Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

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Priesterseminar in der Hauptstadt und Missionen 
bei den Eingebornen unterstützt. Die Gebiete, die 
für irgend einen Kultus bestimmt sind, die bischöf- 
lichen Gebäude, Pfarrhäuser und Priesterseminare 
dürfen nicht mit Kontributionen beschwert und nur 
in Fällen dringender öffentlicher Gefahr vom 
Staat benutzt werden. Kein Religionsdiener darf 
in der Republik einen Auftrag, ein Amt oder einen 
Dienst öffentlicher, ziviler oder militärischer Natur 
übernehmen, abgesehen von den Tätigkeiten, die 
sich auf die öffentliche Wohltätigkeit oder das 
öffentliche Unterrichtswesen beziehen. Die liberale 
Mehrheit der Nationalversammlung zeigt gegen- 
über der katholischen Kirche feindliche Tendenzen 
(Verweltlichung der Friedhöfe 1909, fortschrei- 
tende Laisierung der Schulen und Anstellung von 
christentumsfeindlichen Lehrern usw.). Das Bis- 
tum Panama (1520 errichtet) ist Suffraganat von 
Cartagena (in Colombia). Orden sind zugelassen 
(Jesuiten, Lazaristen, Augustiner, Schulbrüder, 
Salesianer, Töchter der christlichen Liebe)h. 
Der Unterricht ist in den Volksschulen obli- 
gatorisch und in den staatlichen unentgeltlich. Die 
Regierung unterhält an 260 öffentliche Schulen 
und läßt (bis zur Errichtung einer Universität, die 
im Werk ist) auf ihre Kosten junge Leute in den 
Vereinigten Staaten und Europa studieren. Außer- 
dem bestehen etwa ein Dutzend private Anstalten 
(außer dem Priesterseminar ein Kolleg der christ- 
lichen Schulbrüder, höhere Mädchenschulen der 
Töchter der christlichen Liebe usw.). 
Die Republik unterhält kein Heer und keine 
Flotte; die Polizeitruppe zählt an 400 Mann. — 
Die Vereinigten Staaten von Anerika 
haben das Recht, in jedem Punkt der Republik zu 
intervenieren, um den öffentlichen Frieden oder die 
konstitutionelle Ordnung wieder herzustellen, falls 
sie gestört sind, wenn sie in diesem Fall zugleich 
die Verpflichtung auf sich nehmen, die Unabhängig- 
keit und Souveränität der Republik zu garantieren. 
Zum Zweck der Erbauung des Panamakanals 
(ogl. Art. Kanäle, Bd II. Sp. 1568 ff) überließ 
die Republik den Vereinigten Staaten durch Ver- 
trag vom 18. Nov. 1903 für 10 Mill. Dollar 
auf immer eine 5 englische Meilen breite Zone 
beiderseits des Panamakanals und innerhalb dieser 
Zone die ausschließliche Kontrolle für polizei- 
liche, gerichtliche, sanitäre und andere Zwecke; für 
die Befestigung des Kanals wurde auch die Küsten- 
linie der Panamakanalzone und die Inseln in der 
Panamabucht abgetreten. Die Städte Panama 
und Colon bleiben unter der Hoheit von Panama, 
doch haben die Vereinigten Staaten in diesen 
beiden Städten und ihren Häfen die vollständige 
Jurisdiktion in allen auf das Gesundheitswesen 
und die Quarantäne bezüglichen Angelegenheiten. 
Streitigkeiten über die Grenzlinie zwischen Pa- 
nama und Costa Rica werden gemäß einem Ver- 
trag zwischen beiden Staaten dem Schiedsspruch 
des obersten Richters der Vereinigten Staaten 
unterbreiket. — Die Panamakanalzone untersteht 
Zentralamerika. 
  
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dem vereinsstaatlichen Gouverneur der Isihmus- 
kanalzone. 
Die Finanzen des Landes sind günstig, da 
keine Staatsschuld vorhanden ist und 1,526 Mill. 
Dollar Staatsgelder in den Vereinigten Staaten 
angelegt sind. Die Einnahmen betrugen 1909 
569 465, die Ausgaben 577917 Pfund Ster- 
ling. Alle Zölle, auch die in der Kanalzone er- 
hobenen, fallen der Regierung von Panama zu, 
doch haben die Vereinigten Staaten das Recht, 
alles für den Kanalbau und für ihre Angestellten 
Nötige zollfrei einzuführen. — Die Einfuhr wer- 
tete 1909: 8756 000 Dollar (4,997 Mill. aus 
den Vereinigten Staaten, 1,762 aus Großbri- 
tannien, 0,915 aus Deutschland), die Ausfuhr 
1502.0000 Dollar (Bananen 853 419, Kautschuk 
109 821 Dollar); 1142 Schiffe mit 1974 483 
Registertonnen liefen ein. Die für den Hochsee- 
verkehr in Betracht kommenden Hafenanlagen von 
Panama und von Cristobal am atlantischen Ein- 
gang in den Panamakanal (der 1915 eröffnet 
werden soll), liegen innerhalb der vereinsstaatlichen 
Kanalzone. 1909 gab es 123 km Eisenbahnen, 
96 Post-, 32 Telegraphenämter. Münzeinheit 
ist der Goldbalboa (im Wert gleich dem ameri- 
kanischen Dollar); der Silberpeso von Panama 
gilt einen halben Dollar, Papiergeld mit Zwangs- 
kurs ist nach der Verfassung verboten. 
Das Wappen der Republik zeigt fünf Felder; 
im mittleren zwischen zwei Ozeanen der Isthmus 
von Panama und eine aufgehende Sonne, in den 
übrigen kriegerische (Degen und Gewehr) und 
friedliche Embleme (Schaufel, Anker, Eisenbahn- 
rad); die Flagge ist geviert: das erste und vierte 
Feld sind weiß mit blauem bzw. rotem Stern, das 
zweite Feld rot, das dritte blau; Landesfarben 
sind Blau-Weiß-Rot. 
6. El Salvador. Die Verfassung von El Sal- 
vador, dem kleinsten, aber dichtest bevölkerten 
und vorgeschrittensten der zentralamerikanischen 
Staaten, datiert vom 13. Aug. 1886. Die gesetz- 
gebende Gewalt liegt bei einer Asamblea 
Nacional, die aus 42 Abgeordneten (3 von jedem 
Departement, womöglich je einer auf 15.000 Ein- 
wohner; außerdem werden zwei Ersatzabgeordnete 
gewähll) besteht, alle Jaohre neu gewählt wird 
und zwischen dem 1. und 15. Febr. jeden Jahrs 
ohne besondere Berufung zu einer ordentlichen 
Tagung, die 40 Sitzungen nicht überschreiten 
soll, zusammentritt. Wähler ist jeder 21 Jahre 
alte Salvadorener, wählbar jeder 25 Jahre alte 
Bürger, der im Departement der Wahl seinen 
Wohnsitz hat; nicht wählbar sind die aktiven 
Staatsbeamten, die Unternehmer öffentlicher Ar- 
beiten und sämtliche Kultusdiener. Die Abgeord- 
neten können während der Dauer ihres Mandats 
kein bezahltes Staatsamt annehmen, außer denen 
eines Ministers oder diplomatischen Vertreters; 
sie genießen die übliche Immunität und können 
vom Tag der Wahl bis 15 Tage nach Sessions- 
schluß nicht gerichtlich belangt werden. — Die
	        
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