: die Zentralstelle des 
Volksvereins für das katholische Deutschland mit 
sozialer Auskunftsstelle und Bibliothek und der an 
alle katholischen Zeitungen Deutschlands wöchent- 
lich versandten „Sozialpolitischen Korrespondenz“, 
die Gesellschaft für Sozialreform, das Bureau der 
internationalen Vereinigung für Arbeiterschutz, der 
Verein für Sozialpolitik, die freie kirchlich-soziale 
Konferenz, Deutscher Verein für öffentliche Ge- 
sundheitspflege, Verein für Kinderheilstätten an 
den deutschen Seeküsten, Zentralstelle der Vereini- 
gungen für Sommerpflege. Deutscher Verein für 
Knabenarbeit, Zentralausschuß zur Förderung der 
Jugend= und Volksspiele in Deutschland, Deut- 
scher Verein für Fortbildungsschulwesen, Verband 
deutscher Arbeitsnachweise, Deutscher Sparkassen- 
verband, Deutsches Zentralkomitee zur Errichtung 
von Heilstätten für Lungenkranke, Deutscher Ver- 
ein gegen Mißbrauch geistiger Getränke usw. 
Außer diesen ihre Wirksamkeit auf ganz Deutsch- 
land erstreckenden Organisationen gibt es noch 
eine große Anzahl kleinerer Vereinigungen mit 
lokalen Interessen. 
Von großer Wichtigkeit für die Ausdehnung 
der Wohlfahrtsbestrebungen ist die im Statisti- 
schen Amt des Deutschen Reichs errichtete Ab- 
teilung für Arbeitsstatistik mit ihrem den 
einzelnen Berufsklassen entnommenen Beirat von 
Sachverständigen und die nach dem Beispiel von 
Belgien, Frankreich, Holland, Osterreich uud der 
Schweiz im Jahr 1903 von Deutschland in Ber- 
lin geschaffene „ständige Ausstellung für 
Arbeiterwohlfahr““, in der man die in der 
Hygieneausstellung 1883, dem Hygienemuseum 
1886, der vom Reichsversicherungsamt eingerich- 
teten Sammlung für Unfallverhütung 1887 und 
der deutschen allgemeinen Ausstellung für Unfall- 
verhütung 1889 gemachten Versuche zusammen- 
saßte. Die Ausstellung gliedert sich in Abteilungen 
zur Darstellung des Unfallschutzes und für Ge- 
werbehygiene und soziale Hygiene. Die Ausstel- 
lung hat den Zweck, Arbeilgebern und Arbeitern 
eine Veranschaulichung der Hilfsmittel, welche die 
Fortschritte der Gewerbehygiene und Unfallver- 
sicherung bringen, zu bieten und dadurch Anregung
	        
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