Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

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rungsamt die besondern Vorschriften der R. V. O. 
(§§ 1571, 1574/1579). 
2. Zeugnispflichtige Personen. Der 
Zeugnispflicht unterliegt jede im Inland sich auf- 
haltende und dadurch der inländischen Staats- 
gewalt dauernd oder wenigstens vorübergehend 
unterworfene Person, solange dieser Aufenthalt 
dauert. Von dieser Verpflichtung gibt es nur 
folgende Ausnahmen: 
a) Die Landesherren und die Mitglieder der 
landesherrlichen und der ihnen gleichgestellten Fa- 
milien können durch Bestimmungen der Haus- 
verfassungen oder der Landesgesetze in den vor die 
ordentlichen Gerichte gehörigen Strafsachen und 
bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten von der Zeugnis- 
pflicht befreit werden; vgl. Einf.Ges. zur 
St. P.O. § 4; K.A. zum Einf.Ges. 8 6; 
Einf. Ges. zur Z.P.O. § 5. Auf Grund dieses 
Vorbehalts des Reichsrechts ist z. B. in den würt- 
tembergischen Ausführungsgesetzen zur St. P.O. 
vom 4. März 1879, Art. 2 und zur Z. P.O. vom 
18. Aug. 1879, Art. 2 bestimmt worden, daß 
das Staatsoberhaupt nicht als Zeuge aufgerufen 
werden kann. Derartige landesrechtliche Sonder- 
bestimmungen haben natürlich nur innerhalb des 
Gebiets des betreffenden Bundesstaats Geltung; 
sie begründen keine Ausnahme von der Zeugnis- 
pflicht im übrigen Reichsgebiet. 
b) Ausgenommen sind ferner Personen, welche 
der inländischen Gerichtsbarkeit nicht unterstehen, 
also die Chefs und Mitglieder der bei dem Deut- 
schen Reich beglaubigten Missionen, sowie die 
durch Staatsverträge des Reichs von der inlän- 
dischen Gerichtsbarkeit befreiten Konsuln; val. 
Gerichtsverfassungsgesetz vom 27. Febr. 1877, 
17. Mai 1898, 88 18/21. 
Die Zeugnispflicht erstreckt sich auch auf die 
im Inland sich aufhaltenden Nichtdeutschen. Da- 
gegen besteht eine Zeugnispflicht der im Ausland 
sich aufhaltenden Personen gegenüber inländischen 
Gerichten nur, soweit ausnahmsweise eine in- 
ländische Gerichtsbarkeit im Ausland begründet 
ist, nämlich gegenüber den Konsular= und Schutz- 
gebietsgerichten, und falls deutsche Truppen im 
Ausland stehen, gegenüber ihren Militär= und 
Marinegerichten. Im übrigen kann eine Zeugen- 
vernehmung im Ausland nur mittels Ersuchens 
der Behörden der ausländischen Staaten erfolgen, 
und in diesem Fall entscheidet das Recht des 
Staats der ersuchten Behörde über Voraussetzun- 
gen, Inhalt und Wirkung der Zeugnispflicht. 
Die Frage, ob und inwieweit die Behörden des 
ausländischen Staats dem Ersuchen um Zeugen- 
vernehmung stattzugeben verpflichtet sind, beant- 
wortet sich nach den hierüber abgeschlossenen 
Staatsverträgen. In den Auslieferungsverträgen 
ist eine Verpflichtung zur Zeugenvernehmung in 
einem Strafverfahren nur für nichtpolitische 
Strafsachen vereinbart. 
3. Erscheinungspflicht. Die zeugnis- 
pflichtigen Personen haben auf ordnungsmäßige 
Zeugenbeweis ufw. 
  
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Ladung bei der Behörde sich zu stellen, und zwar 
im Strafprozeß auch dann, wenn sie nach dem 
Gesetz berechtigt sind, die Aussage zu verweigern 
(St. P. O. § 50), während im Zivilprozeß die 
zur Verweigerung der Aussage berechtigten Per- 
sonen ihre Weigerung schriftlich oder zum Pro- 
tokoll des Gerichtschreibers erklären können, und 
dann nicht verpflichtet sind, in dem zu ihrer Ver- 
nehmung bestimmten Termin zu erscheinen (3. P.O. 
§ 386). Die Verpflichtung, vor der Behörde zu 
erscheinen, schließt in sich die Pflicht, bei der Be- 
hörde so lange zu bleiben, bis die Vernehmung des 
Zeugen beendet und dessen Entlassung verfügt ist 
(St. P. O. § 247). Beschränkungen der Erschei- 
nungspflicht bestehen: 
a) für die Landesherren und die Mitglieder der 
landesherrlichen sowie der diesen gleichgestellten 
Familien, welche stets in ihrer Wohnung zu ver- 
nehmen sind (St. P. O. 8 71; K.A. 8 68; 3.P.O. 
375); 
b) für den Reichskanzler, die Minister eines 
Bundesstaats, die Mitglieder der Senate der 
freien Hansestädte, die Vorstände der obersten 
Reichsbehörden und die Vorstände der Ministe- 
rien, welche an ihrem Amtssitz oder jeweiligen 
Aufenthaltsort, sowie für die Mitglieder des 
Bundesrats und die Mitglieder einer deutschen 
gesetzgebenden Versammlung, welche während der 
Sitzungsperiode und ihres Aufenthalts am Ort 
der Versammlung an diesem Ort zu vernehmen 
sind, sofern nicht mit höherer Genehmigung Ab- 
weichungen gestattet werden (St. P. O. 8 49; K.A. 
*44; 3.P.O. § 382). 
4. Aussagepflicht. Der erschienene Zeuge 
ist verpflichtet, über seine Persönlichkeit Auskunft 
zu erteilen und dasjenige, was ihm von dem 
Gegenstand der Vernehmung bekannt ist, im Zu- 
sammenhang anzugeben (St. P. O. 88 67, 68; 
Z.P.O. 88 395, 396). Ausnahmen von der 
Aussagepflicht sind für einzelne Fälle zugelassen, 
entweder in der Weise, daß die Behörde gar nicht 
befugt ist, eine Aussage entgegen zu nehmen, selbst 
wenn der Zeuge zur Erstattung der Aussage sich 
bereit erklärt, Beweisverbot, oder in der 
Weise, daß der freien Entschließung des Zeugen 
überlassen bleibt, ob er die Aussage ablehnen 
will, Zeugnisverweigerung. Diese Aus- 
nahmen erinnern zum Teil an die Kategorie der 
„juristisch unfähigen Zeugen“ der gemeinrecht- 
lichen Beweistheorie; ihre Behandlung im Straf- 
prozeß und im Zivilprozeß ist mehrfach sehr ver- 
schieden: Die Gesetzgebung erachtet die durch den 
Strafprozeß zu schützenden Interessen für höher 
als die im Zivilprozeß verfolgten vermögensrecht- 
lichen Interessen und läßt deshalb Ausnahmen 
von der Zeugnispflicht beim Strafprozeß in 
wesentlich geringerem Maß zu als beim Zivil- 
prozeß. Diese Höherbewertung der geringfügigsten 
Übertretungsfälle gegenüber den bedeutendsten. 
die wirtschaftliche Existenz gefährdenden Ver- 
mögensansprüchen läßt sich jedoch nicht rechtfer- 
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