Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

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Justizbeamten, Kontrolle über die Amtsführung 
der Beamten, Genehmigung oder Verwerfung der 
Staatsverträge, der Konzessionen und Kontrakte, 
Bestimmung der Heeresstärke us. Die Exe- 
kutive führt ein Präsident, als Stellvertreter ein 
Vizepräsident, und wenn auch dieser behindert ist, 
einer der drei vom Kongreß ernannten Designados 
nach der Reihenfolge ihrer Ernennung. Der 
Präsident und Vizepräsident werden direkt vom 
Volk auf 4 Jahre gewählt; sie müssen geborene 
Bürger von Honduras und mindestens 30 Jahre 
alt sein. Die Befugnisse sind die üblichen der 
republikanischen Staatshäupter (s. oben, Costa- 
Ricoa), namentlich Leitung der allgemeinen Ver- 
waltung, Ernennung der Minister und übrigen 
meisten Beamten, Schließung von Verträgen und 
Kontrakten, Oberbefehl über die Streitkräfte des 
Landes usw. Für die Verwaltung stehen dem 
Präsidenten 6 Minister zur Seite. Das Staats- 
gebiet ist eingeteilt in 16 Departements, an deren 
Spitze von der Regierung ernannte Gouverneure 
stehen; die Departements zerfallen wieder in 
Distrikte, diese in Munizipios. — Die richter- 
liche Gewalt wird durch einen Höchsten Gerichts- 
hof ausgeübt, der aus 5 Richtern und 3 Ersatz- 
richtern besteht, die direkt vom Volk gewählt 
werden; unter ihm stehen 4 Appellationsgerichte, 
die Gerichte erster Instanz in den Departements- 
hauptstädten (nach Bedarf auch in andern wich- 
tigeren Städten) und die Friedensrichter (in jedem 
Municipio, für Bagatellsachen). 
Die vorherrschende Religion der Einwohner 
ist die römisch-katholische, doch erkennt der Staat 
sie nicht als Staatskirche an und trägt zu ihrem 
Unterhalt nichts bei; die Verfassung garantiert 
Freiheit aller religiösen Bekenntnisse, soweit sie 
nicht der Moral und der öffentlichen Ordnung 
widersprechen. Die Katholiken von Honduras ge- 
hören zur Diözese von Comayague (errichtet 1527), 
das Suffraganbistum von Guatemala ist. Der 
frühere kirchliche Besitz ist im Lauf des 19. Jahrh. 
vom Staat ganz weggenommen worden, und die 
Kirche ist auf die freiwilligen Gaben der Gläu- 
bigen angewiesen und ganz arm; die wohlhaben- 
deren Schichten der Bevölkerung sind in religiöser 
Beziehung größtenteils indifferent. Orden werden 
von der Regierung nicht zugelassen. — Der Unter- 
richt ist frei, vom 7. bis 15. Jahr dem Namen 
nach obligatorisch und weltlich. 1909 gab es 850 
Volksschulen, ein Zentralinstitut in Tegucigalpa 
mit 8 Filialkollegien in den Departements für 
Mittelschulunterricht, eine Zentraluniversität in 
der Hauptstadt mit 4 Fakultäten, eine Rechts- 
schule in Comayagua, eine Kunst- und Gewerbe- 
schule, ein Lehrer= und Lehrerinnenseminar und 
2 Kadettenschulen in der Hauptstadt, ein Priester- 
seminar in Comayagua usw. Die Kosten des 
Elementarunterrichts tragen die Munizipien mit 
Unterstützung des Staats, die des mittleren und 
höheren Unterrichts größtenteils der Staat. Von 
den Preßorganen sind zu nennen La Gaceta 
Zentralamerika. 
  
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(amtliches Blatt), EI Dio, El Republicano, 
Diario de Honduras und die Revista Nueva 
(sämtlich in der Hauptstadt erscheinend.) 
Die stehende Armee zählt etwa 2000 Offi- 
ziere und Mann, die Reserve wird auf 50 000 
Mann geschätzt. Jeder Honduraner gehört vom 
21. bis 35. Jahr dem Heer, vom 35. bis 40. Jahr 
der Reserve an. Ausländer sind vom Dienst be- 
freit, Naturalisierte 10 Jahre lang. Die Marine 
besteht aus 2 Kuttern. 
Das Wappen zeigt über einem Bergwerk einen 
ovalen, von Namen, Titel und Gründungsdatum 
der Republik umgebenen silbernen Schild; in 
diesem eine aus den Meereswellen bis an den 
oberen Schildesrand aufsteigende purpurne Pyra- 
mide mit einem von zwei weißen Zinnentürmen 
flankierten Tor, durch das man einen feuerspeien- 
den Berg und darüber eine strahlende Sonne sieht. 
Die Landesfarben sind blau, weiß, blau; die 
Flagge ist blau mit einem weißen Querstreifen. 
Die Finanzen sind durch die ständigen 
innern Wirren so in Unordnung gebracht worden, 
daß die Republik im Jan. 1911 ein finanzielles 
Protektorat der Vereinigten Staaten ähnlich dem 
von San Domingo und Nicaragua auf sich nehmen 
mußte. Die Einnahmen und Ausgaben des Staats 
werden im Voranschlag für 1909/10 auf je 
4714065 Silberpesos (à 1.5 M) geschätzt. Die 
äußere Schuld belief sich Juli 1910 einschließlich 
der seit 1872 nicht mehr gezahlten Zinsen auf 
468 Mill. M, die innere auf 4.5 Mill. Papier-= 
pesos. — Der Handel führte 1909/10 für 6.77 
Mill. Jl Waren ein (Baumwollwaren, Lebens- 
mittel), für 10,09 Mill. aus (hauptsächlich 
Bananen, Erze, Kokosnüsse, Silber und Gold, 
Häute und Felle); ⅛ des gesamten Handels voll- 
ziehen sich mit den Vereinigten Staaten. In den 
Häfen (besonders Puerto Cortez, La Ceiba, Tela, 
Amapala) liefen 1906: 237 Schiffe mit 138244 
Registertonnen ein; die eigne Flotte zählte 1909: 
3 Dampfer und 3 Segelschiffe mit 1935 R.-T. 
Im Betrieb waren 1909: 164 km Eisenbahnen, 
256 Post-, 221 Telegraphenanstalten (5790 km 
Linien), 95 Telephonsprechstellen (160 km Linien). 
Münzeinheit ist der Silberpeso (an 1,5 M); es 
zirkulieren viel amerikanische Goldmünzen. Dem 
Geldverkehr dient die Bank von Honduras. Neben 
dem seit 1897 gesetzlich eingeführten metrischen 
System sind die alten spanischen Maße und Ge- 
wichte vielfach im Gebrauch. « 
4. Nicaragua. Nach der Verfassung vom 
30. März 1905 (eine neue Verfassung soll geplant 
sein) liegt die gesetzgebende Gewalt in den 
Händen eines Kongresses (Asamblea de Dipu- 
tados), der sich alle 2 Jahre am 1. Dez. ohne 
Aufforderung der Regierung in der Hauptstadt 
versammelt; die ordentliche Tagung umfaßt in 
der Regel 40 Sitzungen, kann aber bis zu 60 ver- 
längert werden. Zu außerordentlichen Tagungen 
kann die Exekutive berufen; falls diese den Kon- 
greß hindert oder auflöst, können 10 Deputierte
	        
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